Einleitung
Einleitung zu Band 1

Vom Zentralsekretariat zu Politbüro und Sekretariat
Das im April 1946 zunächst als oberstes Führungsgremium der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) geschaffene Zentralsekretariat (ZS), tagte am 21. Februar 1949 letztmalig.[1] Zu diesem Zeitpunkt politisch bereits entmachtet, sollte es bis zum III. Parteitag der SED lediglich formal weiterbestehen. (2) Auf dem Höhepunkt des Umwandlungsprozesses zur "Partei neuen Typus", nachdem die Gegner der Stalinisierung - vor allem ehemalige Sozialdemokraten - sukzessive aus allen Führungspositionen herausgedrängt worden waren, beschloß der Parteivorstand auf seiner 16. Tagung am 24. Januar 1949[3] die Bildung eines Politischen Büros (Politbüro) zur "kollektiven operativen Führung der Partei". Anknüpfend an kommunistische Traditionen vollzog sich damit die endgültige Angleichung der Führungsstruktur der SED an die der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU).
Auf dieser Tagung legte der Parteivorstand (PV) außerdem die Einrichtung eines aus 5 Mitgliedern bestehenden "Kleinen Sekretariats" (ab November 1949 "Sekretariat")[4] unter Vorsitz von Walter Ulbricht fest, das für die tägliche Umsetzung der politischen Arbeit der SED und die Vorbereitung der Sitzungen des Politbüros (PB) verantwortlich zeichnete. Es sollte "die Verbindung des Politbüros mit den Abteilungsleitern" und die "Beeinflussung und Kontrolle der Abteilungen" gewährleisten. Eine klare Aufgabentrennung zwischen PB und Sekretariat gab es praktisch nicht. Das Sekretariat entwickelte sich jedoch sehr rasch zum wichtigsten Gremium bei der Beschlußfassung zur Bildung des Kaderreservoirs der SED und bei der personellen Besetzung[5] leitender Funktionen im Staats - und Wirtschaftsapparat der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Festlegungen und Regelungen zur Leitung und Organisation der täglichen Arbeit des Apparates, für Anleitung und Kontrolle nachgeordneter Führungsebenen und Strukturteile der SED gehörten vorrangig in die Verantwortung des Sekretariats.[6] Die Konzentration von Macht - und Entscheidungsbefugnis bei Walter Ulbricht, der gleichzeitig als Mitglied des PV, als Generalsekretär/Erster Sekretär des ZK der SED, als Mitglied des ZS/PB sowie als Leiter des Sekretariats tätig war, praktisch den gesamten Parteiapparat beherrschte und auch wichtige staatliche Funktionen wahrnahm, wirkte dabei wie ein Katalysator.
Der PV beschloß auf seiner 16. Tagung neben der Wahl von Mitgliedern des PB auch die von Kandidaten und bestimmte die Mitglieder der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK), deren Vorsitz Hermann Matern [8] bis zu seinem Tode 1971 innehatte.
Die sich unmittelbar anschließende 1. Parteikonferenz der SED (25. bis 28. Januar 1949) [9] sanktionierte diese Beschlüsse und hob gleichzeitig die Festlegung der paritätischen Besetzung der Führungspositionen auf. Bei der Wahl in leitende Funktionen bestand nunmehr keine Notwendigkeit mehr, frühere SPD-Mitglieder zu berücksichtigen.
Ihren Abschluß fanden die wesentlichen Strukturveränderungen in den Führungsgremien der SED mit der auf dem III. Parteitag im Juli 1950 [10] bestätigten Bildung eines Zentralkomitees (ZK) an Stelle des bisherigen Parteivorstandes.

Organisation und Arbeitsweise des Politbüros
Das Politbüro des Parteivorstandes bzw. des Zentralkomitees der SED entwickelte sich zum höchsten, praktisch unkontrollierten Machtorgan in der SBZ und in der am 7. Oktober 1949 gegründeten DDR. Seine Beschlüsse waren bindend und von ausschlaggebender Bedeutung für die politische, wirtschaftliche und im weitesten Sinn kulturelle Entwicklung und Ausprägung des gesellschaftlichen Systems.
Vom Januar 1949 bis zum Juli 1950 gehörten dem PB neben den beiden Parteivorsitzenden ihr Stellvertreter und spätere Generalsekretär des ZK, Walter Ulbricht, Franz Dahlem, Friedrich Ebert, Helmut Lehmann, Paul Merker als Mitglieder sowie Anton Ackermann und Karl Steinhoff als Kandidaten an. Sie bestimmten für sich die Funktionsverteilung und Verantwortungsbereiche wie folgt[11]:

Pieck: Vorsitzender SED, Presse, Jugend, internationale Verbindungen
Grotewohl: Vorsitzender SED, Zeitschrift "Einheit", Frauen, Parteikontrollkommission
Ulbricht: Vorsitzender/Leiter des Kleinen Sekretariats, Organisationsabteilung, staatliche und kommunale Verwaltung einschließlich ZKK, Wirtschaft, Redaktion "Neuer Weg"
Dahlem: Verbindung mit dem Westen, Personalpolitik
Lehmann: Arbeit und Soziales, Justiz
Merker: Landwirtschaft
Ebert: Berlin, Oberbürgermeister
Ackermann: Kultur, Parteischulung
Steinhoff: staatliche und kommunale Fragen gemeinsam mit Ulbricht, Ministerpräsident von Brandenburg

Anknüpfend an die Praxis im Zentralsekretariat unterstanden auch den Mitgliedern und Kandidaten des Politbüros in der Regel jene Abteilungen, Arbeitsgruppen und Kommissionen des zentralen SED-Apparates, die im entsprechenden Zuständigkeitsbereich tätig waren. Die bereits bestehenden Sekretariate wurden weitergeführt oder per PB- oder Sekretariatsbeschluß neu geschaffen.[12]
Für die Abwicklung der verwaltungsorganisatorischen Vor- und Nachbereitung der Sitzungen wurde ein "technisches Büro"[13] eingerichtet, das als "Büro des Kleinen Sekretariats"[14] seine Tätigkeit aufnahm. Seine Leitung übernahmen die bisherigen Vorsteher des Büros des ZS, Richard Gyptner und Alexander Lösche, scheinbar nahtlos, denn beide protokollierten zunächst die Sitzungen des Kleinen Sekretariats. Auf Beschluß des PB wurde die Protokollführung im Kleinen Sekretariat schon im Februar 1949 Edith Baumann übertragen und damit verbunden war der Ausschluß Lösches und Gyptners von allen weiteren Zusammenkünften dieses Gremiums.[15] Als Leiter des Büros fungierte ab 1. März 1949 Rudolf Thunig.[16]
Das Politbüro tagte in der Regel wöchentlich, jeweils am Dienstag[17]. Vorab reichten die PB - Mitglieder jene Vorlagen, die sie direkt in der Sitzung behandelt wissen wollten, dem Vorsitzenden des Kleinen Sekretariats ein. Am 25. Januar 1951 beschloß das Sekretariat die Behandlung dieser Vorlagen jeweils am Tag vor der PB-Sitzung.[18] Daraus und aus den Materialien, die im Sekretariat selbst[19] für das PB entsprechend vorbereitet worden waren, legte Ulbricht die jeweilige Tagesordnung fest. Gemeinsam mit den zu behandelnden Vorlagen und einem kompletten Entwurf des Beschlußprotokolls[20] leitete er diese den beiden Vorsitzenden der SED zu.
Im Anschluß an die PB-Sitzungen, die bis März 1952 Fred Oelßner [21] und danach Gisela Trautzsch[22] protokollierten, entstand im Büro des Sekretariats die Reinschrift des Beschlußprotokolls in mindestens zwei Exemplaren. Die Reinschriftenprotokolle wurden ab der 53. Sitzung des PB (25. Oktober 1949) von Pieck und Grotewohl unterzeichnet.23]
Die vom PB getroffenen Festlegungen gelangten wiederum zu Ulbricht, der sowohl die Sekretariatsmitglieder als auch die Leiter und Mitarbeiter der Abteilungen des PV/ZK zur Durchführung und Umsetzung veranlaßte. Die Bestätigung der Protokolle erfolgte in der Regel auf der folgenden PB-Sitzung.[24]
Die für die Tätigkeit der SED, für die Blockparteien, gesellschaftlichen Organisationen und vor allem für die staatlichen Einrichtungen verbindlichen Beschlüsse spiegeln, wie die des Zentralsekretariats[25], die gesamtgesellschaftliche Entwicklung in der SBZ/DDR.
In den Sitzungen arbeiteten die Mitglieder des PB einen ständig umfangreicher werdenden Problemkatalog ab und regelten faktisch übergreifend das politische, wirtschaftliche und kulturelle Funktionieren der DDR nach innen und außen. So stand die Lösung von Versorgungsproblemen genauso auf der Tagesordnung wie etwa die Verteilung von Personenkraftwagen des Typs "SIM" und Kurreisen in die Sowjetunion oder Urlaubsregelungen für Funktionäre. Wichtig schien auch die fast ständige Beschäftigung mit den Aufgaben der KPD (West), vor allem deren Anleitung und Kontrolle unter den sich verschärfenden Bedingungen des Kalten Krieges. Die Beschlüsse dokumentieren ebenso den sukzessiven Ausbau der "führenden Rolle der SED" im zentralen Staatsapparat. Die für die verschiedenen Bereiche der Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft oder Politik der SBZ/DDR zuständigen Abteilungen des PV/ZK bestimmten die Aufgabenverteilung, kontrollierten deren Durchführung und verantworteten auch Organisation und Inhalt der Tätigkeit der SED in den Ministerien, staatlichen Einrichtungen und Organisationen der DDR.[26]
Die Beschäftigung mit dem staatlichen Apparat und auch der Gesetzgebung, mit dem Komplex Personalentscheidungen und dem Bereich Propaganda im weiteren Sinne des Wortes bildeten drei bemerkenswerte Arbeitsschwerpunkte des Politbüros. Es sind Tätigkeitsschwerpunkte, die auch der Durchsetzung und Sicherung der "führenden Rolle" -- im Klartext gesprochen, der Dominanz, des Anspruchs auf die Entscheidungskompetenz, wo immer sie nützlich oder erforderlich erschien -- dienten.
Sicher beschäftigen sich auch in pluralistisch verfaßten staatlichen und gesellschaftlichen Ordnungen die politischen Parteien mit Gesetzgebungsvorhaben und auch mit staatlichen Einrichtungen. Schwer vorstellbar sind aber in den entsprechenden Überlieferungen Formulierungen, die Weisungsbefugnis unterstellen.[27]
Im Bereich der Personalentscheidungen ist einerseits innerhalb des eigenen Parteibereiches die Menge und die Verschiedenartigkeit der Fälle, die das Politbüro beschäftigte, bemerkenswert, noch bemerkenswerter aber ist die Menge und die Verschiedenartigkeit der Fälle außerhalb des Bereiches der SED. Ob Kur in Karlsbad, Studium in der oder Teilnahme an einer der zahlreichen Delegationen in die Sowjetunion, ob Verleihung des Nationalpreises oder Mitgliedschaft in der Akademie der Künste, ob Tätigkeit in der Akademie der Wissenschaften oder personelle Veränderung in der Volkskammer -- oder einer Landtagsfraktion einer anderen Partei, ob leitende Position beim Freien Deutschen Gewerkschaftsbund, bei der Freien Deutschen Jugend, beim Demokratischen Frauenbund Deutschlands oder einer anderen Massenorganisation, ob Einzelverträge und Sondergehälter für Professoren etc. -- das Politbüro befaßte sich damit und entschied den Einzelfall. Auch an Stellen, an denen der Einzelfall nicht erkennbar ist, handelte es sich gelegentlich um Entscheidungen zu Personen. [28] Die "Säuberungswelle", die sich auch hinter den Begriffen "Überprüfung der Parteimitglieder" oder "Umtausch der Parteibücher" verbarg, beschränkte sich keineswegs auf die Partei, sie erfaßte auch den Staatsapparat und andere Einrichtungen.[29]
Propaganda im weiteren Sinne meint Westarbeit ebenso wie Eingriffe oder versuchte Eingriffe in den Spielplan der Deutschen Staatsoper[30], die kritische Beobachtung des Berliner Ensembles, Engagement für Elternbeirats- oder Studentenratswahlen, die Beschäftigung mit Film, Presse und Rundfunk, Personenkult in vielen Erscheinungsformen etc. Das Politbüro genehmigte Losungen für Kundgebungen und nahm sich auch der künstlerischen Gestaltung von Filmen an, kümmerte sich um Literaturkritik[31], um die Kontrolle des Verlagswesens[32], die Filmkritik im Zentralorgan der SED[33], um den Kartoffelkäfer[34] und um den Preis für die Bockwurst anläßlich eines Jugendtreffens[35]. Ein Mitglied des Politbüros nahm an einem Gynäkologenkongreß in Leipzig teil[36], und wenn es galt, Ludwig van Beethoven oder Johann Sebastian Bach zu ehren, das Politbüro war partiell gestaltend, zumindest aber genehmigend beteiligt. Es ordnete "spontane" Massenkundgebungen an[37] und entschied darüber, was die Sorben auf ihrem Bundeskongreß behandeln und nicht behandeln durften.[38] Auch "dem vorgelegten Entwurf des Abzeichens für die Organisation Sport und Technik wird zugestimmt."[39]
Mit der Bezeichnung dieser drei bemerkenswerten Arbeitsschwerpunkte soll nicht der Eindruck erweckt werden, das Politbüro habe andere Arbeitsfelder vernachlässigt. Landwirtschaft und Kirchen[40], Volkswirtschaft und Staatshaushalt, Groß- und Einzelhandel, Jugend und Alter, Intellektuelle und Arbeiter, Rotes Kreuz wie Polizei und Sportbewegung etc. -- kurz, alle Bereiche des Staates und der Gesellschaft konnten sich der Aufmerksamkeit und Zuwendung des Politbüros, auch seines Gestaltungswillens sicher sein.
Veränderungen in der personellen Zusammensetzung des Politbüros waren Indiz für die nach der Gründung der DDR zunehmende Verflechtung von Ämtern in Staat, Parteien und Massenorganisationen. Zunächst wurden staatliche und gesellschaftliche Funktionäre oder Mitarbeiter des Parteiapparates zur Erörterung der in ihrer Verantwortlichkeit liegenden Tagesordnungspunkte zu den Beratungen eingeladen. Später wählten Parteivorstand bzw. Zentralkomitee der SED höchste Funktionsträger sensibler Bereiche, die ohnehin in der Regel schon diesen SED - Führungsgremien auf zentraler oder Landesebene angehörten, zu Mitgliedern des Politbüros oder des Sekretariats.
So wurde der Vorsitzende der Deutschen Wirtschaftskommission und spätere Minister für Wirtschaftsplanung, Heinrich Rau, im Juli 1949 zum Kandidaten des ersten Politbüros gewählt, nachdem er bereits durch PB-Beschluß vom 10. Juni 1949 an den Sitzungen mit beratender Stimme teilgenommen hatte.[41] Am 7. Februar 1950 legte das PB die Kooptierung des Ministers für Staatssicherheit in den Parteivorstand fest und schlug ihn zur Wahl als Kandidat vor. Das schloß die sofortige Teilnahme Wilhelm Zaissers an den Beratungen ein.[42] Ohne Stimme ("zu ihrer Information") gehörten ab dem 21. Februar 1950 Rudolf Herrnstadt als Chefredakteur des SED-Zentralorgans "Neues Deutschland" und Herbert Warnke als Vorsitzender des FDGB-Bundesvorstandes zum ständigen Teilnehmerkreis.[43]
Im Ergebnis seiner Berichterstattung im Politbüro am 27. Juni 1950 zu den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen sollte der Vorsitzende der KPD, Max Reimann, oder ein Vertreter des dortigen Parteivorstandes zu wichtigen Beratungen eingeladen werden.[44] Vermutlich auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Auflösung der im Februar 1949 gebildeten Westkommission[45] nahm Reimann ab Ende November 1950 als "Verantwortlicher für die Arbeit in Westdeutschland" regelmäßig an den PB-Sitzungen teil. In dieser Funktion hatte er die Abteilungen des ZK in allen die Bundesrepublik Deutschland betreffenden Fragen anzuleiten und gemeinsam mit Franz Dahlem die Durchführung der im PB getroffenen Festlegungen zu verantworten.[46]
Das von den Delegierten des III. Parteitages der SED am 24. Juli 1950 gewählte Zentralkomitee [47] bestimmte am darauffolgenden Tag auf seiner konstituierenden 1. Tagung die Zusammensetzung des neuen Politbüros. Ihm gehörten Franz Dahlem, Friedrich Ebert, Otto Grotewohl, Hermann Matern, Fred Oelßner, Wilhelm Pieck, Heinrich Rau, Walter Ulbricht und Wilhelm Zaisser als Mitglieder sowie Anton Ackermann, Rudolf Herrnstadt, Erich Honecker, Hans Jendretzky, Erich Mückenberger und Elli Schmidt als Kandidaten an.[48] Die ehemaligen SPD-Mitglieder Karl Steinhoff und Helmut Lehmann waren nicht mehr vertreten; die personelle Zusammensetzung hatte sich weiter zugunsten des Anspruchs stalinistischer Führungsmethoden der ehemaligen KPD verschoben.
Zunächst gab es keine dokumentierten Festlegungen zum Sitzungsturnus, zu Zuständigkeiten und Arbeitsweise des Gremiums. Erst im Kontext zu Maßnahmen, die das ZK der SED nach der 2. Parteikonferenz im Juli 1952 ergriff, um die offenbar mangelhafte Arbeit des Parteiapparates zu korrigieren, beschloß das Politbüro am 11. November 1952 für sich folgende Aufgabenverteilung[49]:

Pieck: Vorsitzender des ZK der SED und Präsident der DDR
Grotewohl: Vorsitzender des ZK der SED und Ministerpräsident, Finanzen, Außenhandel
Ulbricht: Generalsekretär des ZK, Parteiapparat, FDJ, Militärfragen, zeitweilig Landwirtschaft
Dahlem: Friedensbewegung, Blockpolitik, Nationale Front
Oelßner: Wissenschaft, Parteipropaganda
Matern: ZPKK, Fraktion der SED in Volkskammer und Bezirkstagen
Zaisser: Staatssicherheit, Polizei, Institut für Wirtschaftsforschung
Rau: Industrie, Verkehrswesen
Ebert: OB Groß-Berlin, Vorsitzender DSF
Herrnstadt: Chefredakteur "Neues Deutschland", Mitglied Westkommission und Dreierkommission für Berlin
Ackermann: Direktor des Marx-Engels-Lenin-Instituts, Staatssekretär im MfAA, Vorsitz Außenpolitische Kommission beim PB
Schmidt: Mitglied Kommission Handel und Versorgung beim Ministerrat
Mückenberger: Bezirkssekretär Erfurt der SED
Jendretzky: Bezirkssekretär Groß-Berlin der SED
Honecker: "Dienst für Deutschland" und "Sport und Technik"

Im Sitzungsturnus gab es keine Änderungen - das PB trat in der Regel einmal pro Woche jeweils am Dienstag zu seinen Beratungen zusammen. Die bisherige Arbeitsweise, zwischen den Tagungen des Zentralkomitees dessen Arbeit zu leiten, veränderte sich kaum. Vorlagen des Sekretariats und von Mitgliedern des Politbüros, die der Beschlußfassung als Grundlage dienten, mußten drei Tage vor der jeweiligen Sitzung bei Ulbricht eingereicht sein. Bei dringender politischer Notwendigkeit hatte der Generalsekretär des ZK jederzeit das Recht zur außerordentlichen Einberufung des PB. Der Vorbereitung von PB-Beschlüssen sollte auch die Einsetzung von Kommissionen aus Mitgliedern des PB und Vertretern des Partei- und Staatsapparates dienen. So entstand zur Unterstützung in Fragen der Auslandspolitik der DDR mit gleichem Beschluß die Außenpolitische Kommission beim PB.[50]

Die schriftliche Überlieferung des Politbüros und ihre archivische Bearbeitung
Von den Beratungen des Politbüros im Zeitraum von Januar 1949 bis Dezember 1952 sind in der Regel fast klassische Beschlußprotokolle überliefert. Sie lassen den Verlauf der Sitzungen nur spärlich erkennen, da lediglich Ergebnisse notiert sind.[51] Die den Protokollen beigefügten Anlagen -- zunehmend auch Vorlagen -- steigern dennoch deutlich den Wert der Überlieferung im Vergleich zu jener des Zentralsekretariats[52]. Nicht in jedem Falle sind die Materialien vollständig überliefert. Vor allem für den Zeitraum der vierziger bis etwa zur Mitte der fünziger Jahre ist diese Situation auffällig.
Für die ersten Sitzungen bis zum 12. April 1949 sind keine Arbeitsprotokolle vorhanden[53], häufig fehlen auch Vor- oder Anlagen. Das erklärt sich aus der offenbar noch immer geltenden Regel des überwiegend mündlichen Informationsaustausches, die zum Teil auch gewollt die Herstellung von schriftlich niedergelegten Festlegungen ausschloß. Dem Benutzer ist deswegen unbedingt zu empfehlen, sowohl die im Bestand DY 30 vorliegenden Teilprovenienzen der Büros, Sekretariate, Kommissionen, Abteilungen und Arbeitsgruppen des zentralen SED-Apparates, als auch die sie tangierenden Überlieferungen der zentralen staatlichen Gremien und Einrichtungen der DDR wie die Protokollserien des Ministerrates der DDR sowie Nachlässe von Partei- und Staatsfunktionären parallel auszuwerten.
Das schon vom Zentralsekretariat praktizierte Verfahren der direkten Übergabe von Entwürfen, Protokollen, Berichten und Stellungnahmen an die Vertreter der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) in Berlin-Karlshorst[54] wurde über die Allgemeine Abteilung[55] des PV/ZK der SED fortgeführt. Die Findbücher zum Bestand der Internationalen Abteilung der KPdSU (Fonds Nr. 17) im Moskauer Zentrum für die Aufbewahrung und das Studium der Dokumente der neuesten Geschichte (ehemals Zentrales Parteiarchiv des ZK der KPdSU) weisen PB- und Sekretariatsprotokolle[56] aus. Möglicherweise finden sich in den dazugehörenden, bislang noch immer unter Verschluß gehaltenen Akten hier fehlende Materialien wie Vor- oder Anlagen. Gleiches gilt für die im Archiv des Russischen Außenministeriums in Moskau verwalteten Archivalien der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland (SKK) und des Hohen Kommissars in der DDR.
Die zum Teil bereits benutzbaren Dokumente aus der Tätigkeit dieser Behörden spiegeln die Zusammenarbeit mit der SED aufschlußreich wieder. Die Akten enthalten unter anderem Unikate[57], die Pieck, Ulbricht und Grotwohl vermutlich direkt den Vertretern der SKK übergeben haben.[58] Für die Aufhellung dieser bisher nur recht schwer nachvollziehbaren Vorgänge ist es sinnvoll, in den schriftlichen Nachlässen von Ulbricht und Grotewohl sowie in den von Pieck in seinen nachgelassenen Materialien enthaltenen Aufzeichnungen über die Besprechungen mit einflußreichen Funktionären in Moskau und Karlshorst nachzulesen. [59]
Sämtliche Materialien, die in Vorbereitung und Durchführung der PB-Sitzungen entstanden, sind im Protokollbüro des Büros des Sekretariats [60] -- später im "internen Parteiarchiv" (IPA)[61] -- abgelegt und als Verschlußssache behandelt worden. Der Leiter des Büros trennte hier das Arbeitsprotokoll einschließlich seiner Beschlußentwürfe bzw. Vor- und Anlagen von der Reinschrift. In späteren Jahren wurden für die Sitzungen vorbereitete, aber nicht behandelte Vorlagen ebenso für sich registriert. Darüberhinaus veranlaßte der Büroleiter in Absprache mit den Parteivorsitzenden zusätzlich die Anfertigung von Beschlußauszügen zu einzelnen Tagesordnungspunkten für die verantwortlichen Funktionsträger.[62] Außerdem stellte man zur Vorbereitung und Auswertung der Beratungen für die Mitglieder des PB, des Sekretariats und für andere ausgewählte Mitarbeiter des Parteiapparates Informationen zu verschiedensten Vorgängen des politischen und gesellschaftlichen Lebens bis hin zu Personalangelegenheiten zusammen. Mit den im Protokollbüro außerdem angefertigten Rundschreiben des ZK an Bezirks- und Kreisleitungen entstanden so verschiedene Teilbestände, die eine Provenienz "Politbüro" bilden[63].
Nach einer Entscheidung des Parteivorsitzenden der SED/PDS, Gregor Gysi, gelangten die inzwischen einfach verzeichneten PB-Materialien gemeinsam mit anderen im IPA archivierten Teilprovenienzen im Februar 1990 in das damalige Zentrale Parteiarchiv. Mit Vertrag vom 29. Dezember 1992, den die Partei des Demokratischen Sozialismus als Rechtsnachfolger der SED mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, wurden die Bestände dieses Archivs in die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR eingebracht.
Die Archivare der Stiftung trugen zunächst der gleichen Provenienz der oben bezeichneten Überlieferungsformen Rechnung, indem sie diese für die Jahre 1949 bis 1952 zusammenführten[64]. Eine Archivalieneinheit enthält jeweils das Arbeits[65]- und Reinschriftenprotokoll der Sitzung sowie die dazugehörenden Beschlußauszüge, Vorlagen und Anlagen. Insgesamt liegen für diesen Zeitraum 254 Protokolle und entsprechend 254 Bände (Archivnummern - ca. 3,30 lfm Archivgut) vor. Im Zuge der Sicherungsverfilmung und für Benutzungszwecke wurden die Archivalien in dieser Form auf Mikrofiches aufgenommen und bilden nun die Grundlage der vorliegenden Mikrofiche-Edition.
Die seit 1990 zugänglichen Protokolle des PB wurden bisher umfangreich für wissenschaftliche, publizistische und amtliche Zwecke ausgewertet. In zahlreiche Publikationen sind Informationen aus den PB-Protokollen eingeflossen oder die Beschlüsse bildeten den Ausgangspunkt für Forschungen und Untersuchungen. Im Rahmen von Themenstellungen, die jeweils einen begrenzten Ausschnitt gesellschafts- oder sozialpolitischer, wirtschaftlicher und wissenschaftlich-kultureller Entwicklung in der SBZ/DDR beschreiben, haben einzelne Protokolle mit und ohne Vor- oder Anlagen auch in edierter Fassung ihren Niederschlag gefunden[66]. Vom Parteivorstand und vom Zentralkomitee der SED wurden wenige ausgewählte Beschlüsse, Aufrufe oder Stellungnahmen des Politbüros in eine offizielle Dokumentation aufgenommen.[67] Umfassende Veröffentlichungen zusammenhängender Protokolltexte oder entsprechende Vorhaben sind bislang nicht bekannt.

Zur Numerierung der Protokolle
Die Numerierung der Protokolle des ersten Politbüros beginnt mit Nr. 1 und ist im Gegensatz zu jener der ZS-Protokolle, die die Plenartagungen des PV einschloß[68] , durchgehend bis zum Protokoll Nr. 100.
Die Protokolle des zweiten Politbüros nach dem III. Parteitag der SED beginnen erneut mit Nr. 1. Ab dem 5. August 1952 wird in die Numerierung das laufende Kalenderjahr eingeschlossen - Nr. 124/52 bis Nr. 154/52.[69]
Archivare sind nicht dazu berufen, solch originäre aber nicht durchgehend alternierende Numerierung zu korrigieren. Die der Einleitung folgende Konkordanz soll einer möglichen Nummernverwirrung und Verwechslungen entgegenwirken. Allerdings schien es bei dieser Ausgangslage geboten, für die Indices nicht die originäre Numerierung der Protokolle, sondern die Archivnummern (der einzelnen Bände) zu verwenden. [70]

Zum Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte
Das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte wurde durch die unveränderte Übernahme der Tagesordnungspunkte aus den Protokollen erstellt. Lediglich die Datierungen wurden weitgehend vereinheitlicht und die Archivsignaturen beigefügt.

Zur Anlage der Indices
Zum Personenindex bleibt zu bemerken, daß mit vertretbarem und auch mit darüber hinausgehendem Aufwand bei solcher Fülle von Namen die sichere Identifizierung und damit die Zuordnung eines Vornamens nicht immer möglich ist. Auch Namensverschreibungen in den Texten können nicht in jedem Falle als solche erkannt werden. Andererseits bestehen berechtigte Zweifel, ob die Protokolle die Teilnehmer und Anwesenden immer vollständig aufführen, ob nicht doch Vertreter der Sowjetunion oder der KPdSU regelmäßig oder gelegentlich an den Sitzungen des Politbüros teilgenommen haben, obwohl die Protokolle aus den Jahren 1949 bis 1952 sie unter den Teilnehmern oder Anwesenden nie erwähnen. [71]
Beim Sachindex handelt es sich im Prinzip um einen Stichwortindex, um einen kumulierenden Stichwortindex, der verwandte und gleichartige Inhalte nicht über das ganze Alphabet verstreut, sondern bei einem oder mehreren Sammelbegriffen zusammenfaßt. Das Prinzip des Stichwortindex wurde also nicht dogmatisiert. Dort wo das Stichwort, das ja immer ein Zitat aus dem Text ist, zu blaß, zu undurchsichtig, zu unverständlich bleibt, weicht der Sachindex von diesem Prinzip ab. So sind beispielsweise "staatliche Maßnahmen in der Ostzone"[72] als "Gründung der DDR" und die "falsche Einschätzung des 30. November 1948 in Berlin"[73] beim Sammelbegriff Berlin als Stichwort "Stadtverordentenversammlung" im Sachindex zu finden.

Quellenangaben:
[1] Es existiert kein Auflösungsbeschluß. Zur Organisation und Arbeitsweise des Zentralsekretariats siehe Mikrofiche - Edition der Protokolle des Zentralsekretariats der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (1946-1949). Herausgegeben von der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv. Bearbeitet von Konrad Reiser und Simone Walther. Koblenz 1997 (Findbücher zu den Beständen des Bundesarchivs, Bd. 59). Seite 11 bis 19. Im Folgenden zitiert als ZENTRALSEKRETARIAT.
[2] Das auf dem III. Parteitag der SED im Juli 1950 beschlossene Statut erwähnte das ZS nicht mehr. BArch DY 30/IV 1/III/7 und Anlage Nr. 4 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 11. Juli 1950.
[3] Siehe DY 30/IV 2/1/60 und DY 30/IV 1/1/1 bis 5 (1. Parteikonferenz).
[4] Das Kleine Sekretariat bildeten Walter Ulbricht und Franz Dahlem (beide zugleich Mitglieder des PB), Fred Oelßner, Edith Baumann und Paul Wessel. Zur Arbeitsverteilung im Sekretariat siehe u.a. PB-Sitzung vom 8. Februar 1949, TOP 1 sowie DY 30/J IV 2/3/1 und 260. Die Überlieferung der Protokolle des Kleinen Sekretariats beginnt am 31. Januar 1949 und endet am 31. Oktober 1949. Ab dem 9. November 1949 weisen die Quellen "Sitzungen des Sekretariats" aus. Das 2. Statut der SED vom Juli 1950 verzeichnete für das Sekretariat die "allgemeine Leitung der Organisationsarbeit und die tägliche operative Führung der Tätigkeit der Partei" und hob es damit deutlich vom Kleinen Sekretariat ab, das ja zunächst nur zur organisatorischen Unterstützung für das PB geschaffen worden war. Vgl. dazu PB-Sitzung vom 20. Juni 1950, TOP 9. Zur späteren personellen Erweiterung des Sekretariats siehe DY 30/J IV 2/3/127.
[5] Siehe dazu erstmalig in DY 30/J IV 2/3/9, Anlage Nr. 1.
[6] Siehe Anlage Nr. 3 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 11. November 1952.
[7] Vgl. dazu auch Monika Kaiser. Die Zentrale der Diktatur. Organisatorische Weichenstellungen, Strukturen und Kompetenzen der SED - Führung in der SBZ/DDR 1946 bis 1952. In: Historische DDR - Forschung, Aufsätze und Studien. Hrsg. von Jürgen Kocka. Berlin 1993; und Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker: Funktionsmechanismen der SED - Diktatur in Konfliktsituationen 1962 bis 1972. Berlin 1997. S. 29f.
[8] Bis Mitte 1950 fungierte Otto Buchwitz (ehemals SPD) in Nachfolge Friedrich Eberts als paritätischer Vorsitzender. Vgl. dazu auch ZENTRALSEKRETARIAT S. 15f. Vermutlich aus gesundheitlichen Gründen schied Buchwitz aus dieser Funktion aus und blieb als Landtagspräsident in Sachsen tätig. Dazu DY 30/IV 2/11/v. 51.
[9] DY 30/IV 1/1/4f.
[10] DY 30/IV 1/III/5 und 7.
[11] Siehe Anlage Nr. 1 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 15. Februar 1949.
[12] Siehe dazu auch ZENTRALSEKRETARIAT S. 13.
[13] Vgl. TOP 1 der PB-Sitzung vom 28. Januar 1949.
[14] Beschluß des Kleinen Sekretariats vom 14. Februar 1949. DY 30 J IV 2/3/5. Vgl. dazu auch PB-Sitzung vom 12. April 1949, TOP 1 und 2 sowie PB-Sitzung vom 11. November 1952, TOP 6. Aus dieser Einrichtung ging mit Beschluß des PB vom 15. September 1953 das Büro des Politbüros hervor. Siehe DY 30/J IV 2/2/323 ("Geschäftsordnung des ZK und seines Apparates").
[15] Siehe dazu PB-Sitzung vom 8. Februar 1949, TOP 1 und DY 30/J IV 2/3/1 bis 5. Gyptner und Lösche schieden aus dem Parteiapparat aus. Gyptner übernahm Ende März 1949 die Funktion des Vizepräsidenten der Deutschen Volkspolizei in Berlin und wurde nach einem Verfahren vor der ZPKK am 2. Mai 1950 abgesetzt. Er arbeitete später als Hauptabteilungsleiter im Amt für Information sowie im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR. Siehe DY 30/J IV 2/3/104, IV 2/11/v. 1265 und PB-Sitzung vom 20. Juni 1950, TOP 6. -- Lösche, zunächst als Leiter des Personalbüros des PV eingesetzt, wurde per Beschluß des Kleinen Sekretariats vom 31. Mai 1949 auf eigenen Wunsch Leiter des Filmverleihs bei der DEFA und später dort Produktionsleiter. Siehe DY 30/J IV 2/3/5, 30, 142 und: Babelsberg. Ein Filmstudio 1912 bis 1992. Hrsg. von Wolfgang Jacobsen. Berlin 1992.
[16] Siehe DY 30/J IV 2/3/5, Anlage Nr. 1. -- Thunig blieb bis zur Auflösung des Büros des Sekretariats im September 1953 dessen Leiter und arbeitete danach bis 1975 als einer der Stellvertreter des Leiters des neu geschaffenen Büros des Politbüros, Otto Schön. Vgl. dazu DY 30/J IV 2/2/323 und DY 30/IV 2/11/v. 3174.
[17] PB-Sitzung vom 28. Januar 1949, TOP 1. Die Sitzungen des Kleinen Sekretariats/Sekretariats fanden zunächst am Montag, Mittwoch und Freitag jeder Woche, ab Ende Januar 1951 montags und donnerstags statt. Siehe dazuDY 30/J IV 2/3/1 und J IV 2/3/169.
[18] Zu diesem Zweck sollten Tagesordnung und vorbereitende Materialien den Mitgliedern des PB bereits am Samstag zugeleitet werden. Siehe DY 30/J IV 2/3/169.
[19] Siehe Anlage Nr. 1 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 15. Februar 1949. Erstmals ab 20. März 1951 enthalten die Beschlußprotokolle (nur Reinschrift) in der vorangestellten Tagesordnung den Hinweis auf die im Sekretariat entstandenen Vorlagen.
[20] Es wurde vermutlich von Archivaren später als "Arbeitsprotokoll" bezeichnet. Daraus erklärt sich auch die Signierung (ab 1953) J IV 2/2A/...
[21] Das Protokoll der ersten PB-Sitzung wurde von Pieck selbst gefertigt. Fred Oelßner zeichnete als Mitglied des Kleinen Sekretariats verantwortlich für die Bereiche Agitation, Presse, Schulung, Kultur und Verlage. Im Juli 1950 wählte man ihn auf der 1. Tagung des ZK der SED zum Mitglied des Politbüros. Siehe Anlage Nr. 1 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 15. Februar 1949 und DY 30/IV 2/1/85.
[22] Gisela Trautzsch (später Glende) begann nach dem Besuch der Parteihochschule "Karl Marx" per Sekretariatsbeschluß vom 25. Januar 1951 ihre Tätigkeit als stellvertretende Leiterin des Büros des Sekretariats des ZK und führte dort Protokoll.Seit dem 11. März 1952 weisen die Protokolle Trautzsch als Protokollantin der PB-Sitzungen aus. Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 5313. Der Beschluß des PB vom 11. November 1952 bestätigte die Protokollführung in den Sitzungen des PB und Sekretariats beim Stellvertreter des Büroleiters. Nach dem Ausscheiden von Otto Schön übernahm Gisela Glende 1968 die Leitung des Büros des Politbüros.
[23] Die Reinschriftenprotokolle Nr. 1 bis 19 blieben ohne Unterschrift. Die Protokolle der 20. bis 24. und der 31. bis 52. Sitzung sind von Ulbricht unterzeichnet, die Protokolle Nr. 25 bis 30 von seinem Abwesenheitsvertreter Dahlem. Die beiden Parteivorsitzenden unterzeichneten ab Oktober 1949 das Protokoll auch dann, wenn sie an der Sitzung nicht teilgenommen hatten (siehe zum Beispiel die Protokolle vom 12., vom 19. und vom 26. August 1952), womit wohl auch eine Genehmigung der Beschlüsse durch die Vorsitzenden zum Ausdruck gebracht wurde.
[24] Zunächst bestätigte das PB auch die von Ulbricht unterzeichneten Protokolle des Kleinen Sekretariats. Ab April 1949 erfolgte deren Bestätigung durch Pieck und Grotewohl, die PB - Mitglieder waren zur Kenntnisnahme verpflichtet. Siehe PB-Sitzung vom 12. April 1949, TOP 2.
[25] Vgl. ZENTRALSEKRETARIAT S. 14.
[26] Vgl. dazu die Entschließung des III. Parteitages der SED "Die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands", in DY 30/IV 1/III/7. Siehe dazu auch: Die SED. Geschichte, Organisation, Politik. Ein Handbuch. Hrsg. von Andreas Herbst, Gerd - Rüdiger Stephan, Jürgen Winkler. Berlin 1997.
[27] "Der Generalstaatsanwalt wird verpflichtet, vor dem Stattfinden wichtiger Prozesse im Politbüro zu berichten." (Sitzung vom 26. August 1952, TOP 8). -- "Dem Entwurf der Anklageschrift wird als Grundlage zugestimmt" (Sitzung vom 27. Juni 1950, TOP 4.7). -- "Das Sekretariat der DWK wird angewiesen, ..." (Sitzung vom 2. August 1949, TOP 4). -- Die Beispiele ließen sich ins Uferlose fortsetzen; die häufig wiederkehrende Formulierung in diesem Zusammenhang lautet: "Die Genossen in der Regierung werden beauftragt, ......" (Sitzung vom 1. November 1949, TOP 6).
[28] "Die Kampagne gegen die reaktionären Elemente in der CDU ist mit unverminderter Schärfe weiterzuführen" (Sitzung vom 31. Januar 1950, TOP 2). - Vgl. dazu Sitzung vom 24. Januar 1950, TOP 3.9).
[29] "Die Säuberung des Berliner Polizeiapparates ist sofort durchzuführen. Es sind zuverlässige jüngere Leute in die Berliner Volkspolizei aufzunehmen." (PB-Sitzung vom 9. Mai 1950, TOP 6). -- "Alle Mitarbeiter des Berliner Rundfunks, die in der englischen Emigration waren, sind zu entlassen. Die Kaderabteilung wird beauftragt, Vorschläge für ihren Ersatz zu unterbreiten. Die Kaderabteilung wird außerdem beauftragt, alle Angestellten im Berliner Rundfunkapparat zu überprüfen." (PB-Sitzung vom 18. Oktober 1949, TOP 17).
[30] "Genosse Wandel wird beauftragt, dem Politbüro Vorschläge zur Korrektur des Spielplanes zu unterbreiten." (PB-Sitzung vom 14. Februar 1950, TOP 11).
[31] "Die Kulturabteilung wird beauftragt, Maßnahmen zur Entfaltung der Literaturkritik durchzuführen." (PB-Sitzung vom 13. September 1949, TOP 10).
[32] "Es wird eine Kommission aus den Genossen Ackermann, Eisler, Wandel, Günther (Kammer der Technik) eingesetzt, die bis zum 24. September 1949 eine Vorlage über die Kontrolle des Verlagswesens ausarbeiten soll." (ebenda, TOP 6).
[33] Siehe PB-Sitzung vom 20. Juni 1950, TOP 21.
[34] Siehe PB-Sitzung vom 13. Juni 1950, TOP 8.
[35] "Anläßlich des Pfingsttreffens soll der Preis für die Bockwurst für diese Tage auf 2.- DM festgesetzt werden. Zu diesem ermäßigten Preis ist mindestens eine Million Stück bereit zu stellen." (PB-Sitzung vom 16. Mai 1950, TOP 9).
[36] Siehe PB-Sitzungen vom 30. Mai 1950, TOP 5 und vom 6. Juni 1950, TOP 13.
[37] "Die Berliner Parteiorganisation wird beauftragt, die am Donnerstag eintreffenden Mitglieder der deutschen Delegation des 2. Weltfriedenskongresses durch Entsendung von Massendelegationen aus Betrieben und Verwaltungen auf dem Bahnhof zu empfangen." (PB-Sitzung vom 21. November 1950, TOP 3.4). -- "Der Empfang der Delegation am Sonnabend hat durch eine Kundgebung auf dem Ostbahnhof zu erfolgen. Die Landesleitung der SED Groß - Berlin wird mit der Vorbereitung beauftragt, wobei darauf zu achten ist, daß Betriebe mit großen Exportaufträgen ihre Arbeiter nicht zur Kundgebung delegieren." (PB-Sitzung vom 14. Oktober 1952, TOP 22).
[38] "Der II. Bundeskongreß der Domowina soll zum festgesetzten Zeitpunkt durchgeführt werden. Außer der Regelung des Schulunterrichts ist keine der anderen aufgeworfenen Fragen auf dem Kongreß zu behandeln. Diese Fragen werden später geklärt." (PB-Sitzung vom 8. April 1952, TOP 1).
[39] PB-Sitzung vom 29. Juli 1952, TOP 19.
[40] "Alle Kirchenfragen sind dem Politbüro zur Entscheidung vorzulegen." (PB-Sitzung vom 3. Juni 1952, TOP 9).
[41] Siehe auch 20. Tagung des PV, DY 30/IV 2/1/67f.
[42] Wilhelm Zaisser wurde auf der 1. Tagung des ZK der SED am 25. Juli 1950 zum Mitglied des PB gewählt. Im Zusammenhang mit dem 17. Juni 1953 verlor er alle Partei - und Staatsämter und wurde im Januar 1954 aus der SED ausgeschlossen.
[43] Beide sollten gleichzeitig, ebenso wie Paul Verner (Leiter des Jugendsekretariats im PV) und Willi Stoph (Leiter der Abt. Wirtschaftspolitik des PV) mit beratender Stimme an den Montagssitzungen des Sekretariats teilnehmen. Siehe auch DY 30/J IV 2/3/86. -- Das ZK wählte auf seiner 1. Tagung am 25. Juli 1950 Herrnstadt zum Kandidaten des PB, Stoph, Verner und Warnke zu Sekretären des ZK. Siehe DY 30/IV 2/1/84f.
[44] PB-Sitzung vom 27. Juni 1950, TOP 6.
[45] Vorgänger dieser Westkommission war die per ZS - Beschluß vom 31. August 1948 geschaffene Westabteilung. Um Reimann bei der Führung der KPD zu unterstützen, wurde ein "Arbeitsbüro" der KPD geschaffen, das trotz Auflösungsbeschluß (November 1951) bis 1971 fortbestand und tätig war. Vgl. dazu Beschluß des Sekretariats vom 8. Januar 1951 in DY 30/J IV 2/3/165. Siehe u. a. auch DY 30/J IV 2/3/181 und 245. -- Die Strukturteile "Westabteilung", "Westkommission" und "Arbeitsbüro" unterlagen bis Ende der sechziger Jahre ständigen, quellenmäßig teilweise schwer belegbaren Änderungen in Organisation, Aufgabenverteilung, Bezeichnung und personeller Besetzung. Neben PB - und Sekretariatsbeschlüssen sind dazu insbesondere diese Teilbestände (DY 30/IV 2/10.02 und IV 2/10.03) heranzuziehen.
[46] PB-Sitzung vom 21. November 1950, TOP 6.
[47] Siehe DY 30/IV 1/III/5.
[48] Siehe DY 30/IV 2/1/84f.
[49] Beschluß des PB "Über die Verbesserung der Arbeit der leitenden Organe und des Apparates des Zentralkomitees der SED" vom 11. November 1952 (Anlage Nr. 3 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 11. November 1952).
[50] Ebenda. -- Außerdem entschied das PB über die in seiner Zuständigkeit (Nomenklatur) stehenden Personalfragen.
[51] Eine die PB-Sitzungen vom 19., 20. und 22. August 1949 ausführlich zusammenfassende Aufzeichnung (39 Seiten) über die Berichterstattung Reimanns nach den Wahlen zum Deutschen Bundestag und die beigefügte Rede (22 Seiten) Schirdewans waren eine Ausnahme (DY 30/IV 2/2/39).
[52] Siehe ZENTRALSEKRETARIAT S. 19.
[53] Erstmalig von der PB-Sitzung vom 20. April 1949 liegen Arbeits - und Reinschriftenprotokoll gemeinsam vor.
[54] Siehe ZENTRALSEKRETARIAT S. 19f.
[55] Schreiben Ulbrichts an Otto Schön vom 1. August 1952 (DY 30/J NL 2/29) sowie Mitteilung vom 24. September 1952 zur "Versendung der Protokolle für die Freunde" (DY 30/Büro Politbüro, unbearbeitet).
[56] Siehe dazu auch Kai von Jena und Simone Walther. Recherchen in Moskauer Zentralarchiven. Ein Erfahrungsbericht. In: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, 2/1994, Heft 1.
[57] Ebenda.
[58] Siehe Norman M. Naimark. Die Russen in Deutschland. Die sowjetische Besatzungszone 1945 bis 1949. Berlin 1997. Der amerikanische Historiker hatte die Möglichkeit der intensiven Auswertung russischer Quellen, die inzwischen zum Teil wieder gesperrt sind.
[59] Siehe dazu auch Wilhelm Pieck -- Aufzeichnungen zur Deutschlandpolitik 1945 bis 1953. Hrsg. von Rolf Badstübner und Wilfried Loth. Berlin 1994. Auch Schmidt, Karl - Heinz. Dialog über Deutschland: Studien zur Deutschlandpolitik von KPdSU und SED (1960 bis 1979). Baden - Baden 1998. S. 20 f.
[60] Vgl. dazu DY 30/J IV 2/3/358, Anlage Nr. 5.
[61] Siehe Beschluß des Sekretariats des ZK vom 19. August 1959. DY 30/J IV 2/3/653.
[62] Ein solcher Beschlußauszug ist erstmalig zum Protokoll der PB-Sitzung vom 31. Oktober 1950 überliefert. Die Namen der für die Beschlußdurchführung Verantwortlichen wurden in der Regel im Arbeitsprotokoll während der Sitzung unter dem entsprechenden TOP notiert. Beschlußauszüge zu Personalangelegenheiten gelangten in die betreffenden Personalakten.
[63] Informationen und Rundschreiben sind ab 1953 überliefert.
[64] Die Protokolle des PB und die dazugehörenden Splitterüberlieferungen wurden in dieser Form mit ihren verschiedenen Signaturen bisher stark und ohne Nachteile von zahlreichen Lesern benutzt. Da dieser Trend anhält, verzichtet die Stiftung zukünftig auf die weitere (arbeitsintensive) Zusammenführung der Materialien. Das heißt auch, daß ab 1953 für jede Sitzung des Politbüros ein Band mit dem Reinschriftenprotokoll, dazu Vor - und Anlagen und ebenso ein Band mit dem Arbeitsprotokoll mit teilweise differierenden Vor - und Anlagen erhalten bleibt, wie sie aus dem internen Parteiarchiv der SED 1990 in das Zentrale Parteiarchiv und von dort 1993 in die Stiftung gelangt sind.
[65] Vgl. Anmerkung 53.
[66] Siehe dazu auch das breite Angebot an Literatur in der Bibliothek der Stiftung.
[67] Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Beschlüsse und Erklärungen des Parteivorstandes, des Zentralsekretariats und des Politischen Büros. Band II. Berlin 1950. -- Band III. Beschlüsse und Erklärungen des Parteivorstandes, des Zentralkomitees sowie seines Politbüros und seines Sekretariats. Berlin 1952; sowie Band IV. Beschlüsse und Erklärungen des Zentralkomitees sowie seines Politbüros und seines Sekretariats. Berlin 1954.
[68] Siehe ZENTRALSEKRETARIAT S. 22f.
[69] Ab 1953 werden sowohl die Protokolle des PB als auch die des Sekretariats jahrgangsweise mit Nr. 1 beginnend durchnumeriert. Nicht in jedem Jahr aber wird das laufende Kalenderjahr in die Numerierung einbezogen.
[70] Siehe dazu die dem Personen - und dem Sachindex vorausgestellten Erläuterungen.
[71] Die in Anmerkung 51 genannte ausführliche Zusammenfassung der Sitzungen vom 19., 20. und 22. August 1949 nennt unter den Anwesenden auch "die Freunde T. und M.", die in den entsprechenden offiziellen (knappen) Protokollen der Politbürositzungen nicht erwähnt sind (DY 30/IV 2/2/39).
[72] PB-Sitzung vom 6. September 1949, TOP 2.
[73] PB-Sitzung vom 8. März 1949, TOP 6.


Einleitung zu Band 2

Organisation, Arbeitsweise und personelle Veränderungen im Politbüro
Auf ihrer zweiten Parteikonferenz im Juli 1952 [1] hatte die SED den "Aufbau des Sozialismus zur grundlegenden Aufgabe in der Deutschen Demokratischen Republik" erklärt. Zur Umsetzung dieses Ziels, das aus einer gravierenden Fehleinschätzung der ökonomischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen resultierte, bediente sich die SED-Führung vor allem rigoroser Eingriffe in Industrie und Landwirtschaft mit spürbaren Folgen für die Bevölkerung. Die heraufbeschworene gesamtgesellschaftliche Krisensituation gipfelte im Aufstand am 17. Juni 1953[2] und sollte nicht ohne Wirkung auf die Tätigkeit im obersten Machtorgan der DDR bleiben.
Zu Beginn des Jahres 1953 gehörten zum Politbüro die auf der 1. Tagung des Zentralkomitees der SED am 25. Juli 1950 gewählten Mitglieder Franz Dahlem, Friedrich Ebert, Otto Grotewohl, Hermann Matern, Fred Oelßner, Wilhelm Pieck, Heinrich Rau, Walter Ulbricht, Wilhelm Zaisser und die Kandidaten Anton Ackermann, Rudolf Herrnstadt, Erich Honecker, Hans Jendretzky, Erich Mückenberger und Elli Schmidt.[3] Das Gremium entschied -- in Übereinstimmung mit den Vorgaben Stalinscher Politik -- unkontrolliert über die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der DDR.
Parallel zur Propaganda für den Aufbau des Sozialismus intensivierte die SED-Führung den Kampf gegen den "inneren Feind", gegen alle oppositionellen Ansätze oder Reformdenken auch bei Mitgliedern und Führungskadern der eigenen Partei. Auslöser der neuerlichen Untersuchungen und Säuberungsaktionen[4], die sich insbesondere gegen ehemalige Westemigranten der KPD, "Titoisten" und jüdische Funktionäre ("Zionisten") richteten, bildete der Prager Slansky-Prozeß[5], aus dem das Politbüro am 20. Dezember 1952 entsprechende "Lehren"[6] gezogen hatte.
Politisches Tauwetter, Führungswechsel, Amnestie und Rehabilitierungen in der Sowjetunion nach dem Tod Stalins am 5. März 1953[], blieben in der SED ohne positives Echo. Am 17. März 1953[7] wies das Politbüro die Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK) an, ein Verfahren gegen das Mitglied des Politbüros, Franz Dahlem[8], zur Untersuchung seiner Verbindungen zu Noel H. Field und seines Verhaltens in der französischen Emigration einzuleiten, das mit einem sofortigen Funktionsverbot verbunden war. Dahlem, der als Widersacher Walter Ulbrichts galt, wurde schließlich auf der 13. Tagung des Zentralkomitees am 13. und 14. Mai 1953 unter Ausschluß seiner Person wegen "völliger Blindheit gegenüber feindlichen Agenten" sowie zur "Sicherung der Parteiführung" seiner Funktionen enthoben und aus Politbüro, Sekretariat und ZK der SED verbannt.[9]
Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Krise in der DDR durch die Politik der SED im Mai und Juni 1953[9], erreichten auch interne Diskussionen und Auseinandersetzungen im Politbüro zur Arbeitsweise des sich verselbständigenden Parteiapparates sowie zum dogmatischen, undemokratischen, und mit deutlichen Zeichen des Personenkults behafteten Führungsstil des SED-Generalsekretärs ihren Höhepunkt.[10] Ulbricht hatte sukzessive die Macht- und Entscheidungsbefugnis des Politbüros, ursprünglich "zur kollektiven, operativen Führung der Partei"[11] geschaffen, zugunsten des von ihm geleiteten Sekretariats des ZK[12] eingeschränkt. Lediglich Fred Oelßner und Franz Dahlem (bis Mai 1953) gehörten gleichzeitig zum Kreis der Sekretariatsmitglieder[13]. Die dem Sekretariat zugewiesene Aufgabe der täglichen operativen Führung und Organisation der Tätigkeit sämtlicher Führungsgremien der SED führte letztlich zu einem Antagonismus zwischen Sekretariat und Politbüro, der in der am 29. Januar 1953[14] vom Sekretariat verabschiedeten Arbeitsordnung des Apparates des Zentralkomitees der SED erneut[15] seine Bestätigung fand. Dem Sekretariat, das zweimal wöchentlich[16] tagte, stand mit seinem Büro, das u. a. auch für das PB zuständig war, ein eigener "Apparat" mit immerhin 123 Mitarbeitern [17] zur Verfügung.
Anfang Juni 1953[18] erhielten Walter Ulbricht, Otto Grotewohl und Fred Oelßner in Moskau von der sowjetischen Führung die Anweisung zu einem radikalen Kurswechsel und zur Rücknahme der Zielstellung des Aufbaus des Sozialismus in der DDR. Am 3. Juni 1953 verkündete der Sekretär des ZK, Hermann Axen, in Ulbrichts Auftrag auf einer außerordentlichen Sitzung den anwesenden fünf Mitgliedern und Kandidaten des Politbüros u. a., "der Druck und die Herausgabe aller Bücher, Broschüren usw. über die II. Parteikonferenz und die Verwendung der Beschlüsse der II. Parteikonferenz sind sofort einzustellen."[19] Zwei Tage später informierten Ulbricht und Grotewohl in Anwesenheit des Hohen Kommissars, Semjonow[20], selbst über die "Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der Deutschen Demokratischen Republik".[21] Als Ergebnis der am 6. und 9. Juni 1953 folgenden Aussprachen beschloß das Politbüro unter anderem die Bildung einer Kommission zur "Vorbereitung einer organisatorischen Neuordnung der Arbeitsweise des Politbüros und des Sekretariats", zu der neben Ulbricht die PB-Mitglieder Zaisser, Oelßner, Herrnstadt und Jendretzky gehörten[22]. Fred Oelßner übte eindringliche Kritik an der Arbeitsweise des Sekretariats und am diktatorischen Führungsstil Walter Ulbrichts[23], die sich auf zwei Sitzungen[24] der Kommission fortsetzte. Die von Rudolf Herrnstadt in einem Beschlußentwurf[25] für das Zentralkomitee zusammengefaßten Ergebnisse der Diskussion sahen unter anderem die Umbenennung des Politbüros in "Präsidium des Zentralkomitees", einen kollektiven Arbeitsstil sowie die Auflösung des Sekretariats und damit verbunden die faktische Entmachtung Walter Ulbrichts vor. Neben der ersatzlosen Löschung der Funktion des Generalsekretärs und der Aufwertung der Rolle der Vorsitzenden der SED sollten der Apparat des ZK reorganisiert und verkleinert sowie die politische Selbständigkeit der Abteilungen [26] entwickelt werden. Die von Herrnstadt im Auftrag des Politbüros parallel unterbreiteten und besonders von Wilhelm Zaisser unterstützten Vorschläge zur Erneuerung der Partei[27], die zwar keine grundlegenden Änderungen in Wesen, Struktur und Funktionsmechanismus der SED vorsahen, aber vor allem auf personelle Veränderungen im Politbüro[28] und im Sekretariat zielten, blieben Makulatur.
Der für kurze Zeit möglich erschienene Kurswechsel endete abrupt mit der blutigen Niederschlagung der Arbeiterstreiks am 17. Juni 1953 durch sowjetische Panzer und nach erneuten Machtkämpfen in der Führungsspitze der KPdSU, die in der Ermordung des sowjetischen Innenministers Berija[29] gipfelten. In deren Folge nutzte Ulbricht mit der Ausschaltung seiner Kritiker im Politbüro die Chance zur Sicherung und Konsolidierung seiner Macht- und Führungsposition.[30]. Auf der 15. Tagung des Zentralkomitees vom 24. bis 26. Juli 1953[31] dienten wiederum falsche Anschuldigungen wie die der Verschwörung mit dem "Parteifeind" Berija sowie die - in eine gegen die Partei gerichtete "Plattform" umfunktionierte - Analyse[32]der innerparteilichen Lage als Grundlage für den Ausschluß Rudolf Herrnstadts[33] und Wilhelm Zaissers [34] aus Politbüro und ZK, der die Entbindung von allen staatlichen Funktionen[35] einschloß. Nach umfangreichen Untersuchungen und Befragungen in der Zentralen Parteikontrollkommission[36] wurden beide auf dem 17. ZK-Plenum im Januar 1954[37] wegen "parteifeindlicher, fraktioneller Tätigkeit" schließlich auch aus der SED ausgeschlossen.
Aus den Ereignissen vom 17. Juni 1953 hat das Politbüro zahlreiche Konsequenzen gezogen, auch interne Vorsorge für den Wiederholungfall, praktisch eine Sondervollmacht für den Notstand festgelegt. Für die Rettung und Sicherung der SED-Herrschaft war die Besatzungsmacht zuständig und im Protokoll der Politbürositzung vom 20. Juni 1953 liest sich das so: "Angesichts des Anhaltens der Versuche faschistischer Provokateure, die Ordnung zu stören und der abwartenden Haltung gewisser Teile der Bevölkerung hält es das Politbüro nicht für zweckmäßig, bereits jetzt den Ausnahmezustand aufzuheben, wobei betont wird, daß das Entscheidungsrecht bei den verantwortlichen sowjetischen Instanzen liegt und höhere internationale Interessen die möglichst rasche Aufhebung des Ausnahmezustandes erforderlich machen können. Das Politbüro ist ferner der Auffassung, daß mit der Aufhebung des Ausnahmezustandes im demokratischen Sektor von Berlin die Maßnahmen zur Absperrung gegen das Eindringen faschistischer Banditen aus Westberlin nicht sofort aufgehoben werden sollen."[38]
Erkennbar ist, daß im Wiederholungsfalle Ulbricht und das Politbüro eine aktivere Rolle bei der Gefahrenabwehr übernehmen wollten. Nur so läßt sich deuten, daß das Politbüro am 26. Januar 1954 eine Vorlage zum Thema "Maßnahmen in Ausnahmefällen" bestätigte, die lautete: "Zur Gewährleistung der erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit in bestimmten Ausnahmefällen wird folgendes beschlossen:
1. Es wird eine zentrale Kommission in folgender Zusammensetzung gebildet: Genosse Ulbricht, Genosse Grotewohl, Genosse Matern, Genosse Schirdewan, Genosse Stoph, Genosse Wollweber. Aufgabe der zentralen Kommission ist es, zur Verhütung bzw. Abwehr besonderer feindlicher Aktionen oder zur Liquidierung derselben die notwendigen Maßnahmen festzulegen und die Durchführung zu veranlassen.
2. In den Bezirken der Deutschen Demokratischen Republik und in Berlin sind Einsatzleitungen in folgender Zusammensetzung zu schaffen: 1. Sekretär der Bezirksleitung der SED, Chef der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit, Chef der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei. Aufgabe der Einsatzleitung in den Bezirken ist es, die Durchführung der zentral festgelegten Maßnahmen bzw. der in eigener Entscheidung getroffenen Maßnahmen in ihrem Bezirk zu gewährleisten. In den Kreisen sind erforderlichenfalls auf Anweisung der bezirklichen Organe Einsatzleitungen in gleicher Zusammensetzung zu schaffen. Die auf Anweisung des Genossen Eggerath in den Bezirken geschaffenen Einsatzleitungen sind sofort aufzulösen. Genosse Stoph wird beauftragt, für das Ministerium des Innern die erforderlichen Befehle kurzfristig zu erlassen."[39]
Auf "Empfehlung" des Politbüros[40] wählte das Zentralkomitee am 26. Juli 1953 die "leitenden Organe" der Partei neu.[41] Danach gehörten dem Politbüro nun Friedrich Ebert, Otto Grotewohl, Hermann Matern, Fred Oelßner, Wilhelm Pieck, Heinrich Rau, Karl Schirdewan[42], Willi Stoph[43] und Walter Ulbricht als Mitglieder sowie Erich Honecker, Bruno Leuschner, Erich Mückenberger und Herbert Warnke als Kandidaten an. Offenbar hatte Ulbricht aus der früheren Kritik zumindest formal Konsequenzen gezogen, denn mit der Verkleinerung des Sekretariats[44] , der Reduzierung ihrer wöchentlichen Sitzungstage[45] und der gleichzeitigen Wahl von nunmehr vier Mitgliedern bzw. Kandidaten des PB[46] in den jetzt sechsköpfigen Kreis der ZK-Sekretäre[47] verlagerte sich das Stimmengewicht zugunsten des Politbüros und genügte scheinbar der geforderten Aufhebung der Gegensätzlichkeit und dem Erfordernis kollektiver Leitungsentscheidung. Von den seit 1950 im PB agierenden Kandidaten blieben lediglich Honecker und Mückenberger. Anton Ackermann, Hans Jendretzky und Elli Schmidt wurden nicht wiedergewählt und mußten im Zusammenhang mit den Anschuldigungen gegen Herrnstadt und Zaisser aus dem Gremium ausscheiden.[48]
Aus Gründen der "Verbesserung der leitenden Organe des ZK" beschlossen die Mitglieder des Zentralkomitees die formale Eliminierung der Funktion des Generalsekretärs[49]. Einstimmig votierten sie für Walter Ulbricht als nunmehr "Erstem (1.) Sekretär" des ZK. Ihm blieb auch weiterhin die letzte Entscheidungsbefugnis vorbehalten, die seine Machtposition konsolidierte.
Die ebenso festgelegte Auflösung des Sekretariats in seiner bisherigen Form begann mit der Umfunktionierung seines Büros in ein "Büro des Politbüros", dessen Leitung Otto Schön[50] nahtlos übernahm. Nach dem im Januar 1954[51] bestätigten Struktur- und Stellenplan standen ihm 167 Mitarbeiter zur Verfügung. Gleichzeitig erhielt Schön den Auftrag zur Protokollführung[52] in den Politbürositzungen.[53]
Die im Sekretariat [54] vorbereitete und diskutierte "Geschäftsordnung des Zentralkomitees und seines Apparates" vom 15. September 1953[55], schrieb die Aufgaben und die Arbeitsweise des neuen Politbüros, seines Büros, des Sekretariats und der Abteilungen des ZK verbindlich vor. Sie blieb -- mit geringfügigen Modifizierungen -- bis 1960 und auch darüber hinaus gültige Arbeitsgrundlage für die PB-Mitglieder, die nun für folgende Tätigkeitsbereiche [56] verantwortlich zeichneten:

Pieck: Vorsitzender des ZK der SED und Präsident der DDR
Grotewohl: Vorsitzender des ZK der SED und Ministerpräsident
Ulbricht: Sekretär des ZK und Stellvertretender Ministerpräsident
Stoph: Minister des Innern
Matern: Vorsitzender der ZPKK, Blockpolitik, Vizepräsident der Volkskammer
Rau: Maschinenbau
Leuschner: Leiter der Staatliche Plankommission, Ökonomie
Oelßner: Agitation und Propaganda, Presse und Rundfunk, Zeitschrift "Einheit"
Schirdewan: Organisation und Kaderfragen
Ebert: Oberbürgermeister von Berlin, Vorsitzender der DSF, Mitglied des Ausschusses für Deutsche Einheit
Honecker: Jugendfragen, Sport und Technik
Mückenberger: Landwirtschaft, Nationale Front
Warnke: Gewerkschaftsfragen

Im Sitzungsturnus gab es keine Änderung der seit 1949 geltenden Festlegung -- das PB tagte in der Regel jeden Dienstag. Ausnahmen bestätigten diese, wenn einzelne turnusmäßige Beratungen an anderen Wochentagen stattfanden. Ebenso beraumten die Vorsitzenden bzw. der 1. Sekretär des ZK wie bisher bei dringender politischer Notwendigkeit außerordentliche Sitzungen[57] an, die sich manchmal auch über zwei bzw. drei Tage erstreckten, unmittelbar vor oder am Tage nach der Regelsitzung und -- wie zum Beispiel im Krisenmonat Juni 1953 -- auch zweimal am Tag[58] einberufen wurden. Eine am 6. November 1956[59] im Zusammenhang mit der Umsetzung von Volkskammerbeschlüssen festgelegte "Regelmäßigkeit", dienstags und sonnabends jeder Woche zu tagen, blieb ebenso Ausnahme und auf den Zeitraum bis Ende Dezember 1956 beschränkt.
Beginnend mit dem 13. Oktober 1953 bezeichnen die Protokolle auch den jeweiligen Sitzungsort. So tagte das Gremium bis Dezember 1956 regelmäßig entweder ganztägig im Zentralhaus der Einheit oder vormittags im Amtssitz des DDR-Präsidenten Pieck im Schloß Niederschönhausen[60] und nachmittags im Zentralhaus der Einheit. Ausnahmen bestätigten auch hier die Regel: Das Politbüro verlegte beispielsweise seine außerordentlichen Beratungen vom 26., 27. und 29. März 1956 in die Werner-Seelenbinder-Halle, dem Tagungsort der 3. Parteikonferenz der SED. [61] Beginnend mit den dreitägigen Beratungen vom 18. bis 20. Dezember 1956 fand sich das Politbüro bis zum 13. April 1959 - von einzelnen Ausnahmen[62] abgesehen - ganztägig im Zentralhaus der Einheit zusammen. Nach dem Umzug des Zentralkomitees und seines Apparates in das Gebäude der ehemaligen Reichsbank bzw. des Finanzministeriums der DDR am Werderschen Markt[63]- im Sprachgebrauch der Funktionäre auch als "Großes Haus" bezeichnet -, diente der dortige Sitzungssaal des Politbüros als ständiger[64] Beratungsort.
Mit der praktischen Umsetzung der Beschlüsse des Politbüros betraute die Geschäftsordnung vom 15. September 1953 achtzehn Abteilungen und einen Geschäftsleiter[65] des Zentralkomitees sowie drei neugebildete Kommissionen beim Politbüro[66]. Neben der Einberufung und Festlegung der Tagesordnung der Plenarsitzungen sowie der Führung des Zentralkomitees zwischen seinen Tagungen zeichneten die Mitglieder und Kandidaten des Politbüros für die in ihrem ständigen Geschäftsbereich tätigen Abteilungen, Arbeitsgruppen und Kommissionen, die bis 1960 und darüber hinaus in Zahl, Struktur und Zuständigkeit ständig Veränderungen unterlagen[67], verantwortlich.
Die Tagesordnung der PB-Sitzungen setzte sich hauptsächlich aus den von den Mitgliedern, Kandidaten und Kommissionen des Politbüros, von den Mitgliedern des Sekretariats und von staatlichen Funktionsträgern vorgelegten Beschlußentwürfen zusammen.[68] Die Verantwortung für Zusammenstellung, Behandlung, Abgabe, Verteilung, Rückgabe und Vernichtung von Vorlagen ging, nachdem sie zunächst vom Politbüro am 28. April 1953[69] erneut beim Büro des Sekretariats verankert und präzisiert worden war, nunmehr auf das Büro des Politbüros über. Es nahm bis zum Freitag abend jeder Woche die in 15-facher Ausfertigung einzureichenden Vorlagen, die sowohl vom zuständigen Sekretär des ZK als auch vom zuständigen Minister unterschrieben sein mußten, entgegen und leitete sie am Samstag vormittag Ulbricht und Grotewohl zur Entscheidung über den am darauffolgenden Dienstag gültigen Sitzungsablauf zu. Noch am gleichen Tag erhielten die PB-Mitglieder sowohl die Tagesordnung als auch die dazugehörenden Beschlußentwürfe mit sonstigen Materialien zur Vorbereitung auf die Diskussion.[70] Vermutlich fertigten die Mitarbeiter des Protokollbüros im Büro des Politbüros montags den kompletten Entwurf des Beschlußprotokolls in drei Exemplaren.[71] Über die Behandlung dringender, nach der bereits festgelegten Tagesordnung eingegangener Vorschläge entschied Ulbricht. Sukzessive ging das Politbüro dazu über, solche Vorlagen, die offenbar nach Ulbrichts Entscheidung keiner Diskussion bedurften oder nicht diskutiert werden sollten, in einem Umlaufverfahren[72] zu beschließen. Ab 1958 bereits ist es fast die Hälfte der PB-Protokolle, die auch "im Umlauf" bestätigte Beschlußvorlagen nachweisen.
Zur Verbesserung der gegen Ende der fünfziger Jahre offenbar mangelhaften Qualität und zur Bewältigung des sich ständig vergrößernden Themenkatalogs wurden die Richtlinien für die Anfertigung, den Inhalt, die Unterzeichnung und die Ablieferung der Vorlagen im November 1960[73] konkretisiert und erweitert. Danach mußten sie für das Politbüro in 25 Exemplaren mit den dazugehörigen Ormigplatten[74] bis spätestens Donnerstag um 17 Uhr im dortigen Büro abgeliefert sein.
Die Leitung bzw. Moderation der PB-Sitzungen lag bei den Vorsitzenden oder beim 1. Sekretär des ZK.[75] Im Falle ihrer gleichzeitigen Abwesenheit sollte die Vertretungsregelung auf der vorangegangenen Beratung erfolgen. Ab Ende Juli 1958[76] übernahm Ulbricht die ausschließliche Sitzungsleitung, in seiner Abwesenheit vertrat ihn Grotewohl. Ebenso hatten die Mitglieder und Kandidaten des PB für den Fall ihrer Abwesenheit eine entsprechende Mitteilung an den Leiter des Büros zu veranlassen.[77] In Ergänzung der Geschäftsordnung erließ das PB im September 1955 die Anweisung, bei der Vorbereitung von kurzfristig zu haltenden Reden zwischen den regulären Sitzungen eine Verständigung mit Grotewohl und Ulbricht unter Beiziehung aller erreichbaren PB-Mitglieder herbeizuführen.[78]
Nach der Geschäftsordnung entschied das Politbüro auch über die - schon in den Jahren 1949 bis 1952 praktizierte - zeitweise Hinzuziehung[79] der für die Ausarbeitung der zu behandelnden Beschlußvorlagen verantwortlichen Abteilungsleiter des ZK bzw. der zuständigen Minister oder gesellschaftlichen Funktionsträger, die jedoch keine Entscheidungskompetenz besaßen.[80] Zusätzlich nahmen andere Vertreter des Parteiapparats oder Gäste ganztägig an den Beratungen teil[81], wenn es die Tagesordnung zuließ oder die politische Notwendigkeit geboten schien, wie im Falle der oben erwähnten Anwesenheit des Hohen Kommissars, Semjonow, auf den Krisensitzungen vom 5. Juni bis 13. Juni 1953.[82] Mit dem in den folgenden Jahren ständig umfangreicher werdenden Aufgabenkatalog erweiterte sich auch der Kreis der zur Sitzung Hinzugezogenen.[83]
Nach der - in der Regel während der darauffolgenden Sitzung erfolgten - formalen Bestätigung[84] des Beschlußprotokolls fertigten die Mitarbeiter des Protokollbüros im Büro des Politbüros die Reinschrift in fünf Exemplaren, von denen nach ihrer Unterzeichnung durch die Vorsitzenden des ZK, Pieck und Grotewohl, bzw. später durch den 1. Sekretär Ulbricht[85] das erste im Archiv verblieb und die vierte und fünfte Ausfertigung zur weiteren Verwendung in die Allgemeine Abteilung gelangte.[86] Außerdem wurden die Tagesordnung[87] jeder Sitzung einmal im Protokollbüro abgelegt und von jedem Protokoll ein Inhaltsverzeichnis hergestellt.
Die Weisungen und Anordnungen, für deren unbedingte Umsetzung die Zuständigkeit bei den im jeweiligen Beschlußprotokoll benannten Mitgliedern und Kandidaten des PB, den Sekretären des ZK sowie leitenden Mitarbeitern des zentralen Parteiapparates lag[88], zeichneten ein relativ transparentes Bild sowohl der aktuellen politischen und gesamtgesellschaftlichen Situation als auch einzelner Entwicklungsphasen der Gesellschaft. Der regelmäßig zu behandelnde Arbeits- und Problemkatalog orientierte sich an der faktisch übergreifenden und praktisch unkontrollierten Regelungsfunktion des Politbüros für das Zusammenspiel aller wichtigen Lebensbereiche, die einerseits aus dem Führungsanspruch der SED resultierte und andererseits der Bewahrung und dem sukzessiven Ausbau dieser Rolle diente.
Arbeitsschwerpunkte[89]bildeten nach wie vor grundlegende Fragestellungen und Festlegungen zentraler staatlicher Politik, Gesetzgebungsregularien bis hin zur Straffestsetzung in Einzelfällen, die Anweisung und Durchsetzung wirtschafts-, landwirtschafts- und im weitesten Sinne kulturpolitischer Zielstellungen sowie personalpolitische Entscheidungen.
Nach 1953 änderten sich Qualität und Quantität der zu klärenden Personalfragen spürbar gegenüber dem vorangegangenen Zeitraum[90]. Die Geschäftsordnung des Zentralkomitees vom15. September 1953 bestimmte die auf Politbüroebene zu treffenden Kaderentscheidungen und grenzte sie deutlich von der Sekretariatszuständigkeit ab. Danach bestimmte das Politbüro die Mitglieder der zentralen Parteigremien, setzte die 1. und 2. Bezirkssekretäre der SED und die Vorsitzenden der Massenorganisationen ein, entschied über die personelle Zusammensetzung der Regierung, der Volkskammer und ihres Präsidiums und behielt sich auch die Personalbesetzung in den Diplomatischen Vertretungen und Handelsmissionen der DDR vor. Das Sekretariat des ZK dagegen zeichnete für die Erarbeitung der Nomenklatur[91] des Zentralkomitees und alle übrigen, mengenmäßig weitaus größeren Kaderbeschlüsse verantwortlich.[92] Die aus dieser Zuständigkeitsregelung resultierende reduzierte Menge an Personalentscheidungen in den Beratungen des Politbüros tangierte jedoch nicht Einzelfallentscheidungen über Kuren oder Urlaub, über die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen, die Delegierung zum Studium oder die Teilnahme an Tagungen, Konferenzen und Delegationen.
Nicht nur wichtige wirtschaftspolitische, kulturelle oder außenpolitische Fragen und Ereignisse im Zusammenhang mit der Deutschlandpolitik und den innerdeutschen Beziehungen, die die fast ständige Behandlung der Rolle der KPD (West) und die Vorgabe ihrer Politik einschlossen, standen auf der Tagesordnung. Auch für solche im Rahmen der Entscheidungsbefugnis des Politbüros eher unbedeutende Einzelfragen wie etwa die Rezeptur der Brotherstellung oder die Einführung einer neuen Buttersorte interessierten sich die Anwesenden und ließen das Aufgabenspektrum zuweilen ins Kuriose abgleiten. Dennoch waren selbst offensichtliche Randfragen Indiz der selbstverordneten Ermächtigung des Politbüros und seiner Formungssucht für Struktur, Aufgaben, Entwicklung und Zusammenwirken aller staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche der DDR, für innere und äußere Politik, für Industrie und Landwirtschaft, für Handel und Versorgung, für Kirche, Kultur und Volksbildung, für Sport und Gesundheitswesen usw., die hin und wieder auch den hintersten Winkel staatlicher Regulierung erfaßten.[93]
Der Ende März/Anfang April 1954 tagende IV. Parteitag der SED[94] sanktionierte formal die auf dem Juli-Plenum 1953 beschlossenen, oben beschriebenen Veränderungen der personellen Zusammensetzung des Politbüros. So wurde auf der konstituierenden 19. Tagung des Zentralkomitees am 7. April 1954[95] lediglich der 1. Sekretär der Bezirksleitung Berlin[96], Alfred Neumann[97] als Kandidat auf eine der zwei damals freigewordenen Positionen neu gewählt.
Das von den Delegierten des IV. Parteitages gleichzeitig verabschiedete Parteistatut, das jenes von 1950 ersetzte, verankerte neben den Rechten und Pflichten der Parteimitglieder u. a. das Prinzip des demokratischen[98] Zentralismus als Grundlage für den Organisationsaufbau sowie den Grundsatz der kollektiven Beratung und Entscheidung in den Parteigremien. Es bestätigte die Eliminierung der Ämter der Vorsitzenden der SED und wertete die Rolle der 1. Sekretäre an der Spitze der jeweiligen Führungsebene entscheidend auf. Mit dem Segen des Statuts gesichert, das von jedem Mitglied bedingungslose, fast rituelle Unterordnung und Erledigung der von der obersten Parteiführung vorgegebenen Beschlüsse, Anordnungen und Befehle forderte, konnte Ulbricht als 1. Sekretär des ZK der SED nunmehr weiter uneingeschränkt schalten und walten. Der "Grundsatz der Kollektivität", der persönliche Verantwortung durchaus vorsah und gleichzeitig Personenkult "bekämpfen" sollte, ließ sich auch in Zukunft auf keiner Leitungsebene der SED realisieren und scheiterte ebenso im Politbüro an der Unvereinbarkeit von Demokratie mit unkontrolliertem diktatorischem Machtstreben Einzelner.[99]Die während der 23. Tagung des ZK am 15. April 1955[100] eher am Rande erfolgte Wahl von Albert Norden[101] und Kurt Hager[102] zu Sekretären des ZK war dafür erneuter Anhaltspunkt, denn sie leitete abermals die personelle Vergrößerung des von Ulbricht als Erstem Sekretär geführten Sekretariats ein.
Die Entlarvung und die Ankündigung der schonungslosen Aufklärung der Verbrechen Stalins, verbunden mit der Geißelung des Personenkults durch Chrustschow, den Generalsekretär der KPdSU, auf dem im Februar 1956 tagenden XX. Parteitag der sowjetischen Staatspartei[103], nährten auch in der SED Hoffnungen auf eine Entstalinisierung und boten erneut die Chance zu struktureller Veränderung des Machtgefüges und personellem Neubeginn. Doch diese Hoffnungen blieben trügerisch. Auf der 3. und letzten Parteikonferenz der SED, vom 25. ZK-Plenum[104] für den Zeitraum vom 24. bis 29. März 1956 vor allem zur Verständigung über den zweiten Fünfjahrplan und die Rolle der Arbeiter-und-Bauern-Macht in der DDR einberufen, forderte insbesondere Karl Schirdewan[105] die Fortsetzung der im Sommer 1953 abrupt beendeten innerparteilichen Auseinandersetzungen über Personenkult, Führungsstil und Arbeitsweise in den höchsten Parteigremien. Aber die Mehrheit der Walter Ulbricht ergebenen Delegierten beschloß weder Veränderungen noch Festlegungen für die Fortsetzung der Reformdiskussion, die vor allem die Machtposition Ulbrichts ernsthaft gefährdet hätten. Mit der Taktik, keinerlei "Fehlerdiskussion" zuzulassen und dennoch den Schein einer gewissen Reformwilligkeit zu wahren, empfahl Ulbricht am 17. April 1956[106] dem Politbüro die Stabilisierung und Vervollkommnung kollektiver Entscheidungsfindung. Dem unredlichen Zweck entsprechend handelte es sich bei diesem Beschluß um ein eher possenhaftes Dokument, das die im September 1953 festgelegte Arbeitsverteilung im Politbüro zwar der aktuellen Situation anpaßte und präzisierte, aber im Grunde auf banale Art und Weise wiederholte. So war gemeinsamer Beschlußfassung und Bekämpfung des Personenkults unter anderem dann Genüge getan, wenn der Staatspräsident für Treffen mit Bürgern die Genehmigung beim Politbüro eingeholt hatte, wenn sich diePB-Mitglieder öfter zusammen in der Öffentlichkeit zeigten oder die Publizierung von Theaterbesuchen unterbliebe.[107] Ulbricht hatte damit zunächst von der Entstalinisierungsdiskussion abgelenkt. Eine wirksame Einschränkung der beim 1. Sekretär des ZK angehäuften Machtfülle als Prämisse für den Übergang zu anderer Arbeitsweise konnte und wollte er verständlicherweise nicht zulassen.
Neben Schirdewan mahnte auch Fred Oelßner die Weiterführung der von ihm schon 1953 unterstützen Debatte über den Kommandostil Walter Ulbrichts in der SED-Spitze an. In Vorbereitung der anstehenden ZK-Tagung erklärte er am 3. Juli 1956[108] sein Unverständnis für die halbherzige Auswertung des XX. Parteitages der KPdSU und kritisierte offen das "persönliche Regime" Walter Ulbrichts sowie die von Unzufriedenheit und Angst bestimmte Atmosphäre unter der Mitgliedern des ZK und der Partei. Seine Forderung nach schonungsloser Offenheit auf dem folgenden 28. Plenum des Zentralkomitees[109] erfüllte sich nicht. Die Rehabilitierung Franz Dahlems und die Aufhebung der Parteistrafen für Anton Ackermann, Hans Jendretzky und Elli Schmidt[110] konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Mehrheit der ZK-Mitglieder aus Furcht vor Machtverlust und folgenreichen Veränderungen in Staat und Gesellschaft der DDR durch eine SED-Reform weitere parteiinterne Diskussionen auf oberster Ebene[111] abblockte. Gescheiterte Reformversuche in Polen und der wiederum von sowjetischen Panzern blutig niedergeschlagene Volksaufstand in Ungarn im Herbst 1956 bestätigten diese realen Ängste, die letztlich auch die Moskauer KPdSU-Führung dazu bewogen, die Reformunwilligkeit der SED von nun an wieder bereitwillig zu unterstützen.
Die vergebene Möglichkeit zur Entstalinisierung der SED nutzte Walter Ulbricht in bewährter Weise zur Entmachtung seiner Kontrahenten im Politbüro. Im Laufe des Jahres 1957 wurden zur Ausschaltung der Kritiker wiederum Verschwörungstheorien bedient und angebliche fraktionelle Aktivitäten konstruiert. Auf Vorschlag des Politbüros[112] und nach Billigung durch das Zentralkomitee auf seiner 35. Tagung Anfang Februar 1958[113] verloren die Mitglieder des Politbüros Karl Schirdewan[114] und Fred Oelßner[115] ebenso wie ihre Gleichgesinnten[116], der Minister für Staatssicherheit, Ernst Wollweber[117], und der Stellvertreter des Ministerpräsidenten, Fritz Selbmann[118], wegen Fraktionstätigkeit, mangelnder Parteidisziplin bzw. politisch schädlichem Verhalten alle ihre Partei- und Staatsämter.
Mit der personellen Stabilisierung des Politbüros trieb Ulbricht zugleich seine internen Bemühungen voran, die Rolle des ihm direkt unterstehenden Sekretariats des ZK aufzuwerten und mit ihm ergebenen Personen zu besetzen. Erwartungsgemäß segneten die Mitglieder des ZK neben der vom Politbüro am 1. Februar 1958 angeregten Wahl von Alfred Neumann[119] zum Mitglied des PB auch die Wahl von Erich Honecker, Paul Verner, Paul Fröhlich und Gerhard Grüneberg auf die Positionen der abgesetzten Sekretäre Oelßner, Schirdewan und Wandel[120] sowie des verstorbenen Ziller ab. Vom nunmehr neunköpfigen Sekretariat[121] gehörten nur vier Mitglieder zugleich auch dem Politbüro an. Mit den taktisch klugen Festlegungen[122] zur direkten Mitwirkung des Sekretariats im Falle brisanter Entscheidungen im Politbüro und zur synchronen Übermittlung der Inhalte der Sekretariatssitzungen an die PB-Mitglieder begegnete Ulbricht einerseits einer angreifbaren Mißachtung dieses Gremiums und einer sich möglicherweise wiederum entwickelnden Gegensätzlichkeit zwischen Politbüro und Sekretariat. Andererseits sicherte und erweiterte er damit seine nahezu unbegrenzte Entscheidungsvollmacht. Sie entsprachen außerdem zumindest dem Anschein nach den vom ZK-Plenum bestätigten Richtlinien für die Verbesserung des Arbeitsstils der SED[123], die erneut u. a. eine kollektive Arbeitsweise und Zusammenarbeit auf allen Leitungsebenen angemahnt hatten.
Der V. Parteitag der SED[124] beendete seine Beratungen vom 10. bis 16. Juli 1958 mit einer deutlichen personellen Aufstockung der obersten Führungsgremien. Das jetzt aus insgesamt 155 Personen[125] bestehende Zentralkomitee wählte auf seiner konstituierenden 1. Tagung am 16. Juli 1958[126] das neue, 21-köpfige Politbüro. Ihm gehörten Friedrich Ebert, Otto Grotewohl, Erich Honecker, Bruno Leuschner, Hermann Matern, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Albert Norden, Wilhelm Pieck, Heinrich Rau, Willi Stoph, Walter Ulbricht und Herbert Warnke als Mitglieder sowie Edith Baumann, Luise Ermisch, Paul Fröhlich, Kurt Hager, Alfred Kurella, Karl Mewis, Alois Pisnik und Paul Verner als Kandidaten an. Das fast ausschließlich mit Ulbricht-Befürwortern besetzte Politbüro blieb dem achtköpfigen Sekretariat[127] nur scheinbar und lediglich zahlenmäßig überlegen, denn mit der zeitgleichen Wahl Ulbrichts (1. Sekretär), Hagers, Honeckers, Mückenbergers, Neumanns, Nordens und Verners zu Sekretären des ZK war faktisch Personalunion hergestellt.
Das Politbüro beschloß am 29. Juli 1958[128] für sich folgende Arbeitsverteilung:

Pieck: Präsident der DDR
Ulbricht: 1. Sekretär des ZK, Vorbereitung und Leitung der Sitzungen des PB
Grotewohl: Vorsitzender des Ministerrates der DDR, Leitung der Sitzungen in Abwesenheit Ulbrichts
Matern: Vorsitzender der ZPKK, Vorsitzender der Kommission für die Arbeit nach Westdeutschland
Rau: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates, Minister für Außenhandel und innerdeutschen Handel, Mitglied der Staatlichen Plankommission, Vorsitzender der Kommission für Fragen der Außenpolitik
Stoph: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates, Minister für Nationale Verteidigung
Ebert: Oberbürgermeister Berlin, Mitglied der Kommission für die Arbeit nach Westdeutschland
Neumann: Sekretär des ZK[129]
Leuschner: Vorsitzender der Staatlichen Plankommission
Honecker: Sekretär des ZK
Mückenberger: Sekretär des ZK
Warnke: Vorsitzender des FDGB
Norden: Sekretär des ZK
Fröhlich: 1. Sekretär der Bezirksleitung Leipzig
Mewis: 1. Sekretär der Bezirksleitung Rostock
Verner[130]: Sekretär des ZK
Hager: Sekretär des ZK
Pisnik: 1. Sekretär der Bezirksleitung Magdeburg
Kurella: Vorsitzender der Kommission für Fragen der Kultur
Baumann: Leiterin der Arbeitsgruppe Frauen
Ermisch: Werkleiterin

Die personelle und funktionelle Zusammensetzung des Politbüros zeugte von der nunmehr fast ausgereiften Verflechtung von Ämtern im Staat, in Parteien und Massenorganisationen. Auch das Novum der Wahl von weiteren 1. Bezirkssekretären der SED[131]- Inhaber der entscheidenden Machtposition in den Territorien - zu ständigen Teilnehmern der PB-Sitzungen, spiegelte die vollständige, dem selbstherrlich verordneten Führungswillen der SED geschuldete Unterordnung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung sowie die Sicherung und den Ausbau der alle Bereiche erfassenden Kontrollfunktion des Politbüros.
Am 28. Juli 1959[132] verfügte das Politbüro zudem die Kandidatur einiger seiner Mitglieder und Kandidaten sowie von Sekretären des ZK in Leitungsorganen der Gewerkschaften. Auf der 7. Tagung des Zentralkomitees im Dezember 1959[133] erfolgte schließlich auch die Wahl des letzten, bis dahin noch nicht im PB vertretenen Sekretariatsmitglieds, Gerhard Grüneberg[134], zum Kandidaten des Politbüros.
Insbesondere Sicherheitsaspekte dürften die PB-Mitglieder am 31. Mai 1960[135] dazu veranlaßt haben, ihre ständigen Wohnsitze in die geschlossene Siedlung Wandlitz zu verlegen und sich letztlich, mehr oder weniger bewußt von den realen Lebensbedingungen, Ansichten und Bedürfnissen der Bevölkerung zu entfernen. Lediglich der Oberbürgermeister von Berlin, Friedrich Ebert, sollte aus Gründen der Zweckmäßigkeit zusätzlich eine Stadtwohnung unterhalten. Der Vorsitzende der KPD (West), Max Reimann, der sich aus "Sicherheitsgründen" überwiegend in der DDR aufhielt, durfte sich allerdings nicht in Wandlitz ansiedeln.
Am 7. September 1960 verstarb Wilhelm Pieck, Staatspräsident der DDR und zugleich Mitglied des Politbüros. Ulbricht ergriff sofort die Gelegenheit zur Umsetzung der offenbar schon geraume Zeit vor Piecks Tod angestellten Überlegungen zur Abschaffung des Präsidentenamtes. Das noch am späten Nachmittag des 7. September zusammengerufene Politbüro bestätigte einen Gesetzentwurf zur Bildung des Staatsrates der DDR. Nach weiterer Diskussion im PB und nach Billigung auf einer außerordentlichen ZK-Tagung am 9. September 1960[136] passierte das Gesetz drei Tage später die Volkskammer[137]. Deren Abgeordnete wählten zum Vorsitzenden dieses -- dem sowjetischen Modell angeglichenen -- "kollektiven Staatsorgans" den1. Sekretär des ZK der SED, Walter Ulbricht, dem mit Otto Grotewohl und den Vorsitzenden der anderen Blockparteien der DDR mehrere Stellvertreter zur Seite standen. Im Grunde setzte der von der Volkskammer in jeder Legislaturperiode neu gewählte Staatsrat, dessen quantitative und qualitative personelle Konstitution keinen gesetzlichen Regeln unterlag, die bisherigen Amtsgeschäfte des Präsidenten fort. Im Laufe der folgenden Jahre in seiner Entscheidungsbefugnis wesentlich erweitert und aufgewertet, entzog sich das Gremium zunehmend der parlamentarischen Kontrolle durch die Volkskammer. [138]
Ulbricht, der nunmehr in Personalunion[139] an der Spitze der SED und als höchster staatlicher Repräsentant über die Geschicke des Landes entschied, hatte den Gipfel der Macht erreicht. Sein politisches Ende sollte erst nach über einem weiteren Jahrzehnt kommen, war allerdings weder mit einem Strukturwandel noch mit gesellschaftspolitischen Reformen verbunden.[140] Das Politbüro des ZK der SED agierte und funktionierte weiterhin in "bewährter" Manier, ohne wirksamen Widerspruch der Parteimitglieder und stets auf den Ersten bzw. den Generalsekretär fixiert, bis zur plötzlichen und endgültigen Implosion des politischen und gesellschaftlichen Systems der DDR im Jahr 1989. -- Die Beschreibung seiner Arbeitsweise und personeller Veränderungen in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren bleibt der geplanten Fortsetzung dieser Publikationsreihe vorbehalten.

Die schriftliche Überlieferung des Politbüros und ihre archivische Bearbeitung
Die Qualität des protokollierten Erbes des Politbüros und die Verfahrensweise seiner Archivierung sind im Teil 1 dieser Mikrofiche-Edition für die Jahre 1949 bis 1952 bereits ausführlich bewertet und beschrieben.[141] Gravierende Veränderungen sind für die Folgejahre nicht festzustellen, deshalb sollen hier lediglich die wichtigsten Erkenntnisse wiederholt oder präzisiert werden.
So sind auch für den Zeitraum von Januar 1953 bis Dezember 1960 die Ergebnisse der Beratungen regelmäßig in reinen Beschlußprotokollen dokumentiert, die den eigentlichen Sitzungsverlauf kaum belegen.[142] An Aussagekraft gewinnen die Protokolle durch die zu einzelnen Beschlüssen beigefügten Anlagen. Gemeinsam mit den Arbeitsprotokollen[143] und mit den im Bestand DY 30 überlieferten Materialien der Büros, Sekretariate, Kommissionen, Abteilungen und Arbeitsgruppen des zentralen SED-Apparates, mit den sie tangierenden Archivalien der zentralen staatlichen Ebene der DDR sowie mit Nachlässen von Partei- und Staatsfunktionären ausgewertet, zeichnen sie dem Nutzer letztlich doch ein aussagekräftiges Bild der historischen Entwicklung in der DDR und lassen viele der in den Protokollen recht spärlich begründeten Entscheidungen begreifbar werden.
Für die Ablage und die Archivierung aller in Vorbereitung und Vollzug der PB-Sitzungen entstandenen Unterlagen zeichneten das dem Büro des Sekretariats -- ab September 1953 dem Büro des Politbüros[144] unterstehende Protokollbüro bzw. ab August 1959 das "interne Parteiarchiv" (IPA)[145] verantwortlich. Die im Protokollbüro gültige Arbeitsordnung bestimmte neben der Herstellung der Tagesordnung und der Reinschrift der Beschlußprotokolle auch die Anfertigung und das Schreiben der Beschlußauszüge[146] und Rundschreiben des ZK für die Bezirks- und Kreisleitungen der SED, die Ablage der Tagesordnung der Sitzungen und der Vorlagen sowie die Registrierung der Protokolle und anderer offizieller Dokumente des Zentralkomitees.
Protokollauszüge erhielten in der Regel die Mitglieder von Politbüro und Sekretariat sowie jeweils der zuständige Abteilungsleiter des ZK zur Umsetzung des Beschlusses oder zur Information[147]. Die als Geheime Verschlußsache (GVS) oder Vertrauliche Verschlußsache (VVS) klassifizierten Dokumente gelangten gemäß der Arbeitsordnung des Politbüros nach Erledigung an das Büro für Beschlußkontrolle zur dortigen Registrierung und Ablage unter dem Namen des zur Rückgabe verpflichteten Empfängers. Zusätzlich erfolgten sowohl die Ablage der Beschlüsse nach sachthematischen Gesichtspunkten als auch ihre Erfassung in einer Beschlußkartei nach der entsprechenden Protokollnummer.
Das Prozedere der Übergabe bzw. der Versendung von Protokollen, Beschlüssen und Rundschreiben über die Allgemeine Abteilung des ZK der SED an die Vertreter der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland, den Hohen Kommissar der UdSSR in der DDR und später an das Zentralkomitee der KPdSU setzte sich auch in den fünfziger Jahren fort. Bedauerlicherweise werden die Materialien, die diese These stützen und mit letzter Beweiskraft untermauern könnten, noch immer in Moskau unter Verschluß gehalten.[148] Mit Beschluß vom 1. August 1956 nahm das Sekretariat des ZK "die Genossen Botschafter der DDR in den sozialistischen Ländern" in dem Empfängerkreis "bestimmter Beschlüsse und Materialien des Politbüros und des Sekretariats" auf. Florin erhielt gleichzeitig den Auftrag, mit Ulbricht zu klären, "welche Beschlüsse die Botschafter erhalten".[149]
Die per Arbeitsordnung des Protokollbüros nach unterschiedlichen Zeiträumen angewiesene Vernichtung des Arbeitsprotokolls mit den Tagesordnungen, der Vorlagen, der personell und sachthematisch abgelegten Beschlußauszüge einschließlich der dazugehörenden Beschlußkartei wurde nie realisiert, denn die Archivalien übernahm das - vor allem für die Bewältigung der schriftlichen Überlieferung von ZK, Politbüro und Sekretariat geschaffene - "interne Parteiarchiv" fast vollständig.
Die im IPA im Laufe der Zeit archivisch bearbeiteten und einfach verzeichneten PB-Protokolle gelangten zusammen mit den anderen dort archivierten Unterlagen durch eine Festlegung des Parteivorsitzenden der SED/PDS, Gregor Gysi, im Februar 1990 in das damalige Zentrale Parteiarchiv. Mit Vertrag vom 29. Dezember 1992, den die Partei des Demokratischen Sozialismus als Rechtsnachfolger der SED mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen hat, wurden die Bestände dieses Archivs in die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv eingebracht.
Die hier sofort einsetzende und über Jahre anhaltende intensive Benutzung und relativ unproblematische Auswertung der SED-Überlieferung in allen ihren Teilen hielt die Archivare der Stiftung von der Fortsetzung der für den Zeitraum 1949 bis 1952 praktizierten, arbeitsintensiven Zusammenführung von Arbeits- und Reinschriftenprotokollen der Politbüro-Sitzungen ab. Deswegen sind für die Jahre 1953 bis 1960 im vorliegenden Teil 2 der Mikrofiche-Edition jeweils mindestens zwei Bände pro Sitzung bezeichnet -- ein Band mit dem Reinschriftenprotokoll und entsprechenden Anlagen und der andere mit dem Arbeitsprotokoll, der Tagesordnung, Einladungen, Vor- und Anlagen sowie teilweise Kurzbiografien zu Personalentscheidungen. Insgesamt liegen für diese Zeitspanne 488 Protokolle und entsprechend 488 Archivalieneinheiten in der Serie der Reinschriftenprotokolle sowie 556 Archivalieneinheiten in der Serie der Arbeitsprotokolle vor.[150] Sie wurden in dieser Form zum Schutz der Originale und für Benutzungszwecke auf Mikrofiches aufgenommen und bilden nun die Grundlage der vorliegenden Mikrofiche-Edition.
Die zur Provenienz "Politbüro" gehörenden Beschlußauszüge, nicht behandelte Vorlagen, Rundschreiben und Informationen haben Mitarbeiter der Stiftung inzwischen ergänzend zu den Protokollserien benutzerfreundlich mit Findbüchern[151] erschlossen und aufbereitet.
Der ungehinderte Zugang zu den Materialien der obersten Führungsebene der SED hat das Entstehen zahlreicher Monografien und Quelleneditionen zu begrenzten Bereichen der Partei- und DDR-Geschichtsschreibung sowie von Presseveröffentlichungen und filmischen Reproduktionen gefördert. Während ausgewählte PB-Protokolle auch in edierter Fassung Eingang in manche Publikation gefunden haben, und ebenso das Zentralkomitee der SED selbst einige wenige Dokumente in einer Bandreihe[152] publiziert hatte, ist die Veröffentlichung einer umfassenden und geschlossenen Edition der Protokolltexte mit oder ohne Vor- oder Anlagen bisher nicht geschehen. Adäquate Planungen solcher Projekte sind bislang ebenso unbekannt.

Zur Numerierung der Protokolle
Die mit Nr. 1/53 beginnende und das laufende Kalenderjahr einschließende Zählung der Politbüroprotokolle ab dem 2. Januar 1953 ist bis zum Protokoll Nr. 84/53 vom 22. Dezember 1953 durchgehend. Das erste Protokoll des Jahres 1954 trägt die Nummer 1/54 und eröffnet die chronologische Durchzählung bis zum Protokoll Nr. 18/54. Nach dem IV. SED-Parteitag beginnen die Protokolle erneut mit Nr. 1/54, so daß für den Zeitraum vom 2. Januar bis zum 27. April 1954 jeweils zwei unterschiedliche Protokolle dieselbe Nummer[153] tragen. Wegen der daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der sachthematischen Erfassung der Beschlüsse in der Protokollnummernkartei verzichtete das Protokollbüro in der Folgezeit auf den Neubeginn der Numerierung nach einem Parteitag. Ab 1955 bis 1960 werden die Protokolle jährlich ab Nr. 1/... durchgehend mit Einbeziehung der beiden Endziffern des laufenden Sitzungsjahres gezählt.
Archivare sind nicht dazu berufen, solch originäre, aber nicht durchgehend alternierende Numerierung zu korrigieren. Die der Einleitung folgende Konkordanz soll einer möglichen Nummernverwirrung und Verwechslungen entgegenwirken. Allerdings schien es bei dieser Ausgangslage geboten, für die Indices nicht die originäre Numerierung der Protokolle, sondern die Archivnummern (der einzelnen Bände) zu verwenden.[154]

Zum Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte
Das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte wurde durch die weitgehend unveränderte Übernahme der Tagesordnungspunkte aus den Protokollen erstellt. Lediglich die Datierung wurde vereinheitlicht und die Archivsignaturen sind beigefügt.

Zur Anlage der Indices
Zum Personenindex bleibt zu bemerken, daß mit vertretbarem und auch mit darüber hinausgehendem Aufwand[155] bei solcher Fülle von Namen die sichere Identifizierung und damit die Zuordnung eines Vornamens nicht immer möglich ist. Auch Namensverschreibungen in den Texten können nicht in jedem Fall als solche erkannt werden.
Beim Sachindex handelt es sich im Prinzip um einen Index der Stichworte, um einen kumulierenden Stichwortindex, der verwandte und gleichartige Inhalte nicht über das ganze Alphabet verstreut, sondern bei einem oder mehreren Sammelbegriffen (zum Beispiel : Kirchen und Religionsgemeinschaften) zusammenfaßt. Das Prinzip Stichwortindex wurde also nicht dogmatisiert.
Personalpolitik und Propaganda waren wichtige Arbeitsschwerpunkte, aber die Tätigkeit des Politbüros wäre mit der Reduzierung auf diese Schwerpunkte keineswegs hinreichend beschrieben. Die zahlreichen Eintragungen zum Beispiel bei den Sammelbegriffen "Ernährung", "Gesetzgebung", "Landwirtschaft", "Löhne", "Preise", "Versorgungslage" belegen, in welch hohem Maße das Politbüro bereit war, sich auf vielen Sachgebieten auch um Details kümmern; den Anspruch erhob, für Alles zuständig zu sein. Das Arbeitsfeld Propaganda wird insbesondere bei den Sammelbegriffen "Kampagnen" und "Kundgebungen", auch bei "Ehrungen, Gedenktage, Jubiläen etc." deutlich. Die zahlreichen personalpoltischen Entscheidungen, Beteiligungen oder Bestätigungen sind im Sachindex an zwei Stellen untergebracht: zum einen beim Sammelbegriff "Personalfragen, Stellenbesetzungen, Überprüfungen etc. (außerhalb der SED)", zum anderen beim Sammelbegriff "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands > Personalfragen, Stellenbesetzungen, Überprüfungen etc. (innerhalb der SED)".
Die Einrichtung von Kommissionen und die Veranstaltung von Konferenzen oder die Steuerung von anderer Seite veranstalteter Tagungen waren spezifische Elemente kommunistischer Herrschaftstechnik; deshalb erschien es vertretbar und sinnvoll, die Sammelbegriffe "Kommissionen" und "Konferenzen, Kongresse und Tagungen" im Index zu verwenden.[156]
Die Liste der Abteilungen beim Sammelbegriff "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" > Zentralkomitee erhebt keinen Anspruch auf jegliche Erwähnung der Abteilungen des zentralen Apparates in den Protokollen. Sie soll insbesondere eine Vorstellung von Umfang, Differenzierung und personeller Ausstattung dieses zentralen Parteiapparates ermöglichen.[157]
Über den Sinn der und den Arbeitsaufwand für die Indices läßt sich trefflich streiten.[158] Die teilweise sehr knappen Protokolltexte ("Die Anlage 6 wird bestätigt") und die im Bedarfsfalle schlicht verschleiernden Formulierungen[159] erschweren die Erstellung brauchbarer Indices. Die Bearbeiter dieser Edition bleiben dennoch der Meinung, daß Mikrofiche-Editionen nur mit aufwendig zu erstellenden Indices von Nutzen sein können.

Quellenangaben:
[1] Die Überlieferung dazu in BArch DY 30/IV 1/2/1 bis 55.
[2] Vgl. dazu u. a. Andreas Malycha. Die Geschichte der SED. Von der Gründung 1945/46 bis zum Mauerbau 1961. In: Die SED. Geschichte - Orga-nisation - Politik. Ein Handbuch. Herausgegeben von Andreas Herbst, Gerd -Rüdiger Stephan, Jürgen Winkler. Berlin 1997. S. 36ff.; Rudolf Herrnstadt. Das Herrnstadt - Dokument. Herausgegeben von Nadja Stulz - Herrnstadt. Reinbek bei Hamburg 1990. S. 11ff.; Karl Schirdewan. Aufstand gegen Ulbricht. Berlin 1994. S. 44ff.
[3] Zu Organisation, Arbeitsweise und personeller Zusammensetzung des Politbüros für die Jahre 1949 bis 1952 siehe Mikrofiche - Edition der Protokolle des Politbüros des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (Teil 1: 1949 bis 1952). Herausgegeben von der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv. Bearbeitet von Elrun Dolatowski, Konrad Reiser und Simone Walther. Koblenz 1999. (Findbücher zu den Beständen des Bundesarchivs, Bd. 71). S. 19ff. Folgend zitiert als POLITBÜRO 1.
[4] Zu den Parteisäuberungen von 1948 bis 1951 siehe Malycha. S. 33ff.
[5] Der Prozeß gegen Rudolf Slansky (Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei) fand vom 20. bis 27. November 1952 statt und endete mit elf Todesurteilen gegen führende (v. a. jüdische) Funktionäre der KPC. Die von Stalin nach der Lossagung Jugoslawiens von sowjetischer Vormundschaft und Stalinismusmodell initiierten Säuberungen erfaßten die Sowjetunion und nahezu alle kommunistisch regierten Staaten in Mittel- und Osteuropa. Vgl. dazu u. a. Martin Jänicke. Der Dritte Weg. Die antistalinistische Opposition gegen Ulbricht seit 1953. Köln 1964. S. 24f.; Heinz Brandt. Ein Traum, der nicht entführbar ist. Mein Weg zwischen Ost und West. München 1967. S. 179ff.
[6] Protokoll und Anlagen in DY 30 IV 2/2/254. Über Konsequenzen in der DDR aus dem Prozeß hatte sich das PB schon am 25. November 1952 verständigt (DY 30/IV 2/2/249). Zum Beschluß "Lehren aus dem Prozeß gegen das Verschwörerzentrum Slansky" und zu Reaktionen darauf auch DY 30/IV 2/4/124 (ZPKK).
[7] Vgl. u. a. Brandt. S. 193ff.; Elke Scherstjanoi. "In 14 Tagen werden Sie vielleicht schon keinen Staat mehr haben". Vladimir Semenov und der 17. Juni 1953. In: Deutschland Archiv. Nr. 6/1998. S. 910. PB-Sitzung vom 17. März 1953 - TOP 2.
[8] Zur Biografie Dahlems siehe u.a. Helmut Müller - Enbergs, Jan Wielgohs, Dieter Hoffmann (Hg.). Wer war wer in der DDR ? Ein biographisches Lexikon. Berlin 2000.
[9] Siehe DY 30/IV 2/1/115, S. 235 bis 247; DY 30/IV 2/4/446, Bl. 114ff. Der entsprechende PB - Beschluß war bereits am 6. Mai 1953 gefaßt worden. - Die Absicht der "Verbannung" darf auch wörtlich genommen werden. Am 19. Mai 1953 lautet ein PB - Beschluß: "Genosse Schön wird beauftragt, die Übersiedlung des Genossen Dahlem innerhalb von 14 Tagen nach Weimar einzuleiten." -Dahlem wurde 1956 rehabilitiert. Siehe auch DY 30 IV 2/11/v. 5280/ 1 bis 3; Brandt, S. 200ff.
[10] So hatte das ZK auf seiner 13. Tagung u. a. eine zehnprozentige Erhöhung der Arbeitsnormen in der Industrie beschlossen und auch nach der Verkündung des "Neuen Kurses" nicht zurückgenommen. Vgl. Brandt, S. 212ff.
[11] Diese Differenzen bestanden seit 1951. Vgl. Herrnstadt, S. 15, 22. In den Beschlußprotokollen dieser Jahre sind sie kaum aktenkundig geworden.
[12] Siehe POLITBÜRO 1, S. 7.
[13] Ebenda, S. 7f.
[14] Mitglieder des Sekretariats zu diesem Zeitpunkt waren außerdem Hermann Axen, Edith Baumann, Hans Lauter, Otto Schön, Willi Stoph, Paul Verner, Kurt Vieweg und Herbert Warnke.
[15] Siehe DY 30/J IV 2/3/358 - TOP 1 (Anlage Nr. 1).
[16] Vgl. dazu Beschluß des PB vom 11. November 1952 "Über die Verbesserung der Arbeit der leitenden Organe und des Apparates des Zentralkomitees der SED", der dem Sekretariat einen wesentlich breiteren Raum als dem Politbüro einräumte (DY 30/IV 2/2/244 - TOP 6).
[17] Das PB tagte dagegen nur einmal pro Woche.
[18] Siehe dazu Beschluß des Sekretariats vom 29. Januar 1953 zu Aufgaben und Struktur des Büros des Sekretariats des Zentralkomitees (TOP 7, Anlage Nr. 5).
[19] Unmittelbar zuvor, am 27. Mai 1953 hatte die Moskauer Führung die Sowjetische Kontrollkommission aufgelöst und an ihrer Stelle einen Hohen Kommissar der UdSSR in Deutschland berufen (PB-Sitzung vom 30. Mai 1953 - TOP 1).- Damit verband sie eine Neuorientierung in der Deutschlandpolitik und Versuche zur "Lösung" der Krise in der DDR. Zu den sowjetischen Überlegungen und Entwicklungen vgl. Scherstjanoi, In 14 Tagen ... S. 918ff. und Das SKK - Statut: zur Geschichte der Sowjetischen Kontrollkommission in Deutschland 1949 bis 1953. Eine Dokumentation im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte zusammengestellt und eingeleitet von Elke Scherstjanoi. München 1998.
[20] Siehe PB-Sitzung vom 3. Juni 1953 - TOP 1. Der Moskauer Aufenthalt Ulbrichts, Grotewohls und Oelßners ist als "dienstlich verhindert" protokolliert.
[21] Zur Biografie u. a. Herrnstadt, S. 60 (Anmerkung 11); zur Teilnahme anPB-Sitzungen S. 61ff.
[22] Siehe außerordentliche PB-Sitzung vom 5. Juni 1953; auch NY 4090/699 (Nachlaß Grotewohl).
[23] Die Protokolle vom 5. und 6. Juni 1953 waren ursprünglich ohne Anlagen überliefert. Die sich nunmehr im jeweiligen Anhang befindlichen Unterlagen (handschriftliche Aufzeichnungen von Ulbricht und Grotewohl sowie Redebeiträge von Herrnstadt und Ebert) wurden 1991 aus dem Büro Ulbricht herausgelöst bzw. aus dem Nachlaß Grotewohl kopiert und dem Protokoll beigefügt.
[24] Zum Verlauf und zur Diskussion vgl. Herrnstadt, S. 62ff. Irrtümlich erinnerte Herrnstadt die Diskussionen nur für den 9. Juni 1953. Vgl. auch Elke Scherstjanoi. "Wollen wir den Sozialismus?" Dokumente aus der Sitzung des Politbüros des ZK der SED am 6. Juni 1953. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung (BzG) 5/1991. S. 658ff. Scherstjanoi irrt mit der Feststellung, das Protokoll vom 6. Juni sei entgegen der Regel nicht bestätigt worden (S. 660, Anmerkung 10). Die Bestätigung der Protokolle der außerordentlichen Sitzungen vom 5. und 6. Juni erfolgte auf der Sitzung am 9. Juni 1953 (TOP 5).
[25] Diese fanden nach der Erinnerung Herrnstadts am 25. oder 26. Juni und am 2. Juli 1953 statt. Siehe DY 30/IV 2/4/391 und DY 30/J IV 2/2J/3.
[26] Ebenda. Zu den Vorschlägen und zum Verlauf der Diskussionen, Herrnstadt, S. 105ff.
[27] Die Mehrzahl der Abteilungen unterstand direkt dem Sekretariat des ZK. Siehe Anmerkungen 16 und 17.
[28] Siehe DY 30/IV 2/4/391. Vgl. auch Wilfriede Otto. Dokumente zur Auseinandersetzung in der SED 1953. In: BzG 5/1990. S. 655ff.
[29] Zu den Auseinandersetzungen und Diskussionen im Führungszirkel der SED vgl. Herrnstadt, S. 70ff.
[30] Vgl. Herrnstadt, S. 59 (Anmerkung 9) und Scherstjanoi, In 14 Tagen, S. 935f.
[31] Vgl. auch Malycha, S. 42ff.
[32] Siehe DY 30 / IV 2/1/ 120f.
[33] Siehe Anmerkung 29.
[34] Herrnstadt wurde in die Dienstelle Merseburg des Deutschen Zentralarchivs strafversetzt. Dort starb er, schwer lungenkrank, am 28. August 1966. Im November 1989 erfolgte seine Rehabilitierung durch die ZPKK. Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 590.
[35] Zaisser erkrankte ebenfalls schwer und arbeitete bis zu seinem Tod am 3. März 1958 als Übersetzer am Marx - Engels - Lenin - Stalin - Institut und beim Dietz - Verlag. Er wurde erst im April 1993 von der Schiedskommission der PDS rehabilitiert. Siehe auch DY 30/3369, Bl. 74ff. und DY 30/IV 2/11/v. 519.
[36] Siehe PB-Sitzung vom 28. Juli 1953 - TOP 8. Im Zusammenhang mit der Verschwörungstheorie hatte das Politbüro schon einige Tage vor dem Plenum die Absetzung Zaissers als Minister für Staatssicherheit angeordnet. Gleichzeitig erfolgte die Degradierung dieses Ministeriums zu einem Staatssekretariat im Ministerium des Innern der DDR. Siehe PB-Sitzung vom18. Juli 1953 - TOP 3. Der entsprechende Beschluß der Regierung erging am 23. Juli 1953. Siehe BArch, DC 20/ I - 3/195. Seine erneute Umwandlung in ein Ministerium für Staatssicherheit erfolgte durch Ministerratsbeschluß (Präsidium) vom 24. November 1955. Siehe ebenda, DC 20/ I - 4/147f.
[37] Siehe DY 30/IV 2/4/388 bis 392.
[38] Siehe DY 30/IV 2/1/122 bis 124.
[39] Siehe PB-Sitzung vom 20. Juni 1953 - TOP 1.
[40] Siehe PB-Sitzung vom 26. Januar 1954 - TOP 10 und Anlage Nr. 4.
[41] Siehe PB-Sitzung vom 23. Juli 1953 - TOP 3.
[42] Siehe DY 30/IV 2/1/121, Bl. 116. In der Regel erfolgte die Neuwahl der Mitglieder von PB und Sekretariat nach einem Parteitag.
[43] Schirdewan, Leiter der ZK - Abteilung Leitende Organe der Partei und der Massenorganisationen, wurde unmittelbar vor seiner Wahl als Mitglied des ZK kooptiert.
[44] Stoph hatte ebenso wie Warnke bisher dem Sekretariat angehört.
[45] Im abgelösten Sekretariat waren elf Sekretäre tätig.
[46] Danach tagte das Sekretariat jeweils mittwochs, also am Tage nach der PB-Sitzung. Siehe DY 30/J IV 2/3/392 - TOP 1. Vgl. auch Anmerkung 56.
[47] Mückenberger, Oelßner, Schirdewan und Ulbricht.
[48] Zu Sekretären wurden außerdem Paul Wandel wieder- und der zuvor ins ZK kooptierte Gerhart Ziller neugewählt.
[49] Die nach der Wahl freien zwei Positionen sollten später nachbesetzt werden. Ackermann, Jendretzky und Schmidt erhielten im Januar 1954 schwere Parteistrafen und wurden teilweise schon vorher von allen leitenden Positionen entbunden. Siehe PB-Sitzung vom 12. Januar 1954 - TOP 2; auch DY 30/IV 2/1/125 sowie DY 30 IV 2/11/v. 1370, 2810 und 5350.
[50] Dies war bereits am Tage vor der ZK - Tagung im PB beschlossen worden.
[51] Schön stand bis dato dem Büro des Sekretariats vor. Siehe POLITBÜRO 1, S. 11ff.
[52] Siehe Anmerkung 57.
[53] Bis zum 3. Juni 1953 führte die stellvertretende Leiterin des Büros des Sekretariats, Gisela Trautzsch, Protokoll. Siehe POLITBÜRO 1, S. 12 (Anmerkung 22). Danach wechselten sich die Mitglieder und Kandidaten bis zur Sitzung am 23. Juli 1953 mit der Protokollführung ab.
[54] Siehe PB-Sitzung vom 28. Juli 1953 - TOP 3.
[55] Das Sekretariat beauftragte am 29. Juli 1953 Schirdewan und Schön mit der Erarbeitung einer Ordnung für die Arbeit des Politbüros und des zentralen Parteiapparates. Siehe DY 30/J IV 2/3/392, TOP 1.
[56] PB-Beschluß vom 15. September 1953 (Anlage zum Protokoll). Der Entwurf war am 9. September im Sekretariat bestätigt worden. Siehe DY 30/J IV 2/3/397 - TOP 1. Die Anlage gehörte ursprünglich nicht zum Protokoll. Sie wurde - wie auch die anliegende Struktur des Büros des Politbüros aus dem Jahr 1954 - im Zuge der Bearbeitung der Protokolle im "internen Parteiarchiv" hinzugefügt. Im Folgenden zitiert als GO.
[57] Zur früheren Geschäftsverteilung siehe POLITBÜRO 1, S. 20f.
[58] Siehe PB-Sitzung vom 24. März 1953 - TOP 2. In den Jahren 1953 und 1954 fanden jeweils fünf, 1955 zwei und von 1956 bis 1960 im Durchschnitt elf außerordentliche Sitzungen statt. Dabei lag das Jahr 1956 mit zwanzig außerordentlichen Sitzungen, davon allein fünf im März (XX. Parteitag der KPdSU) und vier im Oktober (Aufstand in Ungarn), weit darüber.
[59] Siehe PB-Sitzungen vom 20. und 21. Juni 1953. Siehe auch Beratungen am 6. März 1953 (Tod Stalins) und am 12. Juni 1956 (ordentliche und außerordentliche Sitzung). Am 20. Januar 1959 fand im Anschluß an die reguläre Tagung des PB eine "Geschlossene Sitzung" zur Regelung von Personalfragen statt.
[60] Siehe PB-Sitzung vom 6. November 1956 - TOP 4.
Es gab keine dokumentierte Regelung zur Festlegung der Sitzungsorte. Erst- und einmalig am 19. Juni 1956 (TOP 2) bestätigte das PB die vormittäglichen Sitzungen im Amtssitz des Präsidenten.
[61] Am 2. November 1956 tagte das Politbüro in der Volkskammer. Die Protokolle vom 5. Januar und 29. Juni 1954, 23. und 24. Juli 1956, 5. Februar 1958, 11. Dezember 1959, 3. September und 18. Oktober bis 28. Dezember 1960 bezeichnen keine Sitzungsorte. - Für die PB-Sitzung vom 12. Januar 1954 nennt das Protokoll "Waldhaus Prerow" als Tagungsort; vermutlich handelt es sich hier um eine Verschreibung. Die Sitzung könnte im Landhaus Prieros (Kreis Königs Wusterhausen) stattgefunden haben, das Wilhelm Pieck wenige Tage vorher bezogen hatte.- Siehe dazu Abbildung Nr. 1 (Seite 355) sowie Voßke, Heinz und Gerhard Nitzsche, Wilhelm Pieck, Biographischer Abriß. Berlin 1975, S. 372.
[62] Für den 5. Februar 1958 ist kein Sitzungsort vermerkt; eine außerordentliche PB-Sitzung am 18. September 1958 fand im Amtssitz des Präsidenten statt.
[63] Entsprechende Planungen sind seit April 1958 dokumentiert. Siehe Beschluß des Sekretariats vom 10. April 1958 - TOP 24. DY 30/J IV 2/3/597. Zum Umzugsplan vom 25. März 1959 siehe DY 30/J IV 2/3/635 - TOP 23.
[64] Auch hier gab es Ausnahmen: Während die außerordentliche Sitzung vom9. Oktober 1959 im Plenarsaal des ZK stattfand, blieben die Orte der beiden außerordentlichen Sitzungen vom 11. Dezember 1959 und 3. September 1960 unerwähnt. Mit dem 18. Oktober 1960 brach die Aufzeichnung der Sitzungsorte bis zum Ende des Jahres ab.
[65] Dem Geschäftsleiter, für dessen Anleitung der Leiter des Büros des PB zuständig war, sollten die Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, die Geschäftsabteilung, Abteilung Transport, Zentrag und Fundament unterstehen. Siehe GO, S. 11. -- Der Geschäftsleiter wurde nie eingesetzt.
[66] Das waren der Ausschuß für Deutsche Einheit, die Außenpolitische Kommission und die Kommission für Sicherheitsfragen. GO, S. 4.
[67] Vgl. Andreas Herbst. Führungsstrukturen und Führungskader der SED. In: Die SED. Geschichte - Organisation - Politik. A. a. O., S. 878ff.
[68] Grundlage bildete auch der Arbeitsplan des ZK. Siehe GO, S. 4.
[69] "Richtlinien für die Behandlung von Vorlagen für das Politbüro" (Anlage Nr. 7 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 28. April 1953). Siehe auch PB-Sitzung vom 24. März 1953 - TOP 2.
[70] Siehe GO, S. 4.
[71] Das 1. und 2. Exemplar erhielten Pieck und Grotewohl; es war nach Rückgabe zu vernichten. Das 3. Exemplar gelangte unter der Bezeichnung "Arbeitsprotokoll" nach Bestätigung durch Ulbricht zur Ablage im Protokollbüro. DY 30/Büro Politbüro, unbearbeitet (Arbeitsordnung des Protokollbüros; vermutlich im Zusammenhang mit der Arbeitsordnung des Apparates des ZK vom 29. Januar 1953 entstanden. Siehe Anmerkung 16).
[72] Erstmalig wies das Protokoll vom 7. September 1954 dieses Umlaufverfahren aus.
[73] Beschluß des Sekretariats des ZK der SED vom 21. November 1960. DY 30/J IV 2/3/713 (TOP 33).
[74] Grundlage für das in der DDR bis in die 80er Jahre hinein gängige Verfahren zur Herstellung von Kopien. - Nach einer Aufzeichnung einer Sekretärinnen - Besprechung vom 12. November 1959 waren Vorlagen für das Politbüro 27 -fach herzustellen (DY 30 / IV 2/ 2. 01/87).
[75] Siehe GO, S. 5. Der Protokollant hielt die "Sitzungsleitung" regelmäßig fest. Auf seiner 19. Tagung am 7. April 1954 beschloß das ZK ergänzend, daß Pieck, Ulbricht und Grotewohl sich untereinander über die jeweilige Sitzungsleitung verständigen sollten. Siehe DY 30/IV 2/1/130.
[76] Siehe Anmerkung 128.
[77] Siehe GO, S. 5.
[78] Siehe PB-Sitzung vom 27. September 1955 - TOP 2.
[79] Im Protokoll "Zur Sitzung hinzugezogen". Vgl. zu den "Hinzugezogenen" auch Herrnstadt, S. 77.
[80] Die Geschäftsordnung bestätigte die bereits auf der PB-Sitzung vom24. März 1953 unter dem dortigen TOP 2 getroffene Regelung.
[81] Sie wurden im Protokoll gesondert aufgeführt.
[82] Die Teilnahme sowjetischer Vertreter an den PB-Sitzungen blieb auf diese Zeit und auf den 4. Juli 1953 beschränkt, als der Mitarbeiter Semjonows, Miroschnitschenko, anwesend war. -- Bogomolow schreibt, er habe Semjonow zu den Politbüro - Sitzungen begleitet; siehe Alexander Bogomolow. Ohne Protokoll. Berlin 2000. S. 54. -- Seine Anwesenheit ist aber in den Protokollen nicht notiert und damit bleibt fraglich, ob die Anwesenheit sowjetischer "Freunde" immer in das Protokoll Eingang gefunden hat oder ob sie wirklich teilgenommen haben. - Vgl. dazu POLITBÜRO 1, S. 28 (Anmerkung 71).
[83] So verzeichnen die Protokolle zum Beispiel 26 Hinzugezogene am 8. März 1955, 35 am 25. Februar 1958 und 44 am 26. November 1958.
[84] In der Regel weisen die Protokolle ihre Bestätigung als formellen Akt aus. In seltenen Fällen gab es aber auch Korrekturen oder Ergänzungen.
[85] Die Reinschriftenprotokolle Nr. 1 bis 3/53 tragen die Unterschrift von Pieck und Grotewohl. Ab dem 20. Januar 1953 bis zum 6. Juni 1953 zog Ulbricht die Unterzeichnung offenbar auf seinen Tisch und unterschrieb gemeinsam mit Grotewohl. Die folgende Kritik an seinem selbstherrlichen Führungsstil ließ Ulbricht wohl auf die Abzeichnung verzichten -- vom 9. Juni 1953 bis zum 24. August 1953 unterzeichnete Grotewohl allein, danach in der Regel wieder gemeinsam mit Pieck. Ab dem 31. August 1954 ging die Unterzeichnungsfunktion auf den 1. Sekretär des ZK und damit Ulbricht über, denn der IV. Parteitag der SED hatte inzwischen den Wegfall der Ämter der Vorsitzenden des ZK beschlossen. Lediglich im Falle seiner Abwesenheit zeichneten Grotewohl bzw. Schirdewan die Protokolle. Das Protokoll vom 25. Juli 1960 blieb ohne Unterschrift.
[86] Nach der Arbeitsordnung des Protokollbüros. Vermutlich waren das 2. und 3. Exemplar ebenso wie die der Protokollentwürfe (siehe Anmerkung 73) für Pieck und Grotewohl vorgesehen. Wie mit diesen Protokollen letztlich verfahren wurde, ließ sich nicht ermitteln. Vgl. auch den folgenden Teilabschnitt zur schriftlichen Überlieferung.
[87] Mitarbeiter des Internen Parteiarchivs fügten diese im Zuge der Bearbeitung den Arbeitsprotokollen bei.
[88] Siehe GO, S. 5.
[89] Ebenda, S. 2.
[90] Vgl. dazu POLITBÜRO 1, S. 15.
[91] Vgl. dazu u.a. Wolfgang - Uwe Friedrich. Kaderpolitik als totalitäres Herrschaftsinstrument. Das Nomenklatursystem in der DDR. In: Diktaturvergleich als Herausforderung. Herausgegeben von Günther Heydemann. Berlin 1998; Matthias Wagner. Das Nomenklatursystem -- Hauptinstrument der Kaderpolitik der SED. Potsdam 1995.
[92] Daraus erklärt sich der überdurchschnittlich hohe Umfang personenbezogener Unterlagen im Anhang der Sekretariatsbeschlüsse.
[93] Zur Tagesordnung ausführlich POLITBÜRO 1, S. 13ff.
[94] Siehe Protokoll der Verhandlungen des IV. Parteitages der SED. 30. März bis 6. April 1954 in der Werner - Seelenbinder - Halle zu Berlin. Bd. 1. Berlin 1954; auch DY 30/IV 1/IV/1 bis 42.
[95] Siehe DY 30/IV 2/1/130.
[96] Schon vorher wurde der 1. Sekretär der SED - Bezirksleitung Berlin zu allen Fragen, die die Arbeit in dieser Stadt betrafen, zur Sitzung hinzugezogen. Vgl. GO, S. 5. - Neumann übernahm diese Funktion nach der Absetzung Jendretzkys.
[97] Zur Biografie u. a. DY 30/IV 2/11/v. 2425.
[98] Dieses Prinzip war nur scheinbar demokratisch, denn die zu wählenden Kan-didaten für die Parteigremien standen in der Regel bereits vor der Wahl fest.
[99] Vgl. zum Statut: Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Beschlüsse und Erklärungen des Zentralkomitees sowie seines Politbüros und seines Sekretariats. Band V. Berlin 1956. S. 90ff.
[100] Siehe DY 30/IV 2/1/145.
[101] Norden wurde unmittelbar vor der Wahl ins ZK kooptiert und zeichnete für die beim ZK gebildete Agitationskommission verantwortlich. Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 5427.
[102] Hager war zuständig für Bereiche Wissenschaft und Propaganda. Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 5319.
[103] Vgl. Malycha, S. 47f.
[104] 24. bis 27. Oktober 1955. Siehe DY 30/IV 2/1/154; auch Dokumente der SED, Bd. VI. Berlin 1958, S. 10.
[105] Vgl. Schirdewan, S. 76ff. Schirdewan hatte gemeinsam mit Ulbricht, Grotewohl und Neumann als Gast an den Beratungen des XX. Parteitages der KPdSU teilgenommen.
[106] PB-Sitzung vom 17. April 1956 - TOP 3 (Anlage Nr. 1 zur "Verbesserung der Arbeit des Politbüros").
[107] Siehe Abbildung Nr. 3 (Seiten 358 bis 361).
[108] PB-Sitzung vom 3. Juli 1956. Die Erklärung Oelßners ist im Beschlußprotokoll nicht vermerkt und konnte bisher in der SED - Überlieferung nicht ermittelt werden. Karl Schirdewan erhielt dieses Dokument von einem Historiker der Universität Cambridge, lieferte aber keinen Hinweis zur Herkunft. Siehe Schirdewan, S. 181ff.
[109] 27. bis 28. Juli 1956. Siehe DY 30/IV 2/1/161 bis 164.
[110] Siehe DY 30/IV 2/1/164. Vgl. auch Anmerkung 50.
[111] An der Parteibasis und vor allem in Intellektuellenkreisen (z. B. im Aufbauverlag) gingen die Auseinandersetzungen weiter. Vgl. dazu u. a. Malycha, S. 49ff.
[112] PB-Sitzung vom 1. Februar 1958 - TOP 2.
[113] 3. bis 6. Februar 1958. Siehe DY 30/IV 2/1/191 bis 199. Zur Beschlußfassung insbesondere Nr. 198.
[114] Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 5142 sowie DY 30/3369 und DY 30/IV 1/V/8. Karl Schirdewan wurde als Leiter der Staatlichen Archivverwaltung eingesetzt und zur Vorlesungstätigkeit an der Pädagogischen Hochschule Potsdam verpflichtet. In diesem Zusammenhang wurde der Innenminister beauftragt, den Dienstsitz der Archivverwaltung von Berlin nach Potsdam zu verlegen. Siehe Beschluß des Sekretariats des ZK vom 11. Februar 1958 - TOP 7 (DY 30/J IV 2/3/590).
[115] Siehe auch DY 30/IV 2/11/v. 2562 sowie DY 30/3369. Fred Oelßner leitete auf Beschluß des Sekretariats des ZK vom 11. Februar 1958 zunächst das Institut für Wirtschaftswissenschaften der Deutschen Akademie der Wissenschaften.
[116] Dazu zählten auch der im Sekretariat des ZK für Wirtschaft zuständige Gerhart Ziller, der sich am 14. Dezember 1957 das Leben nahm, sowie die stellvertretende Vorsitzende der Staatlichen Plankommission, Margarete Wittkowski. Vgl. Schirdewan, S. 92ff; zu Ziller auch DY 30/IV 2/11/v. 520.
[117] Siehe DY 30/IV 2/11/v. 4362.
[118] Siehe DY 30/IV 2/11/v. 1984 und DY 30/J IV 2/2 J/624.
[119] Neumann war bereits am 1. Februar 1957 (30. ZK - Tagung) zum Sekretär des ZK gewählt worden und gab damit seine Funktion als 1. Sekretär der Bezirksleitung Berlin der SED ab. Nachfolger wurde Hans Kiefert.
[120] Paul Wandel wurde schon auf der 33. ZK - Tagung im Oktober 1957 wegen mangelnder Durchsetzung der kulturpolitischen Linie der SED von seinem Amt als Sekretär des ZK für Kultur entbunden. Siehe DY 30/IV 2/1/185 bis 188; DY 30/IV 2/11/v. 5677; DY 30/3369.
[121] Zur Arbeitsverteilung im Sekretariat siehe DY 30/J IV 2/3/590 (Sitzung des Sekretariats vom 11. Februar 1958). Bei besonders wichtigen Fragestellungen verstärkten der Leiter der Wirtschaftskommission beim PB und der Vorsitzende der Kulturkommission beim PB die Runde. Siehe PB-Sitzung vom 1. Februar 1958 - TOP 2.
[122] Ebenda.
[123] Siehe DY 30/IV 2/1/199, Anlage Nr. 29 bis 34; auch PB-Sitzung vom 1. Februar 1958 - TOP 3. Der vom PB bestätigte Entwurf findet sich in DY 30/J IV 2/2 J/449.
[124] Siehe DY 30/IV 1/V/1 bis 40.
[125] Diese Zahl setzte sich aus den 111 Mitgliedern und 44 Kandidaten zusammen. Siehe PB-Sitzung vom 3. Juli 1958 - TOP 7. Der IV. Parteitag hatte 91 Mitglieder und 44 Kandidaten gewählt.
[126] Siehe DY 30/IV 2/1/206.
[127] Dem Sekretariat gehörten nur noch acht Mitglieder (Sekretäre) an, nachdem Fröhlich, zum Kandidaten des PB gewählt, aus dem Sekretariat ausgeschieden war.
[128] Anlage Nr. 1 zum Protokoll der PB-Sitzung vom 29. Juli 1958.
[129] Zur Zuständigkeit der ZK - Sekretäre ebenda, Anlage Nr. 2.
[130] Paul Verner nahm seit Mitte Februar 1959 auch in seiner Funktion als 1. Sekretär der Bezirksleitung Berlin der SED an den Sitzungen teil. Siehe PB-Sitzung vom 20. Januar 1959 - TOP 1.
[131] Bisher war dieses Privileg dem 1. Sekretär der Bezirksleitung Berlin vorbehalten.
[132] PB-Sitzung vom 28. Juli 1959 - TOP 11.
[133] 10. bis 13. Dezember 1959. Siehe DY 30/IV 2/1/229.
[134] Siehe DY 30/IV 2/11/v. 5570.
[135] PB-Sitzung vom 31. Mai 1960 ( TOP 3); vgl. auch Sitzung vom 28. August 1956 (TOP 18).
[136] Siehe PB-Sitzungen vom 7., 9. und 10. September 1960. Zur ZK - Tagung siehe DY 30/IV 2/1/244.
[137] 14. Tagung der Volkskammer am 12. September 1960 (3. Wahlperiode). BArch, DA 1/2384.
[138] Zur Rolle des Staatsrates vgl. Andreas Herbst, Winfried Ranke, Jürgen Winkler. So funktionierte die DDR. Band 2. Reinbek bei Hamburg 1994. - S. 994ff. Die Überlieferungen der Präsidialkanzlei und des Staatsrates der DDR befinden sich im Bundesarchiv unter den BestandsbezeichnungenDA 4 und DA 5.
[139] Die Koppelung des Amtes des Staatsratsvorsitzenden an das des 1. Sekretärs des ZK der SED blieb bis zum Ende der SED - Herrschaft bestehen.
[140] Vgl. dazu Monika Kaiser. Machtwechsel von Ulbricht zu Honecker: Funktionsmechanismen der SED - Diktatur in Konfliktsituationen 1962 bis 1972. Berlin 1997.
[141] Siehe POLITBÜRO 1, S. 22ff.
[142] Nur in Ausnahmefällen lassen sich den Protokollen Abstimmungen entnehmen. Siehe Protokolle der Sitzungen vom 23. Juli 1956 (TOP 1), vom 4. Dezember 1956 (TOP 6), vom 2. Juli 1957 (TOP 9) und vom 11. Januar 1958 (TOP 2).
[143] Vgl. Anmerkung 73. Die Arbeitsprotokolle enthalten in der Regel zusätzlich die Tagesordnung, Einladungen, Vorlagen und teilweise Kurzbiografien zu Personalentscheidungen.
[144] Vgl. die Beschreibung oben und Anmerkung 57.
[145] Siehe Beschluß des Sekretariats des ZK vom 19. August 1959. DY 30/J IV 2/3/653.
[146] Vgl. POLITBÜRO 1, S. 24.
[147] Für die Mitglieder des PB, des Sekretariats und ausgewählte Mitarbeiter des Parteiapparates stellte man zusätzlich Informationen zu verschiedensten Problemen bis hin zu Personalangelegenheiten zusammen. Vgl. POLIT-BÜRO 1, S. 24f.
[148] Vgl. ebenda, S. 23f. - Hinzuweisen bleibt in diesem Zusammenhang auch auf die häufigen Gespräche der führenden PB - Mitglieder mit den Vertretern der Sowjetunion. Bogomolov schreibt für den Zeitraum 1951 bis 1953, die Gespräche "wurden regelmäßig zwei- bis dreimal in der Woche geführt." (A. a. O. S. 29).
[149] Siehe Sitzung des Sekretariats des ZK vom 1. August 1956 - TOP 18 (DY 30/IV 2/3/522).
[150] Die Serien unterscheiden sich durch das "A" (für Arbeitsprotokoll) in der Signatur.
[151] Siehe dazu das Findbuch "Politbüro 1953 bis 1989 (Beschlußauszüge, nicht behandelte Vorlagen, Rundschreiben und Informationen). Bearbeitet von Sylvia Gräfe. Berlin 2000. Die darin verzeichneten Informationen sind nicht im Büro des PB entstanden; es handelt sich um Informationen des Instituts für Meinungsforschung bzw. des Ministerrats und von DDR-Ministerien an die Mitglieder des PB. Die für den Zeitraum 1953 bis 1978 überlieferten, im Protokollbüro entstandenen Informationen des Politbüros sind in einem separaten, zweibändigen vorläufigen Findbuch erfaßt.
[152] Dokumente der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Beschlüsse und Erklärungen des Zentralkomitees sowie seines Politbüros und seines Sekretariats. Band IV. Berlin 1954. -- Band V. Berlin 1956. -- Band VI. Berlin 1958. -- Band VII. Berlin 1961. -- Band VIII. Berlin 1962.
[153] Die Nummern 1/54 bis 18/54 wurden doppelt vergeben.
[154] Siehe dazu die dem Personen- und dem Sachindex vorausgestellten Hinweise.
[155] Die Bearbeiter danken den Kollegen aus der Abteilung DDR des Bundesarchivs und aus der Stiftung, die durch Hilfe bei der Identifizierung von Personennamen zur Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen haben.
[156] Damit ist freilich der Nachteil in Kauf zu nehmen, daß teilweise sehr Heterogenes unter einem Rubrum erscheint. Kommissionen des ZK und Kommissionen des Politbüros, die in den Protokollen auch Kommissionen des ZK genannt werden, sind an sich schon sehr verschiedenartig; langlebig oder kurzlebig, mehr oder weniger wichtig und bedeutend. Daneben gibt es Regierungskommissionen, gemischte Kommissionen etc., die anhand der Protokolle nicht immer klar zu unterscheiden sind. Für die Kommissionen des PB wird die Beständeübersicht der Stiftung, die 2003 erscheinen soll, mehr an Differenzierung bringen. Auch für Kommissionen des ZK und Konferenzen der SED gibt es im Bestnad DY 30 Überlieferungen.
[157] Für die fünfziger Jahre ließen sich konkrete Zahlen nicht ermitteln. Die Tendenz läßt sich dennoch deutlich darstellen: Am 5. August 1946 beschäftigte der zentrale Apparat der SED 550 hauptamtliche Mitarbeiter, am 31. März 1949 waren es 822 (DY 30/IV 2/ 22/12). Für den 30. September 1961 sind im zentralen Apparat (ohne die Abteilung Verkehr, ohne ZPKK, ohne Zentrale Revisionskommission, ohne "Parteileitung im Hause" und ohne Betriebsgewerkschaftsleitung) "787 politische Mitarbeiter" und "1044 technische Mitarbeiter nachzuweisen (DY 30 / J IV 2/3 A/ 818). In den weiteren 28 Jahren der Existenz des ZK blieb die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter in etwa konstant. 1971 gab es "2046 bestätigte Planstellen", für den 31. Dezember 1988 lassen sich "2064 bestätigte Planstellen" feststellen, von denen 1927 besetzt waren, davon "839 politische Mitarbeiter" und "1088 technische Mitarbeiter" (DY 30/2180).
[158] Vgl. dazu das Sachregister im Registerband der Materialien der Enquete -Kommission "Überwindung der Folgen der SED - Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit" (13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages); acht Bände in 14 Teilbänden. Herausgegeben vom Deutschen Bundestag. Baden - Baden 1999. Seite 2707.
[159] Im Protokoll der Sitzung vom 26. August 1953 lautet TOP 3: "Abwehr reaktionärer Rundfunkwesen" und der Protokolltext: "Der Vorlage wird zugestimmt (Anlage Nr. 2)." Nur aus der Anlage wird ersichtlich, daß damit "beim Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR ein spezieller Dienst zur Störung" von RIAS - und anderen westlichen Rundfunksendungen eingerichtet wurde.


Einleitung zu Band 3

Grundzüge der Entwicklung der SED und ihrer höchsten Organe von 1961 bis 1970
In den sechziger Jahren vollzogen sich in der DDR mit dem Versuch, das planwirtschaftliche System zu reformieren, gesellschaftliche Veränderungen. Im August 1961 erfolgte durch den Mauerbau eine Abriegelung der DDR nach dem Westen. Der 1960/1961 erreichte Tiefpunkt der DDR-Wirtschaft wurde überwunden, da die Unterbrechung der Flüchtlingswelle nach Westen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR führte. Die Lage in der ostdeutschen Industrie und Landwirtschaft verbesserte sich 1962 zwar leicht, trotzdem war es dringend erforderlich, die Effizienz der Wirtschaft zu erhöhen. Neue planwirtschaftliche Steuerungselemente und unkonventionelle Lösungen wurden benötigt. Eine Phase des Experimentierens in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen begann.
Die 14. Tagung des Zentralkomitees (ZK) im November 1961 orientierte darauf, in der DDR den Sozialismus "auf eigenen Grundlagen" zu errichten.[1] Am 20. Dezember 1962 behandelte das Politbüro Vorschläge einer Arbeitsgruppe für eine Wirtschaftsreform, die "Grundsätze eines ökonomischen Systems der Leitung und Planung der Industrie", und beschloss, hierzu weitere Maßnahmen einzuleiten.
Der VI. Parteitag der SED, der vom 15. bis 21. Januar 1963 in Berlin tagte, erklärte den "umfassenden Aufbau des Sozialismus" zur Hauptaufgabe der SED[2] und verkndete eine höhere Stufe der Einheit von Politik, Wissenschaft, Ökonomie und Landesverteidigung. Der Beschluss über die Aufgaben in der Industrie, im Bauwesen sowie im Transport-und Nachrichtenwesen leitete eine Wirtschaftsreform ein, die Wissenschaft und Technik fördern sollte, um die industrielle Basis zu modernisieren. Die Frage der Wiederherstellung der nationalen Einheit spielte ebenfalls eine bedeutende Rolle.
Der Parteitag verabschiedete das erste Programm der SED, welches eine Programmkommission zwischen 1958 und 1962 erarbeitet hatte und nach fast 17 Jahren das auf dem I. Parteitag 1946 angenommene programmatische Dokument "Grundsätze und Ziele der SED" ersetzte. Außerdem beschloss er ein neues Statut, was u. a. im Abschnitt IV "Die höchsten Parteiorgane" erstmalig festlegte, dass das ZK die Leiter der Abteilungen des Apparates des ZK bestätigen muss und zu speziellen Problemen weitere Gäste zu Tagungen einladen kann.[3] Außerdem bestimmte es, dass "mindestens einmal in sechs Monaten eine Plenartagung"[4] abzuhalten ist. Das alte Statut von 1954 legte noch einen Zeitraum von vier Monaten fest[5], damit wurde die Rolle des ZK weiter minimiert. Die SED definierte sich nun als Partei "der deutschen Arbeiterklasse und des werktätigen Volkes" und nicht mehr nur als "Partei der deutschen Arbeiterklasse"[6], womit ein neues Selbstverständnis demonstriert wurde. Bereits am 16. Dezember 1961 hatte das Sekretariat[7] des ZK beschlossen, eine Änderung im Statut zu veranlassen, der Name Stalin wurde aus der Präambel des letzten Abschnittes gestrichen. 1.881 Delegierte mit beschließender und 577 Delegierte mit beratender Stimme vertraten 1.652.085 Mitglieder und Kandidaten der SED. Sie wählten ein personell erweitertes und altersmäßig verjüngtes ZK, welches sich aus 121 Mitgliedern und 60 Kandidaten zusammensetzte. [8] Insbesondere jüngere Genossen, wie z. B. die 32-jährige Kandidatin des Politbüros Margarete Müller, kamen hinzu. Gleichzeitig nahm der Anteil der noch aus KPD oder SPD stammenden Genossen ab. Gegenüber dem 1958 gewählten ZK vergrößerte sich die Gruppe der Absolventen einer Fach- oder Hochschule von 30 auf 39 Prozent.[9]
Walter Ulbricht wurde auf der konstituierenden Sitzung des ZK am 21. Januar 1963 als Erster Sekretär bestätigt. Er führte bereits als Vorsitzender den am 10. Februar 1960 gebildeten Nationalen Verteidigungsrat der DDR und hatte nach dem Tod des DDR-Präsidenten Wilhelm Pieck im September 1960 den Vorsitz des neu geschaffenen, obersten staatlichen Führungsgremiums, des Staatsrates, übernommen. Damit besaß er eine immense Machtfülle. Dem neuen Politbüro gehörten folgende 14 Mitglieder an: Friedrich Ebert, Paul Fröhlich, Otto Grotewohl, Kurt Hager, Erich Honecker, Bruno Leuschner, Hermann Matern, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Albert Norden, Willi Stoph, Walter
Ulbricht, Paul Verner und Herbert Warnke. Außerdem wurden neun Kandidaten gewählt: Erich Apel, Hermann Axen, Karl-Heinz Bartsch [10], Georg Ewald, Gerhard Grüneberg, Werner Jarowinsky, Günter Mittag, Margarete Müller und Horst Sindermann. Außer Erich Apel, der erst auf der 13. Tagung des ZK im Juli 1961 Kandidat des Politbüros wurde und Gerhard Grüneberg, der auf dem 7. Plenum des ZK im Dezember 1959 gewählt worden war, gehörte keiner der genannten Kandidaten dem bisherigen Politbüro an. Mit ihnen rückten sieben neue und jüngere Funktionäre, von denen fünf ausgewiesene Agrar- und Wirtschaftsfachleute waren, ins Politbüro auf und stärkten somit den Anteil der Wirtschaftsexperten in der Führungsspitze der SED.[11] Neben dem Ersten Sekretär Walter Ulbricht wurden als Sekretäre des ZK gewählt: Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Erich Honecker, Günter Mittag, Albert Norden und Paul Verner. Alle Sekretäre gehörten gleichzeitig dem Politbüro an. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis, nach einem Parteitag auf einer Sitzung des Politbüros, die Arbeitsverteilung in diesem Gremium zu beschließen, erfolgte 1963 auf der Sitzung am 26. Februar nur im Rahmen der Festlegungen über die Organisierung der Parteiarbeit nach dem Produktionsprinzip die Erwähnung der Verantwortlichkeiten.[12]
Entsprechende Angaben finden sich bereits im Protokoll der 1. Tagung des ZK am 21. Januar 1963. [13]

Mitglieder des Politbüros
Walter Ulbricht: Erster Sekretär des ZK der SED, Leitung der Sitzungen des Politbüros, Vorsitzender des Staatsrates und des Nationalen Verteidigungsrates, seit 1965 Anleitung des Staatssekretariats für gesamtdeutsche Fragen [14]
Friedrich Ebert: Oberbürgermeister von Berlin
Paul Fröhlich: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Leipzig
Otto Grotewohl[15]: Vorsitzender des Ministerrates, Stellvertretender Vorsitzender des Staatsrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Kurt Hager: Sekretär des ZK, Leiter der Ideologischen Kommission, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Erich Honecker: Sekretär des ZK, seit 1963 Vertreter Walter Ulbrichts im Politbüro [16], Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Bruno Leuschner: Leiter der Kaderkommission
Hermann Matern: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission der SED, Erster Stellvertreter des Volkskammerpräsidenten, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Erich Mückenberger: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Frankfurt/Oder
Alfred Neumann: Vorsitzender des Volkswirtschaftsrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Albert Norden: Sekretär des ZK, Leiter der Agitationskommission im Politbüro
Willi Stoph: Erster stellvertretender Vorsitzender des Ministerrates der DDR, nach dem Tod Grotewohls Vorsitzender des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Paul Verner: Sekretär des ZK, Leiter der Jugendkommission im Politbüro
Herbert Warnke: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB

Kandidaten des Politbüros
Erich Apel: Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR
Hermann Axen: Leiter der Außenpolitischen Kommission im Politbüro, Chefredakteur des "Neuen Deutschlands" (1965-1966)
Georg Ewald: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Neubrandenburg
Gerhard Grüneberg: Sekretär des ZK, Leiter des Büros für Landwirtschaft
Werner Jarowinsky: Stellvertretender Leiter des Büros für Industrie und Bauwesen, Staatssekretär im Ministerium für Handel und Versorgung
Günter Mittag: Sekretär des ZK, Leiter des Büros für Industrie und Bauwesen
Margarete Müller: Mitglied der Bezirksleitung der SED Neubrandenburg, LPG-Vorsitzende
Horst Sindermann: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Halle

Mit dem Beschluss des Politbüros vom 26. Februar 1963 wurde die Leitung der Parteiarbeit nach dem auch in der Sowjetunion üblichen Produktionsprinzip auf allen Ebenen mit dem Ziel einer effektiveren Gestaltung der Arbeit eingeführt. [17] Langsam setzten sich neue Leitungsmethoden durch, personelle und strukturelle Veränderungen erfolgten. Die Parteiarbeit wurde auf allen Ebenen verstärkt und zusätzliche Leitungsgremien wurden geschaffen, womit eine Verbesserung der fachlichen Arbeit erreicht werden sollte. Neben hauptamtlichen SED-Funktionären wirkten in den neuen, führenden Parteigremien nun auch Fachleute verschiedenster gesellschaftlicher Bereiche, die intensivere, fachlich geprägte Diskussionen führten und neue Denkansätze vermittelten.
Entsprechend der Orientierung des XXII. Parteitages der KPdSU wurden beim Politbüro des ZK der SED zwei Büros und sechs Kommissionen neu gebildet. Diese Leitungsgremien hatten Beschlussvorlagen für das Politbüro zu Grundfragen der Politik, der Staatsführung und der Volkswirtschaft vorzubereiten und die Anleitung und Kontrolle der Parteiorganisationen im Staatapparat, in den Büros und Kommissionen der Bezirks- und Kreisleitungen der SED sowie im Büro für Industrie im Bundesvorstand des FDGB zu organisieren. Mit der Schaffung des Büros für Industrie und Bauwesen [18] sowie des Büros für Landwirtschaft [19] kam eine weitere Entscheidungs- und Beratungsebene zu den bisher bestehenden Gremien hinzu. In beiden Büros wirkten hauptamtliche Funktionäre, Mitglieder des ZK sowie Genossen leitender Positionen der Landwirtschaft und Industrie. Die jeweiligen Leiter konnten weitere Experten zur Mitarbeit bestimmen. Dem Büro für Industrie und Bauwesen gehörten die Sekretäre Günter Mittag (Leiter) und Werner Jarowinsky sowie die Leiter der Abteilungen Planung und Finanzen; Maschinenbau und Metallurgie; Grundstoffindustrie; Verkehrs- und Verbindungswesen; Gewerkschaften und Sozialpolitik; Leicht- und Lebensmittelindustrie; Bauwesen; Handel, Versorgung und Außenhandel sowie der Arbeitsgruppenleiter für Forschung und technische Entwicklung, Mitarbeiter der Abteilung Propaganda und der Agitationskommission beim Politbüro, Mitglieder des Zentralrates der FDJ und des Bundesvorstandes des FDGB, die Präsidenten der Ämter für Erfindungs- und Patentwesen sowie Material- und Warenprüfung an. Das Büro war in seiner Tätigkeit weitgehend selbstständig und trug in der kurzen Zeit seines Bestehens gegenüber dem Politbüro die zentrale Verantwortung für die Umsetzung der SED-Beschlüsse auf den Gebieten Industrie, Bauwesen, Verkehr, Verbindungswesen, Binnen- und Außenhandel. Ihm unterstanden die wirtschaftspolitischen Abteilungen und die Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik des ZK der SED. Das Büro für Landwirtschaft leitete Gerhard Grüneberg. Dreizehn weitere SED-Funktionäre, die u. a. im Landwirtschaftsrat beim Ministerrat der DDR und in agrarwissenschaftlichen Instituten wirkten, arbeiteten dort mit. Das Büro war der Abteilung Landwirtschaft des ZK der SED übergeordnet und für die Durchführung aller Parteibeschlüsse auf agrarpolitischem Gebiet, einschließlich des Wettbewerbes in der Landwirtschaft, der Analyse und Verallgemeinerung der Erfahrungen sowie der Kaderentwicklung verantwortlich.
Folgende sechs Kommissionen wurden ebenfalls neu ins Leben gerufen bzw. ihre bestehenden Aufgabengebiete erweitert: die Kommission für Agitation[20] und die Westkommission[21], jeweils geleitet vom Sekretär des ZK Albert Norden, die Ideologische Kommission[22], geleitet vom Sekretär des ZK Kurt Hager, die Außenpolitische Kommission [23], geleitet vom Kandidaten des Politbüros Hermann Axen, die Jugendkommission[24], geleitet vom Sekretär des ZK Paul Verner und die Frauenkommission[25], geleitet von Ingeburg Lange, die zugleich die Arbeitsgruppe Frauen des ZK führte. Die Kommissionen waren direkt dem Politbüro unterstellt und den zuständigen Abteilungen oder Arbeitsgruppen des ZK jeweils übergeordnet. Sie leiteten diese an, koordinierten und kontrollierten deren Arbeit. Die Kommissionen setzten sich aus Mitgliedern des ZK, Mitarbeitern des Partei- und Staatsapparates sowie aus Spezialisten der entsprechenden Bereiche zusammen, die sowohl auf haupt- als auch ehrenamtlicher Basis mitarbeiteten. Ihre Anzahl schwankte zwischen acht und 24. Hinzu kamen im August 1963 die Kaderkommission (Leiter Erich Honecker) und im Januar 1964 die Kommission für Papier- Partei- und Organisationsfragen[26] (Leiter Horst Dohlus). Beide Gremien waren wiederum beim Politbüro angesiedelt.
Nachdem der VI. Parteitag die Grundsätze der Wirtschaftsreform bestätigt und die Wirtschaftskonferenz des ZK der SED und des Ministerrates der DDR am 25. Juni 1963 die "Richtlinie für das neue Ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" verkündet hatte, wurden entsprechende Gesetze zur Realisierung erlassen. Das Reformkonzept wurde v. a. in der Verantwortung von Erich Apel, Günter Mittag und Wolfgang Berger erarbeitet. Sein Ziel bestand in der wissenschaftlich-technischen Modernisierung der DDR-Wirtschaft und der steten Steigerung der Arbeitsproduktivität, um die ökonomische Überlegenheit des sozialistischen deutschen Staates gegenüber der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen. Dieses sollte u. a. über die Stärkung der Befugnisse der Vereinigung der Volkseigenen Betriebe sowie der ihnen unterstellten volkseigenen Betriebe und über den Ausbau finanzieller Anreize ("System ökonomischer Hebel") realisiert werden.[27] Die Ökonomie sollte die entscheidende Rolle in der Gesellschaft spielen. Die Erfüllung der Volkswirtschaftspläne und die Steigerung der Effektivität wurden auch zum Maßstab für die Parteiarbeit. Politisch-ideologische Fragen spielten plötzlich eine untergeordnete Rolle. Die Planwirtschaft wurde jedoch nie in Frage gestellt.
Diese Reformbestrebungen zeigten bald Auswirkungen auf andere gesellschaftliche Bereiche. Bis 1965 entwickelte sich eine offenere politische Atmosphäre. Es kam kurzzeitig zur Liberalisierung der Jugend- und Kulturpolitik, was sich u. a. in der Neukonstituierung der Jugendkommission beim Politbüro unter der Leitung von Kurt Turba[28] und in der Erarbeitung eines Kommuniqués des Politbüros zu Fragen der Jugend [29] widerspiegelte. Am 4. Mai 1964 verabschiedete die Volkskammer das neue Jugendgesetz, welches Teile dieses Kommuniqués enthielt. Die Jugend sollte für die sozialistische Gesellschaft gewonnen werden, indem sie größere Freiheiten und Verantwortung erhalten sollte.
Auf kulturellem Gebiet entstanden kritische Kunstwerke, die zu Diskussionen über die gesellschaftlichen Verhältnisse anregten. 1964 erfolgte die Gründung des "Instituts für Meinungsforschung beim ZK der SED".[30]
Die neuen Konzepte konnten jedoch schwer mit dem alten Machtapparat umgesetzt werden. Innerhalb der SED existierte neben den reformbejahenden Kräften auch ein großer Teil von Funktionären aller Ebenen, der diesen Veränderungen abwartend oder ablehnend gegenüberstand. Zu ihnen gehörten überwiegend altgediente Parteikader, die kaum ökonomische Spezialkenntnisse vorweisen konnten und deren Aufgabenbereiche durch die Einsetzung der neuen Büros und der Kommissionen eingeschränkt wurden. Sachkompetenz zählte bei der Kaderauswahl plötzlich mehr als langjährige Parteitreue. Insbesondere die Sekretäre des ZK, der Bezirks- und Kreisleitungen und die Abteilungsleiter des ZK fürchteten um ihren Machtbereich und sahen darin ein Aufweichen der organisatorischen Geschlossenheit und ideologischen Fundierung der Partei.
In den Auseinandersetzungen um den Wirtschaftskurs der SED war Erich Apel als Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR eine der zentralen Personen, an der sich viele Konflikte festmachten. Für viele Probleme, die bei der Umsetzung der neuen Wirtschaftpolitik auftraten, wurde er persönlich verantwortlich gemacht. Im Politbüro war er auf Grund seines Lebensweges[31] ein Außenseiter. Mitglied der SED wurde er erst im März 1957, als er bereits als stellvertretender Minister für Maschinenbau tätig war. Mit seinem Freitod am 3. Dezember 1965 verloren die Reformer einen ihrer konsequentesten und kreativsten Vertreter.[32]
Ende 1965 geriet der Wandlungsprozess ins Stocken. Eine Korrektur der Reformversuche erfolgte durch ideologische Vorgaben von oben. Am 11. Oktober 1965 hatte das Sekretariat mit dem Beschluss "Zu einigen Fragen der Jugendarbeit und dem Auftreten der Rowdygruppen" der neuen Jugendpolitik eine klare Absage erteilt.
Die 11. Tagung des ZK, welche vom 15. bis 18. Dezember 1965 stattfand [33], beendete endgültig die Liberalisierungs- und Dezentralisierungstendenzen und hatte sowohl für die weitere kulturelle als auch für die wirtschaftliche Entwicklung große Bedeutung. In die Geschichte ging das Plenum als "Kahlschlag" der DDR-Kultur ein[34], da sich auf kulturellem Gebiet offen die Reformgegner durchsetzten. Auch Ulbricht schwenkte in seiner Schlussrede auf den Kurs der Kritiker ein.
In der Wirtschaftspolitik erfolgte ebenfalls ein leichter Kurswechsel, den bereits das Politbüro auf seiner Sitzung am 30. November 1965 beschlossen hatte[35], und damit die zweite Phase der Wirtschaftsreform, das Ökonomische System des Sozialismus (ÖSS) begründete. Es rückte die technologieorientierte Strukturpolitik in den Vordergrund. Die bisher dominierenden marktorientierten Steuerungselemente traten nun an die zweite Stelle.
Nach dem Plenum setzten erhebliche Restriktionen im Kulturbereich ein. Personelle Veränderungen erfolgten. Der Minister für Kultur Hans Bentzin wurde im Dezember 1965 und der Leiter der Jugendkommission des Politbüros Kurt Turba im Januar 1966 abgesetzt.
Strukturelle Änderungen im Partei- und Staatsapparat kamen hinzu. Die neuen Strukturpläne für den zentralen Parteiapparat wurden am 17. März 1966 im Sekretariat[36] bestätigt und am 14. Juni 1967[37] durch einen weiteren Beschluss präzisiert. 1969 arbeiteten 36 Abteilungen, drei Arbeitsgruppen des ZK, vier Institute der SED, der Dietz-Verlag, die Parteihochschule, die Zentrale Revisionskommission und die Zentrale Parteikontrollkommission im zentralen Parteiapparat. [38] Im Zusammenhang mit den Beschlüssen der 13. Tagung des ZK[39] erfolgte 1966 die Auflösung des Volkswirtschaftsrates und des Büros für Industrie und Bauwesen. Der Wirtschaftssekretär Günter Mittag und die ihm unterstehenden Abteilungen des ZK der SED verfügten nun wieder über die alleinige Machtausübung auf dem ökonomischen Sektor. Die Aufgaben des Büros für Landwirtschaft übernahm allmählich der Landwirtschaftsrat der DDR, ein Beschluss des Politbüros oder des Sekretariats zur Auflösung des Büros für Landwirtschaft existiert nicht.
Als neues Gremium entstand beim Politbüro auf Betreiben und zur Unterstützung Walter Ulbrichts im Dezember 1966 der "Arbeitskreis zur Planung der Strategie auf den Gebieten der Politik, der Wirtschaft und Kultur".[40] Neun Arbeitgruppen zu verschiedenen gesellschaftlichen Fragen nahmen ihre Arbeit auf: Außenpolitik (einschließlich Außenhandel, Deutschlandpolitik, Westberlin-Frage), Innenpolitik, Kulturpolitik, Wirtschaftspolitik, Wissenschafts- und technische Politik, Bildungssystem, Sozialpolitik, Geologie und Sozialistische Menschengemeinschaft. Wolfgang Berger leitete diesen bis 1971 existierenden Beraterkreis. Die Mitarbeiter, die im Meinungsstreit Lösungsansätze für die unterschiedlichsten Probleme erarbeiten sollten, gehörten dem ZK an oder waren ausgewiesene Fachleute verschiedenster Institutionen.
Der VII. Parteitag der SED, der vom 17. bis 22. April 1967 in Berlin tagte[41], bestätigte den bisherigen Wirtschaftskurs, forderte aber auch, ausgewählte Wirtschaftszweige, verstärkt zu fördern. Als Zwischenziel wurde das "entwickelte gesellschaftliche System des Sozialismus" definiert und der Sozialismus als eine relativ lange und eigenständige Phase auf dem Weg zum Kommunismus gesehen. Mit diesen theoretischen Gedanken unterschied sich die SED von denen der anderen sozialistischen Länder, insbesondere von denen der KPdSU, was zu Differenzen führte. Es wurden Änderungen und Zusätze am Parteistatut beschlossen, so wurden u. a. die Abschnitte, die die Tätigkeit der leitenden Parteiorgane nach dem Produktionsprinzip festlegten, entfernt. Erstmals wurde auf einem Parteitag die Sozialpolitik in der DDR charakterisiert, u. a. wurde die Fünf-Tage-Arbeitswoche angekündigt, die am 28. August eingeführt wurde. Ebenfalls erfolgte die Ankündigung der Erhöhung der Mindestrenten, des Kindergeldes sowie die Einführung einer freiwilligen Rentenversicherung. In der DDR sollte eine "sozialistische Menschengemeinschaft" entstehen.
2.072 Delegierte mit beschließender und 100 mit beratender Stimme vertraten 1.769.912 Mitglieder und Kandidaten der SED und wählten die obersten Gremien.
Walter Ulbricht wurde auf der konstituierenden Sitzung des ZK am 22. April 1967[42] als Erster Sekretär bestätigt. Dem neuen Politbüro gehörten folgende 15 Mitglieder an: Friedrich Ebert, Paul Fröhlich, Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Erich Honecker, Hermann Matern, Günter Mittag, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Albert Norden, Horst Sindermann, Willi Stoph, Paul Verner, Herbert Warnke, Walter Ulbricht. Seit dem letzten Parteitag waren vom Kandidatenstatus zum Mitglied aufgestiegen: Gerhard Grüneberg, Günter Mittag und Horst Sindermann.[43] Es erfolgte die Wahl von sechs Kandidaten: Hermann Axen, Georg Ewald, Walter Halbritter, Werner Jarowinsky, Günther Kleiber und Margarete Müller, damit reduzierte sich die Anzahl im Vergleich zu 1963 um drei Genossen. Insgesamt gehörten somit 21 Parteifunktionäre dem Politbüro an.
Als Sekretäre des ZK wurden, neben dem Ersten Sekretär Walter Ulbricht, erneut Hermann Axen, Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Erich Honecker, Werner Jarowinsky, Werner Lamberz, Günter Mittag, Albert Norden und Paul Verner gewählt. Außer Werner Lamberz[44], der erst auf der 14. Tagung des ZK im Dezember 1970 Kandidat und am 19. Juni 1971 Mitglied des Politbüros wurde, gehörten alle Sekretäre gleichzeitig dem Politbüro an.
Das Politbüro beschloss am 13. Juni 1967 folgende Arbeitsverteilung[45]:

Mitglieder des Politbüros
Walter Ulbricht: Erster Sekretär des ZK der SED, Leitung der Sitzungen des Politbüros, Vorsitzender des Staatsrates (bis 1973) und des Nationalen Verteidigungsrates (bis 1971, danach bis 1973 Mitglied [46], Anleitung des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen bei der Regierung der DDR
Friedrich Ebert: Oberbürgermeister von Berlin (bis 5. Juli 1967), Mitglied des Staatsrates und des Präsidiums der Volkskammer
Paul Fröhlich: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Leipzig
Gerhard Grüneberg: Sekretär des ZK, Mitglied des Landwirtschaftsrates und des Forschungsrates der DDR
Kurt Hager: Sekretär des ZK, Leiter der Ideologischen Kommission beim Politbüro, Mitglied des Forschungsrates der DDR und des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Erich Honecker: Sekretär des ZK, Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (bis 1971), Wahrnehmung der Aufgaben im Politbüro bei Abwesenheit Walter Ulbrichts
Hermann Matern: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission der SED, Erster Stellvertreter des Volkskammerpräsidenten, Verbindung zur KPD, Arbeit mit den Blockparteien, Komitee der antifaschistischen Widerstandskämpfer, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (bis 1971)
Günter Mittag: Sekretär des ZK, Mitglied des Staatsrates und Forschungsrates der DDR
Erich Mückenberger: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Frankfurt/Oder, Mitglied des Präsidiums der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft
Alfred Neumann: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Minister für Materialwirtschaft, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Albert Norden: Sekretär des ZK, Leiter der Agitationskommission beim Politbüro, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Horst Sindermann: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Halle
Willi Stoph: Vorsitzender des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Paul Verner: Sekretär des ZK, Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Berlin
Herbert Warnke: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB

Kandidaten des Politbüros
Hermann Axen: Sekretär des ZK, Leiter der Außenpolitischen Kommission beim Politbüro, Mitglied der Agitationskommission beim Politbüro (1963-1971)
Georg Ewald: Mitglied des Ministerrates, Vorsitzender des Landwirtschaftsrates der DDR
Walter Halbritter: Leiter des Amtes für Preise beim Ministerrat der DDR
Werner Jarowinsky: Sekretär des ZK
Günther Kleiber: Staatssekratär für die Koordinierung und Leitung des Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung beim Ministerrat der DDR
Margarete Müller: Mitglied der Bezirksleitung der SED Neubrandenburg, LPG-Vorsitzende, Mitglied des Landwirtschaftsrates der DDR

Arbeitsverteilung im Sekretariat[47]
Walter Ulbricht: Erster Sekretär des ZK der SED, Gesamtleitung, Arbeitskreis zur Planung der Strategie auf den Gebieten der Politik, der Wirtschaft und Kultur (1966-1971), Sicherheitsfragen
Erich Honecker: Vertreter Walter Ulbrichts im Sekretariat,
Organisations- und Kaderfragen, Jugend, Sport, Frauen, Redaktion "Neuer Weg"
Hermann Axen: Internationale Beziehungen (Parteibeziehungen)
Gerhard Grüneberg: Landwirtschaft
Kurt Hager: Wissenschaft, Kultur, Volksbildung, Gesundheitswesen, Verlagswesen, Redaktionskollegium "Einheit"
Werner Jarowinsky: Handel, Versorgung, Außenhandel
Werner Lamberz: Agitation und Propaganda, Institut für Meinungsforschung beim ZK der SED
Günter Mittag: Industrie, Bauwesen, Verkehr, Planung und Finanzen, Forschung und Technik, Sozialistische Wirtschaftsführung, Gewerkschaften
Albert Norden: Westabteilung, Westkommission, Nationalrat, Auslandsinformation, Friedensrat
Paul Verner: Kirchenfragen

Auf dem VII. Parteitag unterbreitete Walter Ulbricht den Vorschlag, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Seit Juni 1967 erarbeitete eine nicht öffentliche Arbeitsgruppe [48] die Rohfassung. Erst nachdem diese vorlag, schlug Ulbricht am 1. Dezember in der Volkskammer vor, eine Kommission zur Erarbeitung eines Entwurfes einzusetzen. Diesen präsentierte Walter Ulbricht bereits am 29. und 30. Januar 1968 den Teilnehmern der 4. Tagung des ZK der SED. [49] Einen Tag später erläuterte er den Entwurf der Volkskammer, um ihn anschließend öffentlich diskutieren zu lassen. Am 6. April fand die Volksabstimmung über die sozialistische Verfassung der DDR statt, an der sich 98,1 Prozent der abstimmungsberechtigten Bürger beteiligten, 94,54 Prozent stimmten zu. [50] Am 8. April trat diese auf die neue Entwicklungsetappe zugeschnittene Verfassung in Kraft. Artikel 1 definierte die DDR als sozialistischen Staat deutscher Nation und sanktionierte erstmalig verfassungsrechtlich das Führungsmonopol der SED. [51] In ihr kamen aber die realen Machtverhältnisse, die vorherrschende Rolle des Parteiapparates auf allen Ebenen und die immense Machtfülle des Politbüros nicht zum Ausdruck. Auch über die innere Ordnung der SED finden sich keine Aussagen, da die Partei kein Verfassungsorgan verkörperte. Sie blieb damit außerhalb des Regelungsanspruches der Verfassung. Innerparteiliche Fragen oder Auseinandersetzungen unterlagen nicht der staatlichen Rechtssprechung.
Bereits am 12. Januar 1968 hatte die Volkskammer in der 2. Lesung das Strafgesetzbuch der DDR [52] beschlossen und damit eine umfassende Kodifikation des "sozialistischen Rechts" in der DDR vorgelegt.
Mit großer Skepsis betrachteten die führenden SED-Funktionäre die Reformbestrebungen in der CSSR. Sie befürchteten ein Aufweichen des Sozialismus im Nachbarland, dessen Austritt aus dem Militärbündnis des Warschauer Vertrages und ein Ausbreiten der Reformideen in der DDR. So unterstützten sie den sowjetischen Kurs und begrüßten sowohl den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR in der Nacht zum 21. August 1968 als auch die folgenden militärischen Auseinandersetzungen. Truppen der NVA nahmen aber nicht direkt an der Intervention teil, sondern blieben in Bereitschaft an der Grenze stationiert.
Mit dem gewaltsamen Abbruch des "Prager Frühlings" kamen auch die Reformversuche in der DDR endgültig zum Erliegen. Stagnationstendenzen, insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet, verstärkten sich wieder.
Außenpolitisch bahnten sich jedoch Veränderungen an, auch wenn weiterhin die Vorgaben der Sowjetunion (Breshnew-Doktrin) die Außenpolitik bestimmten. Die DDR schloss mit den sozialistischen Ländern Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand und bemühte sich um internationale Anerkennung. Es galt, die "Hallstein-Doktrin", die diplomatische Blockade der DDR, zu durchbrechen. In einigen asiatischen und afrikanischen Staaten errichtete die DDR Handelsbüros, die später in Handelsvertretungen umgewandelt wurden. Generalkonsulate öffneten.
Insbesondere im Verhältnis zur Bundesrepublik traten Änderungen ein. Ging die SED-Führung bis Mitte der sechziger Jahre noch von der Existenz einer einheitlichen deutschen Nation in zwei Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen aus und betrieb eine Deutschlandpolitik mit dem Ziel der Wiedervereinigung, so setzte sich Ende der sechziger Jahre die Ansicht durch, gleichberechtigte, von den Normen des Völkerrechts geprägte Beziehungen zur Bundesrepublik aufzubauen.
Die Handelsvereinbarungen vom 6. Dezember 1968 führten nicht nur zu einer dynamischen Entwicklung des Warenaustausches, sondern belebten auch den deutsch-deutschen Annäherungsprozess. Die "Neue Ostpolitik" der seit Oktober 1969 agierenden Sozial-Liberalen Koalition in Bonn zielte zwar in erster Linie nach Osteuropa, sollte aber auch die DDR einbeziehen. Neue Chancen ergaben sich, als die Sowjetunion Verhandlungen mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland aufnahm.
Erstmalig trafen sich die Regierungschefs beider deutscher Staaten 1970 in Erfurt und Kassel, um Meinungen auszutauschen. Diese Gipfeltreffen brachten zwar keine konkreten Ergebnisse, signalisierten aber die Bereitschaft beider Partner, die politische Sprachlosigkeit zu beenden [53] und waren der Beginn des deutsch-deutschen Dialogs. Die sowjetische Führung verfolgte diesen argwöhnisch, da sie einen deutschen Sonderweg ablehnte.
Seit Sommer 1970 betrieb Honecker mit Hilfe politischer Intrigen und Denunziationen aktiv die Ablösung Ulbrichts. [54] Am 8. September behandelte das Politbüro einen Beschluss zur Analyse über Plandurchführung im ersten Halbjahr 1970. [55] Dort erfolgte bereits eine heftige Kritik der bisherigen Wirtschaftspolitik, insbesondere der Strukturpolitik. Fragen der Rohstoffversorgung wurden problematisiert, eine Erhöhung der Exporte sowie eine Reduzierung der Importe vorgeschlagen und eine Steigerung der Konsumgüterproduktion gefordert.
Den direkten Wechsel an der Parteispitze leitete die 14. Tagung des ZK vom
9. bis 11. Dezember 1970 ein. [56] Paul Verner und Willi Stoph kritisierten erneut, nun im Rahmen eines ZK-Plenums, Ulbrichts Wirtschaftspolitik. Strukturpolitische Fehlentscheidungen, Planrückstände, Disproportionen, und Versorgungsschwierigkeiten wurden u. a. angeprangert. Im Schlusswort bekannte sich Ulbricht zu Fehlern bei der Planung und räumte Schwierigkeiten ein, hielt aber an der politischen Grundlinie fest. Damit wollte er auch Vorwürfe gegenüber seiner Person zurückweisen. Dieses Schlusswort wurde nicht veröffentlicht. Nur im Kommuniqué des "Neuen Deutschlands" fand der Leser Hinweise, ohne jedoch die Rede vollständig lesen zu können. Bis zu Ulbrichts endgültigem Sturz sollten noch weitere vier Monate vergehen. Diese Zeit zu beschreiben, bleibt der Fortsetzung dieser Publikationsreihe vorbehalten.

Das Politbüro und das Sekretariat des ZK
Das politische Büro, das Politbüro leitete die Arbeit zwischen den Tagungen auf der Grundlage halbjähriger Arbeitspläne und legte auf den Tagungen des ZK regelmäßig Rechenschaft über seine Tätigkeit ab.
Die Arbeitsordnung [57] regelte die Arbeitsweise des Apparates des ZK, insbesondere die Befugnisse der Abteilungen. In der überarbeiteten Fassung, verabschiedet am 29. Juni 1966 [58] im Sekretariat, galt weiterhin der Grundsatz "das Politbüro bzw. das Sekretariat legt fest und danach wird gearbeitet". [59] Die Beschlüsse, Rundschreiben und Weisungen des Politbüros, wie z. B. die Richtlinien für die Arbeit mit den Verschlusssachen im Parteiapparat [60], die Richtlinien für die Einreichung von Vorlagen für das Politbüro und für das Sekretariat [61] oder die Richtlinien für die Parteiinformationen [62] waren für die Tätigkeit der Zentrale und der regionalen Ebene bindend.
Ende der Sechziger Jahre kristallisierte sich folgende Aufgabenverteilung zwischen Politbüro und Sekretariat heraus. Das Politbüro war das politisch führende Organ und beschäftigte sich mit allen Grundfragen der Politik der SED, der Staatsführung, der Sicherheit, den internationalen Beziehungen, der Wirtschaft, der Kultur, der Bildung und der Gesundheit. Entsprechend dem Arbeitsplan und unter Berücksichtigung aktueller Gegebenheiten legte Walter Ulbricht [63] die Tagesordnung fest und leitete die wöchentlich, in der Regel dienstags, durchgeführten Sitzungen. Ab dem 21. November 1960 galt die Festlegung, die Vorlagen und Informationen für das Politbüro in 27 Exemplaren abzugeben. In den neu gefassten Richtlinien für Vorlagen für das Politbüro vom 29. Juli 1964 und 29. Juni 1966 [64] waren diese stets in 25-facher Ausfertigung bis spätestens um 10.00 Uhr am Freitag vor der nächsten Sitzung im Büro des Politbüros abzugeben.
Das Sekretariat war seinem Wesen nach ein Organ des Politbüros, es übernahm die laufende Arbeit, bereitete Beschlüsse, insbesondere zu parteiorganisatorischen und kaderpolitischen Fragen vor und kontrollierte deren Erfüllung. Einen Teil der Kaderfragen entschied das Sekretariat selbstständig. Es kontrollierte vor allem die Durchführung der Beschlüsse des ZK und des Politbüros und koordinierte die laufende Arbeit des Parteiapparates, insbesondere die Anleitung aller Abteilungsleiter des ZK. [65] Jeder gewählte Sekretär war für bestimmte Gebiete der Parteiarbeit zuständig und arbeitete hauptamtlich im Parteiapparat. [66] Ende der sechziger Jahre leitete Erich Honecker die Sitzungen des Sekretariats, welche jeweils am Mittwoch jeder Woche, einen Tag nach der Sitzung des Politbüros, stattfanden. Vorlagen waren in 13-facher Ausfertigung bis spätestens um 12.00 Uhr am Freitag, ab 29. Juni 1966 bis um 10.00 Uhr vor der Sitzung im Büro des Politbüros abzugeben. In der Richtlinie für die Vorlagen für das Politbüro und das Sekretariat des ZK war außerdem genau geregelt, wer in welcher Form Vorlagen einreichen durfte.

Das Archivgut des Politbüros und seine Archivierung
Die Quantität und Qualität der schriftlichen Hinterlassenschaft des Politbüros sowie deren Archivierung sind in den bisher publizierten Teilen der Mikrofiche-Edition ausführlich erläutert worden, deshalb folgen an dieser Stelle nur einige ergänzende Anmerkungen.
Für die Anfertigung der Sitzungsprotokolle des Politbüros und die Ablage war das Büro des Politbüros zuständig. Deren Leiter Otto Schön (1953-1968), Gisela Glende [67] (geborene Trautzsch, 1968-1986) und Edwin Schwertner (1986-1989) trugen auch die Verantwortung für die administrativ-technische Vorbereitung und für die Protokollierung [68] der Sitzungen des Politbüros und des Sekretariats. Dem Büro des Politbüros oblagen die Verteilung, der Versand und die Archivierung der Vorlagen, der Beschlüsse, der parteiinternen Lesematerialien, der Informationen, der Rund- und Fernschreiben an Funktionäre im zentralen sowie regionalen Partei- und Staatsapparat entsprechend den Vorgaben der SED-Führung. In seinen Kompetenzbereich fielen die Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit der Parteiführung, die Anleitung und Kontrolle der Büros der Sekretariate in den Bezirksleitungen der SED und die Sicherung des Parteischriftgutes auf zentraler und regionaler Ebene. Außerdem war der Leiter des Büros für die Einstellung technischer Mitarbeiter zuständig.
Die Archivierung der Arbeits- und Reinschriftenprotokolle, Beschlussauszüge, Rundschreiben des Politbüros und Informationen für das Politbüro erfolgte im Internen Parteiarchiv (IPA), welches auf Beschluss des Sekretariats des ZK vom 19. August 1959 im Büro des Politbüros eingerichtet wurde.[69]

Beschlussauszüge des Politbüros
Beschlussauszüge wurden als "Vertrauliche bzw. Geheime Verschlusssachen" [70], für führende Funktionäre des Staats- und Wirtschaftsapparates und der Massenorganisationen sowie für Mitglieder und Kandidaten des ZK, Politbüros, Sekretariats und für die Abteilungsleiter, die für die Durchsetzung der entsprechenden Beschlüsse verantwortlich waren, aus den Sitzungsprotokollen des Politbüros angefertigt. Von den Sekretärinnen im Protokollbüro (ab 1987 Beschlussbüro genannt) wurden die Auszüge auf einem Standardformular[71] hergestellt und über einen im Arbeitsprotokoll festgelegten Verteilerschlüssel an die betreffenden Funktionäre der jeweiligen Partei- und Staatsgremien "persönlich" oder über "Kurier" weitergeleitet. Diese Unterlagen waren nach termingerechter Umsetzung an den Leiter des Büros des Politbüros zurückzugeben.[72] Im Protokollbüro wurde jeweils ein Exemplar des Beschlussauszuges[73] gesondert von den Inhaltsverzeichnissen, Arbeits- und Reinschriftenprotokollen, Informationen, Rundschreiben und nicht behandelten Vorlagen jahrgangsweise nach sachlichem Gesichtspunkt (nicht nach Sitzungsdatum), ab 1968 nach Aktenplan-Nummer[74], lose in Mappen abgelegt. Bei Bedarf konnte der Leiter des Büros des Politbüros Einzelbeschlüsse für die politische und operative Arbeit der SED-Führung und zur Beschlusskontrolle abrufen. Da im Protokollbüro der entsprechende Platz zur dauernden Aufbewahrung fehlte, wurden die Beschlussauszüge jährlich[75] dem Politbüroarchiv übergeben. Dort erfolgte lediglich eine Umbettung in Stehordner, deren Beschriftung und Einlagerung in den Magazinbereich. Der Zugriff erfolgte über den Leiter des Büros. Eine Bewertung oder Erschließung war nicht vorgesehen.
Obwohl der Inhalt der Auszüge auch in den Arbeits- und Reinschriftenprotokollen überliefert ist, enthalten die Beschlussauszüge weitergehende Informationen. Nicht selten wurden ihnen Umlaufvorlagen, Anlagen, nicht behandelte Vorlagen und Mitteilungen, Lesematerialien, Berichte, Informationen für die Politbüromitglieder beigefügt, die in den Arbeits- und Reinschriftenprotokollen fehlen. Die Auszüge enthalten wesentliche Angaben über den Verteilerschlüssel (Festlegung der Verantwortlichkeit), Bearbeitungsvermerke (z. B. Streichungen von Beschlusspunkten, Präzisierung von Formulierungen) sowie Details und Hinweise zur Umsetzung der Beschlüsse.

Rundschreiben des Politbüros
Einzelbeschlüsse des Politbüros wurden, mit einem Anschreiben versehen, vom Generalsekretär/Ersten Sekretär über den Leiter des Büros des Politbüros als Rundschreiben an gewählte Organe und Funktionäre der SED, die diese zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben benötigten, verschickt. Jeweils ein Exemplar gelangte in die Ablage und wurde im Protokollbüro getrennt von den Beschlussauszügen in Mappen abgelegt. Nach zwei Jahren kamen sie ins Politbüroarchiv, wurden dort zu Akten formiert, einfach verzeichnet und erhielten jeweils eine Signatur. Die Rundschreiben belegen die Informationspraxis der Parteiführung. Es kann nachvollzogen werden, ob ein Beschluss in vollem Wortlaut als "vertrauliche" oder "geheime Verschlusssache" oder als "parteiinternes Material" ausgezeichnet weitergegeben und welcher Personenkreis über den Inhalt eines Beschlusses informiert wurde. Aus aktuellem Anlass kam es zur Versendung chiffrierter Fernschreiben an einen festgelegten Funktionärskreis. Diese für die politische Arbeit übermittelten Direktiven, Berichte, Mitteilungen, Empfehlungen und Anweisungen wurden sehr sporadisch zusammen mit den Rundschreiben abgelegt. Fernschreiben des ZK sind ebenfalls in den Protokollen des Politbüros, des Sekretariats, im Büro- und Abteilungsschriftgut überliefert.

Informationen für das Politbüro[76]
Neben der Tagesordnung und den Vorlagen erhielt ein Politbüromitglied mit der Einladung auch zusätzliche Informationen, angefertigt in Organisationseinheiten des Partei-, Staats-, und Wirtschaftsapparates, die als "geheime und vertrauliche Mitteilungen" zu verschiedenen Sachfragen vorlagen. Sie hatten keinen Beschlusscharakter, sondern informierten überwiegend über Aufgaben und Probleme bei der Realisierung der Beschlüsse des Politbüros und Sekretariats in den Bereichen des Ministerrates der DDR, in den Ministerien sowie in den Abteilungen des ZK. Die Informationen für das Politbüro waren parteiinterne, vertrauliche Arbeitsunterlagen, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Sie wurden mit einem kurzen Anschreiben oder auf der ersten Seite des jeweiligen Dokuments mit einer Zuschreibung für die "Mitglieder und Kandidaten des Politbüros" von Walter Ulbricht und ab 1971 von Erich Honecker versehen. Beide entschieden nicht nur über den Zeitpunkt der Kenntnisnahme sondern auch, ob die Informationen in ihrer Ablage, im Büro des Politbüros oder im Internen Parteiarchiv aufzubewahren waren. Nicht selten gingen die Informationen urschriftlich an die Verfasser zurück, da diese sie für die weitere Arbeit benötigten oder weil sie der Geheimhaltung unterlagen.

Weiterentwicklung der Schriftgutverwaltung und Schriftgutarchivierung im zentralen Parteiapparat
Mit Sekretariatsbeschluss vom 8. April 1963[77] wurde das Zentrale Parteiarchiv (ZPA) geschaffen. Es entstand aus dem Historischen Archiv des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (IML), das seit Mitte der fünfziger Jahre zur Abteilung Geschichte der Arbeiterbewegung im IML gehörte und vorwiegend Sammlungsgut zur Geschichte der Arbeiterbewegung erfasste und war bis Anfang 1990 eine eigenständige Abteilung im IML. Dieser Beschluss über die "Richtlinien über den Aufbau des einheitlichen Parteiarchivwesens der SED" regelte die archivische Zuständigkeit und definierte die Hauptaufgaben: Erfassung, Sicherung und Archivierung der Unterlagen aus den aktenführenden Stellen des zentralen Parteiapparates. Außerdem enthielt er die Festlegungen, in allen Bezirksleitungen der SED Bezirksparteiarchive aufzubauen. Sie unterstanden dem Leiter des Büros des Sekretariats der jeweiligen Bezirksleitung und archivierten das archivwürdige Schriftgut der Bezirks- und Kreisleitungen sowie der abgabepflichtigen Grundorganisationen. [78] Die fachliche Betreuung übernahm das ZPA, es hatte jedoch keine Weisungsbefugnis gegenüber den Bezirksparteiarchiven.
Die Registraturen wurden verpflichtet, regelmäßig Schriftgut abzugeben. Die erste konzentrierte Übergabe betraf die Materialien aus der Zeit von 1946 bis 1963. Das Büro des Politbüros wies alle Abteilungen und Büros im August 1963 an, die betreffenden Unterlagen dem ZPA zu übergeben. Allerdings waren durch Kassationen in den Registraturen, durch häufige Umstrukturierungen und den damit verbundenen Aufräumarbeiten zum Teil erhebliche Lücken entstanden.
In den folgenden Jahren wurden für den Umgang mit Schriftgut umfangreiche Richtlinien und Grundsatzpapiere von Archivaren erarbeitet und in der Regel im Sekretariat des ZK zum Beschluss erhoben. So entstanden die Arbeitsrichtlinien für die Ordnung und Verzeichnung des Parteischriftgutes, die Arbeitsrichtlinien für die Wertermittlung und Kassation, die Richtlinien für den Umgang mit dem Schriftgut der Grundorganisationen der SED, das Verzeichnis des historisch wertvollen Schriftgutes der SED, das ständig in den Parteiarchiven aufzubewahren ist, die Rahmentektonik, die Archivordnung und die Benutzerordnung des ZPA, die Registraturordnung und der Einheitsaktenplan der SED für die zentrale und regionale Ebene, der im ZK, in den Bezirks- und Kreisleitungen der SED verbindlich anzuwenden war. In den Büros der Sekretäre im ZK fand der Einheitsaktenplan laut Sekretariatsbeschluss vom 18. Oktober 1967 keine Anwendung.[79]
Um der Schriftgutverwaltung im Parteiapparat stärkeres Gewicht zu verleihen, wurde 1968 die Altregistratur aufgebaut. Sie befand sich im Haus des Zentralkomitees, gehörte aber zum ZPA und erfüllte als Bindeglied zwischen Registratur und Endarchiv die Funktion eines Zwischenarchivs mit zeitlich begrenzter Zuständigkeit für das Registraturgut. Von hier aus erfolgte die Anleitung der Sekretärinnen, die für die Abteilungs- bzw. Sachbearbeiterregistraturen verantwortlich waren und die Schriftgutabgaben vorbereiteten. Die Entscheidungsbefugnis, wann welches Schriftgut der Altregistratur übergeben wurde, lag jedoch letztendlich beim Leiter der jeweiligen Abteilung. In der Altregistratur wurde das Schriftgut bewertet, den Mitarbeitern des Parteiapparates zur laufenden Arbeit bei Bedarf bereitgestellt und schließlich an das ZPA zur endgültigen Bearbeitung abgegeben.
Die seit 1965 geltende "Rahmentektonik der Bestände des Zentralen Parteiarchivs und der Bezirksparteiarchive ab 1945" bestimmte die Signatur der Akten. Der Bestand SED erhielt in der Tektonik die römische Ziffer IV. Ausgehend von der Organisationsstruktur wurden die Bestände in Abteilungen und Gruppen aufgegliedert, wobei die konkreten Aufgabenkomplexe berücksichtigt wurden. Außerdem wurde eine zusätzliche Gliederung, die chronologisch den Parteitagsperioden folgte, vorgenommen.

Die Numerierung der Protokolle
Das erste Protokoll des Jahres 1961 trägt die Nummer 1/61, alle weiteren des Jahrganges werden entsprechend der Chronologie durchgezählt. Die letzte Sitzung des Jahres erhält die Nummer 65/61. Auch die außerordentlichen Sitzungen sind in diese Zählung aufgenommen. Analoges gilt für das Jahr 1962. Die ersten beiden Sitzungen des Jahres 1963 erhalten allerdings die Nummern 56/63 und 57/63, damit schließen sie in der Zählung des Jahres 1962 an. Erst ab der dritten Sitzung 1963 beginnt die Nummerierung wieder mit 1, da es sich hierbei um die erste Sitzung nach dem VI. Parteitag handelt. Danach erfolgt die Zählung wieder durchgehend und endet mit 49/63. Das Protokoll der gemeinsamen Sitzung des Politbüros und des Präsidiums des Ministerrates der DDR am 12. Dezember 1963 erhielt in der Reihenfolge die Nummer 45a/63. Für die nächsten Jahre, bis einschließlich 1970, werden die Protokolle jährlich ab Nr. 1/... durchgehend unter Einbeziehung beider Endziffern des jeweiligen Jahres gezählt. Eine Ausnahme bildet das Jahr 1967. Das erste Protokoll trägt die Nummer 1/67, weitere siebzehn Sitzungen erhalten die jeweils folgenden Nummern bis 18/67. Mit der ersten Sitzung nach dem VII. Parteitag der SED am 3. Mai 1967 beginnt die Zählung der Protokolle erneut mit 1 und endet, nun auch wieder durchgehend nummeriert mit der Protokollnummer 37/67 für die Sitzung am 3. Dezember 1967. Hier ist also zu beachten, dass die Ziffern 1 bis 18 im Jahr 1967 jeweils zweimal vergeben worden sind.
Die Konkordanzliste soll dem Nutzer helfen, sich zurechtzufinden. Sie beinhaltet alle Aktensignaturen der jeweiligen Sitzung, für das
Reinschriftenprotokoll (DY 30/J IV 2/2/...),
Arbeitsprotokoll (DY 30/J IV 2/2A/...) und die
Beschlussauszüge (DY 30/...), auf einen Blick zusammengefasst.
Die Angaben der Indices beziehen sich immer auf den einzelnen Band der Archivsignatur der Reinschrift und nicht auf die Protokollnummer.
Nicht belegt sind folgende Archivsignaturen:
DY 30/J IV 2/2/1020 bis 1039
DY 30/J IV 2/2/1091 bis DY 30/J IV 2/2/1093
DY 30/J IV 2/2/1148 bis DY 30/J IV 2/2/1149
DY 30/J IV 2/2/1207 bis DY 30/J IV 2/2/1208
DY 30/J IV 2/2/1260.

Zum Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte
Das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte wurde erstellt, indem aus den Reinschriftenprotokollen die Tagesordnungspunkte der einzelnen Sitzungen des Politbüros übernommen worden sind. Es erfolgte eine Vereinheitlichung der Datierung und eine Hinzufügung aller in Frage kommenden Archivsignaturen für jede
Sitzung, das heißt, dass die Signaturen des Reinschriftenprotokolls, des Arbeitsprotokolls und die Signatur der Beschlussauszüge angegeben wurden.

Zur Anlage der Indices
Für die Indices wurden ausschließlich die Angaben der Protokolltexte der Reinschriftenprotokolle ausgewertet, nicht einbezogen wurden die schriftlichen Anlagen zu den Protokollen.
Zum Personenindex bleibt zu bemerken, dass trotz hohem Aufwand bei einer solchen Fülle von Namen nicht immer die Zuordnung eines Vornamens möglich war. Auch Namensverschreibungen in den Texten konnten nicht in jedem Fall als solche erkannt werden. Sicher erkennbare Fehler wurden korrigiert. Die Mitglieder des Politbüros sind im Personenindex nur dann aufgeführt, wenn sie auch außerhalb der Anwesenheitsliste und nicht nur als Berichterstatter im Protokolltext erwähnt sind.
Beim kombiniertem Orts- und Sachindex handelt es sich wie in den bisher veröffentlichten Teilen der Mikrofiche-Edition um einen kumulierenden Stichwortindex, der verwandte und gleichartige Inhalte nicht über das ganze Alphabet verstreut, sondern bei einem oder mehreren Sammelbegriffen (z. B.: Ernährung und Lebensmittel) zusammenfasst.

Quellenangaben:
[1] Vgl. 14. Tagung des ZK der SED vom 23 bis 26. November 1961 in: BArch DY 30/IV 2/1/ 260 bis 266.
[2] Vgl. Protokoll der Verhandlungen des VI. Parteitages der SED, 15. bis 21. Januar 1963 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 1, Berlin 1963. Überlieferung in der SAPMO zum VI. Parteitages der SED in: BArch DY30/ IV 1/VI/ 1 bis 42.
[3] Statut der SED, Berlin 1963, S. 55.
[4] ebenda, S. 54.
[5] Statut der SED, Berlin 1956, S. 44.
[6] Statut der SED, Berlin 1963, S. 5.
[7] Vgl. Arbeitsprotokoll der Sekretariatssitzung am 16. Dezember 1961 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 833.
[8] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/ 2A/ 944.
[9] Vgl. Amos, Heike, Politik und Organisation der SED-Zentrale 1949-1963, Münster 2002, S. 610 ff.
[10] Am 21. Januar einstimmig als Kandidat des Politbüros gewählt, vermerkt das Arbeits- und Reinschriftenprotokoll der 1. Tagung des ZK der SED am 9. Februar 1963 den Ausschluss von Karl-Heinz Bartsch aus dem ZK. Als Stellvertreter des Ministers im Ministerium für Landwirtschaft, Professor der Agrarwissenschaft und Direktor des Instituts für Tierzüchtung und Haustiergenetik an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig, hatte er im SED-Fragebogen seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS verschwiegen. Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 287, 288 und DY 30/IV 2/4/ 299.
[11] Die bisherigen Kandidaten des Politbüros Edith Baumann, Luise Ermisch, Alfred Kurella, Karl Mewis und Alois Pisnick wurden nicht wieder gewählt und übernahmen andere Funktionen. Heinrich Rau, Politbüromitglied von 1950 bis 1961, war am 23. März 1961 verstorben.
[12] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/869.
[13] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 287.
[14] Vgl. BArch DY 30/4695.
[15] Otto Grotewohl starb am 21.September 1964, siehe: BArch DY 30/IV 2/11/ v. 135 (Kaderakte der SED).
[16] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/874 und DY 30/3291 bis 3292.
[17] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/865, 869.
[18] Überlieferung in: BArch DY 30/IV A2/6.01/ 1 bis 140.
[19] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.105/ 1 bis 5 (Landwirtschaftskommission beim Politbüro 1960-1961) und DY 30/IV 2/ 2.023/ 222 bis 291 (Büro für Landwirtschaft beim Politbüro1963-1966).
[20] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.106/ 1 bis 21.
[21] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/10.02/ 1 bis 248 und
DY 30/IV A 2/10.02/ 1 bis 304. Für die Arbeit nach Westdeutschland existierten im ZK-Apparat neben der Westkommission drei weitere Gremien: die Westabteilung, das Arbeitsbüro der KPD im ZK und die Abteilung Verkehr. Sie bestanden zeitweise nebenein ander und wurden insbesondere in den 50er und 60er Jahren innerhalb kurzer Zeit mehrmals aufgelöst, um benannt oder neu gebildet. Es kam zwischen ihnen gelegentlich zu Kompetenzstreitigkeiten und Kontroversen, da die Zuständigkeiten nicht immer eindeutig festgelegt waren.
[22] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/9.01/ 1 bis 14 und DY 30/IV A 2/9.01/ 1 bis 39. Das Politbüro beschloss am 19. Januar 1960, eine Ideologische Kommission ins Leben zu rufen. Im Dezember 1962 über nahm sie die Aufgaben der aufgelösten Kulturkommission und stellte Ende der 60er Jahre ihre Arbeit ein.
[23] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.115/ 1 bis 30.
[24] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.111/ 1 bis 16.
[25] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.112/ 1 bis 10.
[26] Überlieferung in: BArch DY 30/IV 2/2.118/ 1 und : DY 30/J IV 2/5/1 bis 41. Zur Bildung der Kommission siehe auch: BArch DY 30/JIV 2/3A/ 1028.
[27] Vgl. Steiner, Andre, Aufbruch in die Zukunft, Velbrück 2004, S. 43 ff.
[28] Zusammensetzung der Jugendkommission beim Politbüro siehe: BArch DY 30/J IV 2/2A/991.
[29] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/985 bis 986.
[30] Siehe zur Bildung des Instituts die Sitzung des Sekretariats am 21. April 1964 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1054 bis 1055. Im Zusammenhang mit der vom Sekretariat des ZK der SED am 17. Januar 1979 beschlossenen Auflösung erfolgte die Vernichtung der Überlieferung, so dass heute kein separater Teilbestand existiert; nur im Schriftgut einiger Abteilungen des ZK der SED, der Büros der Politbüromitglieder und im Teilbestand Informationen des Politbüros sind Dokumente der Provenienz zu finden. Vgl. Niemann, Heinz, Hinterm Zaun. Politische Kultur und Meinungsforschung in der DDR- die geheimen Berichte an das Politbüro der SED, Berlin, 1995.
[31] Vgl. BArch DY 30/IV 2/11/ v. 5 a (Kaderakte der SED).
[32] Vgl. Karlsch, Rainer und Tandler, Agnes, Ein verzweifelter Wirtschaftsfunktionär? in: Deutschlandarchiv 1/ 2001, S. 50 ff. und Schürer, Gerhard, Gewagt und verloren. Eine deutsche Biographie, Frankfurt/O. 1996, S. 55 ff.
[33] 11. Tagung des ZK der SED vom 15. bis 18. Dezember 1965 in: BArch DY 30/IV 2/1/335 bis 339.
[34] Vgl. Agde, Günter, Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965. Studien und Dokumente, Berlin 1991.
[35] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1014.
[36] Siehe Arbeitsprotokoll der Sekretariatssitzung am 17. März 1966 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1281.
[37] Siehe Arbeitsprotokoll der Sekretariatssitzung am 14. Juni 1967 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1461.
[38] Vgl. BArch DY 30/JIV 2/3A/ 1243, DY 30/JIV 2/3/ 1129 und DY 30/4733.
[39] 13. Tagung des ZK der SED vom 15. bis 17. September 1966 in: BArch DY 30/IV 2/1/ 344 bis 349.
[40] Vgl. Dinkelmann, Kai, Walter Ulbricht und seine deutsch-deutsche Revolutionstheorie (1944/1945-1973), Aachen 2005, S. 194 ff. und BArch DY 30/3306 bis 3337 (Büro Walter Ulbricht).
[41] Vgl. Protokoll der Verhandlungen des VII. Parteitages der SED, 17. bis 22. April 1967 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 1 und Bd. 2, Berlin 1967 und BArch DY 30/ IV 1/VII/ 1 bis 86.
[42] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 359. Neben der Wahl der Mitglieder und Kandidaten des Politbüros erfolgte die Festlegung, dass Horst Dohlus, Leiter der Abteilung Parteiorgane und Otto Schön, Leiter des Büros des Politbüros und zuständig für die Verwaltung der Wirtschaftsbetriebe, Finanzverwaltung und Parteibetriebe ständig an den Sitzungen des Sekretariats teilnehmen sollten.
[43] Zwei der bisherigen Mitglieder waren in der Zwischenzeit verstorben, Otto Grotewohl am 21. September 1964 und Bruno Leuschner am 10. Februar 1965.
[44] Vgl. BArch DY 30/IV 2/11/v. 5381.
[45] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/1230.
[46] Vgl. Sitzung des Politbüros am 22. Juni 1971 in: BArch DY 30/J IV 2/2/1342.
[47] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/1230.
[48] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/1235, Bl.158.
[49] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 369 bis 371.
[50] Vgl. Otto, Wilfriede, Verfassungsdebatte und Verfassung der DDR 1968 - Ein Kernstück für relative Identifikationsmöglichkeiten und endgültigen Abbruch. In: Timmermann, Heinz, Die DDR zwischen Mauerbau und Mauerfall, Münster 2003, S. 151 ff.
[51] Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. April 1968, Berlin 1968 und Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 8 vom 9. April 1968, S. 199.
[52] Gesetzblatt der DDR, Teil I, Nr. 1, Januar 1968, S. 1.
[53] Vgl. Nakath, Detlef, Deutsch-deutsche Grundlagen, Schkeuditz 2002, S. 39 ff.
[54] Vgl. Otto, Wilfriede, Geschichte eines braunen Kalbslederbandes - Verdrängtes kehrt unerledigt zurück, in: Wagner, Helmut, Europa und Deutschland, Deutschland und Europa, Münster 2005, S. 406 ff.
[55] Vgl. Arbeitsprotokoll der Politbürositzung am 8. September 1970 in: BArch DY 30/J IV 2/2A/1463.
[56] 14. Tagung des ZK der SED vom 9. bis 11. Dezember 1970 in : BArch DY 30/IV 2/1/ 412 bis 418.
[57] Die Aufgaben, Struktur und Grundsätze der Arbeit wurden zuletzt im Sekretariat am 4. Oktober 1961 und am 16. Mai 1962 behandelt und beschlossen, siehe: BArch DY 30/J IV 2/3/ 5357, 5364.
[58] Arbeitsordnung des ZK der SED verabschiedet am 29. Juni 1966 im Sekretariat, siehe: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1331.
[59] Vgl. Ausführungen von Horst Dohlus am 1. Juli 1969 in: BArch DY 30/11388.
[60] Vgl. Fassung vom 15. Februar 1960 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/1331 und Fassung vom 7. Februar 1966 in: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1266.
[61] Vgl. die Fassungen vom 21. November 1960 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 713, vom 29. Juli 1964 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 997 und vom 29. Juni 1966 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 1194.
[62] Vgl. Fassung vom 29. August 1960 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 699.
[63] In den Jahren 1960 bis 1962 benannte Ulbricht bei Abwesenheit stets ein Mitglied des Politbüros für die Wahrnehmung der Aufgaben im Politbüro, ab 1963 fiel die Aufgabe vorwiegend auf Erich Honecker.
[64] Vgl. BArch DY 30/997, 1194.
[65] Am 20. Juni 1967 schlug das Politbüro dem Zentralkomitee vor, 43 Leiter der Abteilungen, einschließlich des Dietz-Verlages, des Zentralinstituts für Sozialistische Wirtschaftsführung, des Instituts für Meinungsforschung, des Instituts für Gesellschaftswissenschaften (Direktor), der Redaktionen "Einheit", "Neuer Weg", der Parteihochschule (Direktor), des Instituts für Marxismus-Leninismus (Direktor) und des Arbeitsbüros, zu bestätigen. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1121.
[66] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/1230.
[67] Die Protokollierung der Politbürositzungen lag bei Abwesenheit von Otto Schön in den Händen seiner Stellvertreterin, Gisela Trautzsch (später verheiratete Glende). Nach Abberufung von Otto Schön übernahm sie auf Beschluss des Sekretariats vom 24. September 1968 die Leitung des Büros des Politbüros. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1643.
[68] Die in den Arbeitsprotokollen abgelegten handschriftlichen Mitschriften von Otto Schön enden nach seinem Ausscheiden. Seine Nachfolgerin, Giesela Glende, eine versierte Sekretärin, fertigte den Entwurf des Protokolltextes stets in Stenografie (Kurzschrift) an, dieser wurde generell nicht in das Protokoll aufgenommen. Der Leser der Arbeitsprotokolle findet von ihr in den Textvorlagen und Beschlussentwürfen vorwiegend Anmerkungen und Korrekturen in Form der Kurzschrift.
[69] Initiert von Walter Ulbricht wurde für die Sicherung der geheimen, vertraulichen und parteiinternen Führungsdokumente der SED im Büro des Politbüros ein Internes Parteiarchiv eingerichtet. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 653 und DY 30/5331, 5332.
[70] Der Umgang mit vertraulichem und geheimem Schriftgut war in Richtlinien zur Arbeit mit Verschlusssachen für den Parteiapparat festgeschrieben und geregelt. Erstmalig im Beschluss des Politbüros vom 28. April 1953 in: BArch DY 30/J IV 2/2/277 und im Beschluss des Sekretariats vom 11. Juni 1953 16 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 388.
[71] Das Standardformular für Politbüro-Beschlüsse war bis 1967 mit der Registraturnummer ZK 01 und ab Januar 1968 mit ZK 02 ausgezeichnet. In einer internen Arbeitsrichtlinie für die Mitarbeiter im Protokollbüro waren die Fertigung und Ablage der Protokolle und Beschlussauszüge geregelt. Der Beschluss des Kleinen Sekretariats vom 14. Februar 1949 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 5 vermerkt die Anfertigung von Protokollauszügen.
[72] Festlegungen des Sekretariats vom 21. August 1952 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 318 verweisen auf die "Zustellung von Beschlüssen". Der Beschluss des Politbüros vom 28. April 1953 in: BArch DY 30/J IV 2/2/277 und
DY 30/J IV 2/2A/261 erläutert die "Richtlinie für die Behandlung von Vorlagen für das Politbüro und die Anfertigung von Beschlussauszügen aus dem Protokoll des Politbüros".
[73] Erstmalig sind Beschlussauszüge neben den Arbeits- und Reinschriftenprotokoll von der Sitzung des Politbüros ab 31. Oktober 1950 abgelegt.
[74] Beschluss des Sekretariats vom 9. August 1967 in: BArch DY 30/J IV 2/3/ 1323 informiert über die Einführung des Einheitsaktenplanes im Parteiapparat der SED.
[75] Das erste Übergabeprotokoll für Beschlussauszüge aus dem Bereich Protokollbüro an das Interne Archiv liegt aus dem Jahr 1963 vor.
[76] Informationen für das Politbüro (1953 bis 1989) sind in separaten Findbüchern in Papierform erfasst oder im Online-Findbuch unter DY 30 Politbüro des ZK der SED (Informationen) recherchierbar. Die Beschlussauszüge und Rundschreiben des Politbüros sind unter DY 30 Politbüro des ZK der SED (Beschlussauszüge und Rundschreiben) abrufbar.
[77] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 876.
[78] Vgl. BArch DY 30/5404.
[79] Einführung des Eiheitsaktenplanes des ZK siehe: BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1504.

Berlin 2007
Sylvia Gräfe und Ute Räuber


Einleitung zu Band 4

Grundzüge der Politik der SED und Weiterentwicklung ihrer höchsten Gremien von 1971 bis 1980
Die Ablösung Walter Ulbrichts durch Erich Honecker vollzog sich in der ersten Hälfte des Jahres 1971. Bereits am 21. Januar schickten dreizehn der zwanzig Mitglieder bzw. Kandidaten des Politbüros ohne Einbeziehung Ulbrichts einen Brief an den Generalsekretär der KPdSU nach Moskau. Sie schilderten die Probleme und baten um Unterstützung bei der Absetzung Ulbrichts, der dazu bewegt werden sollte, aus gesundheitlichen Gründen und auf Grund seines hohen Alters freiwillig zurückzutreten.[1] Nach einem Gespräch zwischen Breshnew und Ulbricht am 19. April schlug Ulbricht auf der Politbürositzung am 27. April seinen Rücktritt vor. Am 1. Mai flog Werner Lamberz in "geheimer Mission" nach Moskau, um die Absetzung endgültig von der KPdSU-Führung absegnen zu lassen. [2] Auf der kurzfristig einberufenen 16. Tagung des ZK am 3. Mai trat Walter Ulbricht als Erster Sekretär zurück, blieb aber bis zu seinem Tod am 1. August 1973 Staatsratsvorsitzender. Außerdem wurde er ehrenhalber Vorsitzender der SED. Diese Funktion, die extra für ihn geschaffen wurde, war im Statut der SED nicht vorgesehen. Die Mitglieder des ZK wählten Erich Honecker zum neuen Ersten Sekretär. Er übernahm eine straff organisierte Partei mit 1.909.859 Mitgliedern und Kandidaten, zu denen 704.171 Arbeiter, 93.585 Genossenschaftsbauern, 251.678 Angestellte und 325.964 Angehörige der Intelligenz zählten. [3]
Der VIII. Parteitag der SED, der vom 15. bis 19. Juni 1971 in Berlin tagte und auf dem Ulbricht bereits nicht mehr auftrat, bestätigte die vorgenommenen personellen Veränderungen. Es nahmen 2.131 Delegierte sowie 93 Delegationen sozialistischer, kommunistischer und Arbeiterparteien aus 82 Ländern teil. Die Delegierten beschlossen als Veränderung am Statut, Parteitage künftig in Übereinstimmung mit den Fünfjahrplanperioden der Volkswirtschaft alle fünf Jahre durchzuführen.
Honecker erklärte auf dem Parteitag die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung zur innenpolitischen "Hauptaufgabe".[4] Im Gegensatz zur davor gescheiterten Reformpolitik Ulbrichts, die auf ein schnelleres Wirtschaftswachstum ausgerichtet war, hatte die Sozialpolitik Honeckers die sofortige Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen zum Ziel. Man erhoffte sich, das sozialpolitische Programm nachträglich durch Steigerungen der Arbeitsproduktivität ökonomisch absichern zu können. Die beschlossenen Maßnahmen sollten die Bevölkerung zu höheren Arbeitsleistungen motivieren und die damit angestrebte Konjunktur sich unmittelbar wieder auf ihren materiellen Wohlstand auswirken. Damit versuchte die Parteiführung, die Bürger stärker an das gesellschaftliche System zu binden. Um mehr Geld für Sozialleistungen ausgeben zu können, stoppte Honecker die Technologieoffensive Ulbrichts, was zu rückläufigen Investitionen und höheren Verschuldungen führte. Das ging dauerhaft zu Lasten der wirtschaftlichen Substanz. Diese neue Strategie, ab 1975 auch als "Kurs der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik" definiert, wurde in den siebziger Jahren programmatisch weiterentwickelt.
Die 1. Tagung des ZK am 19. Juni 1971[5] wählte folgende sechzehn Mitglieder des Politbüros: Hermann Axen, Friedrich Ebert, Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Erich Honecker, Werner Krolikowski, Werner Lamberz, Günter Mittag, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Albert Norden, Horst Sindermann, Willi Stoph, Walter Ulbricht, Paul Verner und Herbert Warnke. Seit dem letzten Parteitag war Hermann Axen vom Kandidatenstatus zum Mitglied aufgestiegen. Werner Krolikowski sowie Werner Lamberz wurden neu gewählt. Ausgeschieden waren die zwischenzeitlich Verstorbenen Paul Fröhlich[6] und Hermann Matern[7]. Es erfolgte die Wahl der sieben Kandidaten des Politbüros Georg Ewald, Walter Halbritter, Werner Jarowinsky, Günther Kleiber, Erich Mielke, Margarete Müller und Harry Tisch. Der bisherige Kandidat Hermann Axen war nun Mitglied des Politbüros. Neu hinzugekommen waren Erich Mielke und Harry Tisch. Damit erhöhte sich die Anzahl im Vergleich zu 1967 um einen Genossen. Insgesamt gehörten somit 22 Genossen und eine Genossin dem Politbüro an.
Neben dem Ersten Sekretär Erich Honecker wurden als Sekretäre des ZK Hermann Axen, Gerhard Grüneberg, Werner Jarowinsky, Kurt Hager, Werner Lamberz, Günter Mittag, Albert Norden und Paul Verner gewählt. Alle Sekretäre gehörten gleichzeitig dem Politbüro an.
Das Politbüro bestätigte auf seiner ersten Sitzungen am 22. Juni 1971 folgende Arbeitsverteilung[8] :

Mitglieder des Politbüros
Erich Honecker[9]: Erster Sekretär des ZK der SED und zuständig für die Innen- und Außenpolitik und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Parteiorgane, Abteilung für Kaderfragen, Abteilung für Sicherheitsfragen, Abteilung Verkehr, Allgemeine Abteilung im ZK der SED und des Büros des Politbüros, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Hermann Axen: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Internationale Verbindungen im ZK der SED (Parteibeziehungen)
Friedrich Ebert: Verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Staats- und Rechtsfragen im ZK der SED, des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer,
Stellvertreter des Präsidenten der Volkskammer und Vorsitzender der SED-Fraktion in der Volkskammer der DDR
Gerhard Grüneberg: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Landwirtschaft im ZK der SED
Kurt Hager: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Wissenschaften, Abteilung Kultur, Abteilung Volksbildung, Abteilung Gesundheitspolitik im ZK der SED, der Redaktion der Parteizeitschrift "Einheit", des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, des Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, des Dietz Verlags
Werner Krolikowski: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Dresden, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (ab 1973)
Werner Lamberz: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Agitation, Abteilung Propaganda im ZK der SED, Parteihochschule "Karl Marx" beim ZK der SED, des Instituts für Meinungsforschung beim ZK der SED
Günter Mittag[10]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Planung und Finanzen, Abteilung Forschung und technische Entwicklung, Abteilung Grundstoffindustrie, Abteilung Maschinenbau und Metallurgie, Abteilung Bauwesen, Abteilung Leich-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie, Abteilung Verkehr und Verbindungswesen, Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik, Abteilung sozialistische Wirtschaftführung im ZK der SED, des Zentralinstituts für sozialistische Wirtschaftführung
Erich Mückenberger: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission
Alfred Neumann: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Albert Norden[11]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Auslandsinformation, Arbeitsgruppe sozialistische Wehrerziehung, Arbeitsgruppe Befreundete Organisationen im ZK der SED, der Parteien der DDR, des Nationalrates der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands und Friedensrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Horst Sindermann[12]: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
(ab 1972)
Willi Stoph[13]: Vorsitzender des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Paul Verner: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Frauen, Abteilung Jugend, Abteilung Sport, Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, Arbeitsgruppe Kirchenfragen im ZK der SED, der Redaktion "Neuer Weg", der Zentralen Parteileitung und Betriebsgewerkschaftsleitung im Apparat des ZK der SED sowie Vorsitzender des Ausschusses für Nationale Verteidigung der Volkskammer der DDR
Walter Ulbricht[14]: Vorsitzender des Staatsrates der DDR,
Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (bis 1973)
Herbert Warnke[15]: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB

Kandidaten des Politbüros
Georg Ewald[16]: Mitglied des Ministerrates der DDR, Vorsitzender des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR
Walter Halbritter: Mitglied des Ministerrates der DDR, Leiter des Amtes für Preise beim Ministerrat der DDR
Werner Jarowinsky: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel im ZK der SED
Günther Kleiber: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR
Erich Mielke: Minister für Staatssicherheit,
Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Margarete Müller: Mitglied des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR
Harry Tisch: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Rostock

Auf dem VIII. Parteitag stellte Honecker auch sein neues außen- und deutschlandpolitisches Konzept vor. Es orientierte sich eng am "Friedensprogramm" der KPdSU und folgte dem Moskauer Kurs des XXIV. Parteitages. Die Beziehungen zur KPdSU wurden intensiviert. Die äußeren Rahmenbedingungen veränderten sich in den siebziger Jahren sichtbar und die DDR profitierte vom europäischen Entspannungsprozess. Der Vertrag zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland vom 12. August 1970 und das Viermächteabkommen über Berlin zwischen Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion vom 3. September 1971 waren wichtige Schritte im Entspannungsprozess. Im Schatten der sowjetischen Verhandlungen wurden deutsch-deutsche Vereinbarungen möglich, wie das am 17. Dezember 1971 unterzeichnete Transitabkommen, der am 26. Mai 1972 geschlossene Verkehrsvertrag sowie der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten vom 21. Dezember 1972. Nachdem der Bundestag und die Volkskammer den Grundlagenvertrag ratifiziert hatten, trat er sechs Monate später in Kraft und schuf die Voraussetzungen für zahlreiche weitere Vereinbarungen. So wurden u. a. am 2. Mai 1974 Ständige Vertreter, die ihren Sitz bei den jeweiligen Regierungen in Berlin und Bonn hatten, ausgetauscht. Seit Mitte der siebziger Jahre tagten regelmäßig die gemeinsame Grenzkommission und die Transitkommission. Es begann eine Phase der eingeschränkten Normalität im Verhältnis beider deutschen Staaten.
Eines ihrer wichtigsten außenpolitischen Ziele erreichte die SED mit der Aufnahme der DDR in die UNO am 18. September 1973. Die internationale Akzeptanz der DDR wuchs in der ersten Hälfte der siebziger Jahre. Ende 1973 hatten 109 Staaten die DDR völkerrechtlich anerkannt. Bis 1975 stellten die meisten Staaten der Erde diplomatische Beziehungen zu ihr her. Beide deutsche Staaten nahmen gleichberechtigt an den Verhandlungen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) teil, deren Schlussakte auch die DDR am 1. August 1975 unterschrieb.
Große öffentliche Resonanz fanden die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten, die im Sommer 1973 in Berlin stattfanden. An ihr nahmen 525 000 Jugendliche, darunter 25 000 internationale Gäste aus 140 Ländern teil. Die DDR-Jugend sollte sich mit ihrem Staat identifizieren und aktiv am Aufbau des Sozialismus teilnehmen. Auch das am 28. Januar 1974 von der Volkskammer verabschiedete Jugendgesetz der DDR diente diesem Ziel. Zunehmend mobilisierte die SED Jugendliche für volkswirtschaftliche Aufgaben großen Stils. Ab 1974 wurde ein Teilstück der Erdgasleitung aus der Sowjetunion "Zentrales Jugendobjekt", ab 1976 der Wohnungsbau als FDJ - Initiative Berlin zu solch ein Schwerpunktprojekt deklariert. Die SED warb in den folgenden Jahren gezielt junge DDR-Bürger für ihre Reihen. Waren im Juni 1971 insgesamt 371.712 SED-Mitglieder jünger als 31 Jahre wuchs deren Zahl bis Ende 1980 auf 511.551[17] an.
Im ersten Drittel der siebziger Jahre konnte zwar die wirtschaftliche Lage vorübergehend stabilisiert und der Lebensstandard erhöht werden, aber dafür waren bereits zusätzliche Importe notwendig. Im April 1972 verabschiedeten das ZK der SED gemeinsam mit dem Bundesvorstand des FDGB und dem Ministerrat ein Sozialprogramm, in dessen Resultat u. a. die Renten für 3,9 Millionen Bürger stiegen, der Mindesturlaub erhöht wurde und die Förderung der Mütter und Familien erfolgte. Die 10. Tagung des ZK beschloss im Oktober 1973 ein langfristiges Wohnungsbauprogramm, das vorsah, 750 000 Wohnungen im Zeitraum von 1976 bis 1980 und 2,8 bis 3 Millionen Wohnungen bis 1990 zu bauen oder zu modernisieren. Mit dieser expansiven Konsum- und Sozialpolitik sollte die Bevölkerung stärker an die SED gebunden und Regimekritik vermieden werden. Das umfangreiche sozialpolitische Programm beanspruchte jedoch größere Mittel und Einfuhren. Kredite im westlichen Ausland wurden aufgenommen, ein Schuldenkreislauf setzte ein, Zinsen mussten mit neuen Krediten bezahlt werden. Die Diskrepanz zwischen politischen Vorgaben und ökonomischen Möglichkeiten vergrößerte sich allmählich.
Erschwerend auf die Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung wirkte sich die 1972 erfolgte Verstaatlichung von 11.000 privaten und halbstaatlichen Betriebe aus. Die Eigentümer erhielten in der Regel eine geringe Entschädigung und konnten als Leiter des nun "volkseigenen" Betriebes weiterhin tätig sein. Damit beseitigte die DDR-Führung relativ bewegliche Wirtschaftseinheiten und passte sich der konservativen sowjetischen Wirtschaftsstrategie wieder stärker an.
Einem Beschluss der 12. Tagung des ZK im Juli 1974 folgend beriet das Politbüro mit den Vorsitzenden der anderen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen die Vorschläge zur Veränderung der Verfassung. Ohne vorherige Einbeziehung der Öffentlichkeit beschloss die Volkskammer am 7. Oktober 1974 das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Verfassung. Honecker selbst erläuterte die Notwendigkeit dieser Novelle. Die Präambel wurde neu gefasst, der Aufbau der entwickelten sozialistischen Gesellschaft fixiert und die DDR-Gesellschaft auf den Weg des Kommunismus orientiert. Artikel 1 schrieb nun fest, dass die DDR ein "sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern" sei. Ersatzlos gestrichen wurden alle Bezüge auf die Existenz einer deutschen Nation in zwei Staaten sowie Absatz 2 des Artikels 8 über das Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland.[18]
Der IX. Parteitag der SED, der vom 18. bis 22. Mai 1976 in Berlin tagte, legte die strategischen Ziele der nächsten Jahre fest.[19] Es nahmen 2389 Delegierte mit beschließender Stimme und 127 Delegierte mit beratender Stimme sowie 103 Delegationen sozialistischer, kommunistischer und Arbeiterparteien aus 92 Ländern teil. Die Delegierten beschlossen weitere sozialpolitische Leistungen, wie z. B. die schrittweise Einführung der 40-Stunden-Arbeitswoche und verabschiedeten ein neues Programm und ein neues Statut. In den programmatischen Leitlinien bekannte sich die SED zur Errichtung einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft mit dem Ziel des Kommunismus. Ein sozialer Wohlfahrtsstaat sollte geschaffen und damit die Zustimmung der Bevölkerung zum Sozialismus in der DDR gesichert werden. Es formulierte u. a. Forderungen für die materiell-technische und soziale Entwicklung und befasste sich mit Fragen des Rechts, der Moral und der Friedenssicherung.
In seinen außenpolitischen Aussagen vollzog das Programm die Entwicklungen der letzten Jahre nach. Die führende Rolle der Sowjetunion wurde noch stärker betont. Eine neue Akzentsetzung zeigte sich in der Hinwendung auf Termini wie "kommunistische Gesellschaft" und "kommunistische Erziehung der Jugend". Damit grenzte sich die SED klar gegen eine "Sozialdemokratisierung" ab. Die Stellung des Marxismus-Leninismus als Leitideologie der DDR - Gesellschaft sollte mit Verweis auf die kommunistische Zukunft legitimiert werden. [20] Die gesamte Gesellschaft sollte einheitlich ideologisiert und gegen andere Einflüsse immunisiert werden. In der deutsch-deutschen Entwicklung wurde das Trennende in den Vordergrund gestellt und die "Bildung einer sozialistischen deutschen Nation" in der DDR festgestellt. Die dogmatische Entwicklung in der SED-Politik fand hier ihren unmittelbaren Ausdruck.
Das neue Statut beschrieb die SED immer noch als bewussten und organisierten Vortrupp, aber nicht mehr der deutschen Arbeiterklasse, "sondern der Arbeiterklasse und des werktätigen Volkes der sozialistischen DDR" [21]. Die SED bezeichnete sich nun als "die führende Kraft der sozialistischen Gesellschaft" [22]. Gestrichen wurden alle Bezüge auf die Lösung der deutschen Frage. Das Statut benannte wie bisher fünf Rechte und elf Pflichten der Parteimitglieder, die nur etwas präzisiert und umsortiert wurden. In Bezug auf die Strukturen und die Hierarchie innerhalb der SED änderte sich nichts. Die höchste Funktion der Partei hieß nun aber wieder Generalsekretär.
Die 1. Tagung des ZK am 22. Mai 1976[23] wählte folgende 19 Mitglieder des Politbüros: Hermann Axen, Friedrich Ebert, Werner Felfe, Gerhard Grüneberg, Kurt Hager, Erich Honecker, Heinz Hoffmann, Werner Krolikowski, Werner Lamberz, Erich Mielke, Günter Mittag, Erich Mückenberger, Konrad Naumann, Alfred Neumann, Albert Norden, Horst Sindermann, Willi Stoph, Harry Tisch und Paul Verner. Damit erhöhte sich die Anzahl im Vergleich zu 1971 um drei Genossen. Vom Kandidatenstatus zum Mitglied aufgestiegen waren Werner Felfe, Erich Mielke und Konrad Naumann. [24]
Heinz Hoffmann [25] wurde bereits auf der 10. Tagung des ZK der SED am 3. Oktober 1973 und der bisheriger Kandidat des Politbüros Harry Tisch auf der 14. Tagung des ZK der SED am 5. Juni 1975 zum Vollmitglied des Politbüros gewählt. [26] Ausgeschieden waren die zwischenzeitlich Verstorbenen Walter Ulbricht (1. August 1973) und Herbert Warnke (26. März 1975).
Es erfolgte die Wahl der neun Kandidaten des Politbüros Horst Dohlus, Joachim Herrmann, Werner Jarowinsky, Günther Kleiber, Egon Krenz, Ingeburg Lange, Margarete Müller, Gerhard Schürer und Werner Walde. Im Vergleich zu 1971 wurden neu gewählt Horst Dohlus, Joachim Herrmann, Egon Krenz, Ingeburg Lange, Gerhard Schürer und Werner Walde. [27] Ausgeschieden waren der am 26. März 1975 verstorbene Georg Ewald und, seit der 10. Tagung des ZK, Walter Halbritter.
Insgesamt gehörten somit 26 Genossen und zwei Genossinnen dem Politbüro an. Damit erhöhte sich die Anzahl im Vergleich zu 1971 um fünf Genossen.
Neben dem Generalsekretär Erich Honecker wurden als Sekretäre des ZK Hermann Axen, Gerhard Grüneberg, Werner Jarowinsky, Kurt Hager, Werner Krolikowski, Werner Lamberz, Günter Mittag, Albert Norden und Paul Verner gewählt. Alle Sekretäre gehörten gleichzeitig dem Politbüro an.
Das Politbüro beschloss am 25. Mai 1976 folgende Arbeitsverteilung[28]:

Mitglieder des Politbüros
Erich Honecker: Generalsekretär des ZK der SED und zuständig für die Innen- und Außenpolitik und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung für Kaderfragen, Abteilung für Sicherheitsfragen, Abteilung Verkehr, Allgemeine Abteilung[29] im ZK der SED und des Büros des Politbüros, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, Vorsitzender des Staatsrates der DDR[30]
Hermann Axen[31]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Internationale Verbindungen im ZK der SED (Parteibeziehungen)
Friedrich Ebert[32]: Verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Staats- und Rechtsfragen im ZK der SED, Stellvertreter des Präsidenten der Volkskammer und Vorsitzender der SED-Fraktion in der Volkskammer der DDR, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR
Werner Felfe: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Halle, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Gerhard Grüneberg: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Landwirtschaft im ZK der SED
Kurt Hager[33]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Wissenschaften, Abteilung Kultur, Abteilung Volksbildung, Abteilung Gesundheitspolitik im ZK der SED, Redaktion der Parteizeitschrift "Einheit", des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, Dietz Verlags, der Kulturkommission beim Politbüro und der Kommission der Leiter der gesellschaftlichen Institute beim ZK der SED,
Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Heinz Hoffmann: Minister für Nationale Verteidigung,
Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Werner Krolikowski: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Planung und Finanzen, Abteilung Forschung und technische Entwicklung, Abteilung Grundstoffindustrie, Abteilung Maschinenbau und Metallurgie, Abteilung Bauwesen, Abteilung Leich-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie, Abteilung Verkehr und Verbindungswesen, Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik, Abteilung sozialistische Wirtschaftführung im ZK der SED, des Zentralinstituts für sozialistische Wirtschaftführung
Werner Lamberz: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Agitation, Abteilung Propaganda im ZK der SED, Parteihochschule "Karl Marx" beim ZK der SED, des Instituts für Meinungsforschung beim ZK der SED sowie für alle Fragen der Arbeit mit den ausländischen Korrespondenten
Erich Mielke: Minister für Staatssicherheit, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Günter Mittag[34]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Planung und Finanzen, Abteilung Forschung und technische Entwicklung, Abteilung Grundstoffindustrie, Abteilung Maschinenbau und Metallurgie, Abteilung Bauwesen, Abteilung Leich-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie, Abteilung Transport- und Nachrichtenwesen, Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik, Abteilung sozialistische Wirtschaftführung im ZK der SED, des Zentralinstituts für sozialistische Wirtschaftführung, der Wirtschaftskommission beim Politbüro, Arbeitsgruppe Zahlungsbilanz, Kommission zur Koordinierung der ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Ländern Asiens, Afrikas und des arabischen Raumes
Erich Mückenberger: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission
Konrad Naumann: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Berlin
Alfred Neumann: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR,
Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Albert Norden[35]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Auslandsinformation, Westabteilung, Arbeitsgruppe sozialistische Wehrerziehung, Arbeitsgruppe Befreundete Parteien im ZK der SED, der Parteien der DDR, des Nationalrates der Nationalen Front der DDR und Friedensrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Horst Sindermann[36]: Vorsitzender des Ministerrates der DDR
Willi Stoph[37]: Vorsitzender des Staatsrates der DDR
Harry Tisch[38]: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB
Paul Verner[39]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Jugend, Abteilung Sport, Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, Arbeitsgruppe RGW, Arbeitsgruppe Kirchenfragen im ZK der SED, der Redaktion "Neuer Weg", der Zentralen Parteileitung und Betriebsgewerkschaftsleitung im Apparat des ZK der SED
Kandidaten des Politbüros
Horst Dohlus: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Parteiorgane des ZK der SED
Joachim Herrmann[40]: Sekretär des ZK und Chefredakteur der Zeitung "Neues Deutschland"
Werner Jarowinsky: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel im ZK der SED
Günther Kleiber: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Minister für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau der DDR
Egon Krenz: Erster Sekretär des Zentralrates der FDJ
Ingeburg Lange: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Frauen des ZK der SED
Margarete Müller: Vorsitzende der LPG Pflanzenproduktion Kotelow
Gerhard Schürer: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR
Werner Walde: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Cottbus

Wichtige Kaderentscheidungen stärkten Honeckers Macht. Bereits im Vorfeld des Parteitages wurden bei den Parteiwahlen 10860 Parteisekretäre (22,5 %) ausgewechselt.[41]
Die Volkskammer wählte am 29. Oktober 1976 Honecker zum Staatsoberhaupt, zum Vorsitzenden des Staatsrates. Damit besaß er eine immense Machtfülle, da er seit 1971 auch den Vorsitz des Nationalen Verteidigungsrates inne hatten. Willi Stoph, der nach Ulbrichts Tod als Vorsitzender des Staatsrates seit Oktober 1973 wirkte, wurde nun zum Ministerpräsidenten gewählt. Der bisherige Ministerpräsident Horst Sindermann wurde Präsident der Volkskammer. Dieses Amt übernahm er von Gerald Götting, dem Vorsitzenden der CDU. Die wichtigsten staatlichen Funktionsträger, der Vorsitzende des Ministerrates, der Präsident der Volkskammer, der Minister für Nationale Verteidigung und der Minister für Staatssicherheit gehörten nun der SED und gleichzeitig dem Politbüro an. Auch der Vorsitzende des FDGB zählte zu diesem Kreis.
Das Zentralkomitee, welches laut Statut zwischen den Parteitagen als höchstes Organ fungieren und die Arbeit der Partei leiten sollte, verlor gänzlich seine Entscheidungsfunktion.
Im kulturellem Bereich setzte sich Anfang der siebziger Jahre kurzzeitig mehr Liberalität durch, was sich auch in den Ausführungen Kurt Hagers auf der 6. Tagung des ZK am 6. Juli 1972 zeigte.[42] Mit den Begriffen "Weite" und "Vielfalt" sollte sozialistische Kunst charakterisiert werden. Es zeichnete sich eine auf mehr Kooperation zwischen Künstlern und Partei ausgerichtete Linie ab. Einige vorher nur in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichte Bücher erschienen nun auch in der DDR, wie z. B. Stefan Heyms "Lassalle" oder der "König David Bericht". In der Zeitschrift "Sinn und Form" fanden echte Debatten statt, u. a. über den von Ulrich Plenzdorf verfassten Text "Die neuen Leiden des jungen W.". Eine eigenständige Rockmusik, die als Kunstgut und Erziehungsmittel zum Bestandteil der SED-Jugendpolitik wurde, entwickelte sich. Nicht angepasste Musikbands wurden jedoch intensiv beobachtet oder sogar verboten, wie beispielsweise 1975 die Klaus Renft Combo.
Die kulturpolitische Lockerung fand im November 1976 mit der Ausbürgerung Wolf Biermanns ihr Ende. Die Reaktionen auf dessen Ausbürgerung und die Repressionen gegen die Protestierenden erwiesen sich als folgenreich. Die Loyalität vieler Intellektueller zur SED zerbrach. Eine Abwanderung von Schriftstellern, Schauspielern und Musikern in die Bundesrepublik Deutschland setzte ein. Unter ihnen befanden sich auch Mitglieder der SED. Im Umgang mit Oppositionellen zog eine harte Linie ein. Insbesondere gegen Andersdenkende in den eigenen Reihen wurde strikt vorgegangen.
Der Naturwissenschaftler und SED-Kritiker Robert Havemann, der einen "demokratischen Sozialismus" forderte und für einen "dritten Weg" zwischen Kapitalismus und Kommunismus eintrat, wurde nach der Ausbürgerung Biermanns bis Mai 1979 unter verschärften Hausarrest gestellt. Sein Haus blieb jedoch Anlaufpunkt für politische Kritiker.
Rudolf Bahro, der seine Sozialismuskritik "Die Alternative" in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichte, wurde am 23. August 1977 verhaftet und am 30. Juni 1978 wegen "Übermittlung von Nachrichten für eine ausländische Macht und Geheimnisverrat" zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Er sollte weder als Opponent noch Dissident gelten. Sein Buch durfte innerparteilich nicht diskutiert werden, es blieb ein verbotenes Werk. Nach seiner Freilassung wurde er 1979 in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Die SED setzte mit diesem Prozess ein deutliches Signal, sie duldete keine grundsätzliche Kritik an ihrer Politik. Das Strafverfahren gegen Bahro hatte aber auch gezeigt, dass es aus juristischer Sicht sehr schwierig war, oppositionelles Verhalten strafrechtlich zu verfolgen. Deshalb wurde das 3. Strafrechtsveränderungsgesetz erarbeitet und am 28. Juni 1979 in der Volkskammer einstimmig verabschiedet. Es enthielt Strafverschärfungen und Strafmaßerhöhungen, wie z. B. für "staatsfeindliche Hetze", "Widerstand" oder "ungesetzlichen Grenzübertritt".
Am 13. Oktober 1978 verabschiedete die Volkskammer auf Initiative der SED das "Gesetz über die Landesverteidigung der DDR". Das Gesetz fixierte erstmalig Bestimmungen zur Mobilmachung. Es regelte u. a. die Aufgaben der Zivilverteidigung und präzisierte die Rolle des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Mit Beginn des Schuljahres wurde im September 1978 in den 9. und 10. Klassen das Fach "Wehrunterricht" eingeführt. Das Sekretariat des ZK beschloss am 14. Februar 1979 in der Abteilung für Sicherheitsfragen des ZK der SED einen Sektor Wehrpolitische Massenarbeit zu bilden[43], der die grundlegenden Beschlüsse erarbeiten und die Arbeit für diesem Bereich koordinieren sollte. Die bestehende Arbeitsgruppe Sozialistische Wehrerziehung - militärpolitische Agitation wurde aufgelöst.[44]
Diese Militarisierungstendenzen resultierten auch aus der angespannten Weltlage. Ende der siebziger Jahre spitze sich das Verhältnis zwischen den Supermächten wieder zu. Das internationale Klima verschlechterte sich infolge der Krise in Polen, des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan, des Olympia-Boykotts und des NATO - Nachrüstungsbeschlusses vom 12. Dezember 1979. Insbesondere die Entwicklung in Polen beunruhigte die SED-Führung, da sie befürchtete, dass die dortigen sozialen Unruhen auf die DDR übergreifen könnten. Die Aufhebung des pass- und visafreien Reiseverkehrs im Oktober 1980 sollte die Einflussnahme eindämmen. Neben den zunehmenden Spannungen in den internationalen Beziehungen verschärfte sich auch die innenpolitische Situation. Die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland nahmen zu. Anfang der achtziger Jahre geriet die DDR in eine Hartwährungsschuldenkrise. Änderungen in der Strukturpolitik waren zwingend geboten. Die 6. Tagung des ZK im Juni 1977[45] fasste Beschlüsse zur Entwicklung der Mikroelektronik und kehrte somit wieder zur stärkeren Förderung des wissenschaftlich-technischen Bereiches zurück. Im Zusammenhang hiermit standen auch die 1978 beginnenden Kombinatsbildungen. Innerhalb eines Kombinats sollten alle Reproduktionsfunktionen, von der Forschung und Entwicklung, über die arbeitsteilige Produktion bis zum Absatz wahrgenommen werden. Diese innerbetriebliche Arbeitsteilung vertiefte sich in den kommenden Jahren. Die zweite Energiekrise von 1979 verschlechterte zusehens die Rahmenbedingungen für ein besseres Wirtschaftsklima. Die Sowjetunion begann mit einer spürbaren Einschränkung ihrer Rohöllieferungen in die sozialistischen Länder. Das verstärkte die Bemühungen der DDR-Führung nach alternativen Energiequellen zu suchen, sie griff wieder verstärkt auf heimische Braunkohle zurück.
Das Politbüro beschäftigte sich regelmäßig mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation. Im Protokollzeitraum wurden 253mal wirtschaftspolitische Fragen behandelt, insbesondere die Vorbereitung und Durchführung der Volkswirtschaftspläne. In den verbleibenden Jahren bis zum Ende der DDR verlangsamten sich die Produktionsfortschritte weiter, der wirtschaftliche Niedergang bahnte sich an. Diese Zeit zu beschreiben, bleibt der Fortsetzung dieser Publikationsreihe vorbehalten.

Das Schriftgut des Politbüros
Die Quantität und Qualität der schriftlichen Hinterlassenschaft des Politbüros sowie deren Archivierung sind in den bisher erschienenen drei Teilen der Mikrofiche-Edition ausführlich erläutert worden, deshalb folgen an dieser Stelle nur einige wenige Ergänzungen.
Von Januar 1971 bis Dezember 1980 fanden 517 Sitzungen des Politbüros statt. Die Sitzungen leitete bis Anfang 1971 noch Walter Ulbricht und bei dessen Abwesenheit Erich Honecker. Am 30. März 1971 übernahm Kurt Hager ausnahmsweise die Sitzungsleitung. Die Reinschriftenprotokolle unterschrieb Anfang Januar 1971 noch Walter Ulbricht, das Protokoll der Sitzung am 27. April 1971 trägt letztmalig seine Unterschrift. Erich Honecker unterzeichnete erstmals das Protokoll vom 26. März 1971. [46] Entsprechende Beschlüsse regelten die Vertretung. Bei Abwesenheit Honeckers leitete ab Juni 1971 Paul Verner die Sitzungen, im Dezember 1975 übernahm Kurt Hager zeitweilig die Vertretung (Protokoll Nr. 50/75).
Seit 1971 führte Gisela Trautzsch Protokoll (ab 1972 verheiratete Glende), bei Abwesenheit vertrat sie Anneliese Schulz, die stellvertretende Leiterin des Büros des Politbüros, bzw. ab 1. Juni 1976 deren Nachfolger Thilo Fischer.
Am 2. Februar 1972 behandelte das Sekretariat eine neue Arbeitsordnung für den Apparat des ZK[47], die wie ihre Vorgänger die Arbeitsweise des Apparates des ZK, insbesondere die Befugnisse der Abteilungen, regelte. Sie legte u. a. fest, was bei der Ausarbeitung der Vorlagen für das Politbüro und das Sekretariat zu berücksichtigen ist. Gefordert wurde für den jeweiligen Bereich die Beachtung der von der SED-Führung beschlossenen Grundrichtung und der bisher gefassten Beschlüsse, die Einordnung in die Bilanzen und den Volkswirtschaftsplan und die allseitige Informierung unter Einbeziehung der zuständigen Stellen. Hingewiesen wurde auf eine exakte und kurze Formulierung der Vorlage und derer schriftlichen Begründung. Der Umfang durfte hier sieben Seiten nicht überschreiten. Die für die Erarbeitung einer Vorlage verantwortliche Abteilung musste mit den entsprechenden Stellen, z. B. den Leitern anderer Abteilungen des ZK und der Ministerien zusammenarbeiten. Am 24. Januar 1980 verabschiedete das Sekretariat die neu gefasste Richtlinie für das Einreichen von Vorlagen an das Politbüro und das Sekretariat des ZK. [48] Vorlagen für das Politbüro waren stets in 30-facher Ausfertigung bis spätestens um 10.00 Uhr am Freitag vor der nächsten Sitzung dem Leiter im Büro des Politbüros zu übergeben.
Für Kadervorlagen existierte eine separate Vorschrift, die "Richtlinie für die Arbeit mit der Kadernomenklatur des ZK der SED", die das Sekretariat am 9. September 1970 beschlossen hatte.[49] Vorlagen für die Nomenklatur des ZK und des Politbüros wurden zuerst im Sekretariat behandelt. Die gesamte Kaderpolitik wurde Ende der siebziger Jahre an den Fünfjahresrhythmus der Volkswirtschaft angepasst. Das Sekretariat fasste am 7. Juni 1977 den Beschluss über die Arbeit mit Kadern. [50] Ab 1980 wurden die Kaderprogramme für den gesamten Staatsapparat verbindlich.[51]
Am 24. Januar 1980 verabschiedete das Sekretariat eine neu gefasste Arbeitsordnung.[52] Ihr wurde erstmalig eine Präambel vorangestellt, die die herausragende Rolle der SED beim Aufbau der "entwickelten sozialistischen Gesellschaft" betonte und die Verantwortung des zentralen Parteiapparates hervorhob. Die Arbeitsordnung wies u. a. darauf hin, dass Beschlüsse des Politbüros und Sekretariats in der Regel den Charakter von Vertraulichen Verschlusssachen trugen. Die Arbeit mit Vertraulichen Verschlusssachen regelte die "Richtlinie zur Arbeit mit Verschlusssachen für das ZK und die Bezirksleitungen der SED", beschlossen vom Sekretariat am 4. November 1971.[53] Im Büro des Politbüros existierte eine Verschlusssachenstelle, die die eingehenden Verschlusssachen aus dem Staats- und Sicherheitsapparat erfasste, im Parteiapparat verteilte und deren Sicherung[54] in den Büros der Politbüromitglieder und Abteilungen im Haus des Zentralkomitees kontrollierte und überwachte. Die Richtlinie legte vier Geheimhaltungsgrade fest: die Geheime Verschlusssache (Dokumente unterliegen einer strengen Geheimhaltung), die Vertrauliche Verschlusssache (Dokumente unterliegen der Geheimhaltung), die Persönliche Verschlusssache (in der Regel Vorlagen für das Politbüro und das Sekretariat) und das Parteiinterne Material (Protokolle der Tagungen des ZK und ähnliche Dokumente). Die einzelnen Kategorien der in Frage kommenden Schriftstücke wurden benannt. Eine neue und ergänzte Fassung verabschiedete das Sekretariat am 19. Juni 1979. [55] Sie legte fünf Geheimhaltungsgrade fest, wobei zur Geheimen Verschlusssache noch die "Geheime Verschlusssache B" – persönlich - hinzukam. Sie galt für Schriftgut des Bereichs B wie Beschaffung, was die gesamte Landesverteidigung betraf. [56] Diese Richtlinie wiederum wurde von der am 24. August 1987 beschlossenen abgelöst[57], die die einzelnen Passagen ausführlicher und teilweise konkreter fasste. Es gab nur noch drei Geheimhaltungsstufen. Die höchste hieß nun Geheime Kommandosache und wurde definiert als "Informationen von höchster politischer, ökonomischer, militärischer, wissenschaftlicher, technischer oder technologischer Bedeutung, deren Geheimhaltung für die Sicherung der Grundlagen der DDR bzw. der sozialistischen Staatengemeinschaft entscheidend ist bzw. deren Offenbarung diese Grundlagen gefährden kann". [58] Ihr folgten die Geheime Verschlusssache und die Vertrauliche Verschlusssache. Die Stufe Persönliche Verschlusssache entfiel gänzlich. Das parteiinterne Material wurde zwar 1987 noch extra erwähnt, galt aber nicht mehr als "Partei- und Staatsgeheimnis im Sinne der Definition" [59] der Richtlinie. Die neue Fassung erläuterte die drei noch verbliebenen Einstufungen ausführlicher. Wurden Verschlusssachen für die weitere Arbeit nicht mehr benötigt, entschied der Abteilungsleiter, welche Schriftstücke an das Interne Parteiarchiv abzugeben waren und welche Unterlagen kassiert wurden. Archivwürdige Verschlusssachen durften laut Richtlinie nicht vernichtet werden.
Materialien, deren Verschlusssachencharakter aufgehoben wurden, kamen gemeinsam mit dem anderen Schriftgut der jeweiligen Abteilung in die Altregistratur des Zentralen Parteiarchivs.

Die Numerierung der Protokolle
Das erste Protokoll des Jahres 1971 trägt die Nummer 1/71, alle weiteren bis zum VIII. Parteitag werden entsprechend der Chronologie durchgezählt. Mit der ersten Sitzung nach dem VIII. Parteitag der SED am 22. Juni 1971 beginnt die Zählung der Protokolle erneut mit 1 und endet, nun auch wieder durchgehend nummeriert, mit der Protokollnummer 31/71 für die Sitzung am 21. Dezember 1971. Hier ist also zu beachten, dass die Ziffern 1 bis 23 im Jahr 1971 jeweils zweimal vergeben worden sind. Auch die außerordentlichen Sitzungen sind in diese Zählung aufgenommen.
In den Jahren, in denen kein Parteitag stattfand, werden die Protokolle jährlich ab Nr. 1/... durchgehend unter Einbeziehung beider Endziffern des jeweiligen Jahres gezählt. So trägt das erste Protokoll des Jahres 1972 die Nummer 1/72 und die letzte Sitzung des Jahres erhält die Nummer 53/72.
Mit der ersten Sitzung nach dem IX. Parteitag der SED am 25. Mai 1976 beginnt die Zählung der Protokolle erneut mit 1 und endet, nun auch wieder durchgehend nummeriert, mit der Protokollnummer 30/76 für die Sitzung am 21. Dezember 1976. Hier ist also zu beachten, dass die Ziffern 1 bis 21 im Jahr 1976 jeweils zweimal vergeben worden sind.
Die Konkordanzliste soll dem Nutzer helfen, sich zurechtzufinden. Die Angaben der Indices beziehen sich immer auf den einzelnen Band der Archivsignatur und nicht auf die Protokollnummer. Nicht belegt sind folgende Archivsignaturen:
DY 30/J IV 2/2/1373,
DY 30/J IV 2/2/1428,
DY 30/J IV 2/2/1483,
DY 30/J IV 2/2/1541,
DY 30/J IV 2/2/1595 und 1596,
DY 30/J IV 2/2/1650,
DY 30/J IV 2/2/1706,
DY 30/J IV 2/2/1758
Zu der Signatur DY 30/J IV 2/2/1360 gehören die Bände a (alt Bd. 1) bis u (alt Bd. 21), wobei die Bände a (alt Bd. 1), s (alt Bd. 19) und t (alt Bd. 20) personenbezogene Belange beinhalten. Die betreffenden Teile sind entsprechend § 5 des Bundesarchivgesetzes nur im Bundesarchiv unter bestimmten Voraussetzungen einsehbar. Das gilt auch für einen Teil der Akte DY 30/J IV 2/2/1430.

Zum Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte
Das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte wurde erstellt, indem aus den Reinschriftenprotokollen die Tagesordnungspunkte der einzelnen Sitzungen des Politbüros übernommen worden sind. Es erfolgte eine Vereinheitlichung der Datierung und eine Hinzufügung aller in Frage kommenden Archivsignaturen für jede Sitzung, das heißt, dass die Signaturen des Reinschriftenprotokolls, des Arbeitsprotokolls und die Signatur der Beschlussauszüge angegeben wurden.

Zur Anlage der Indices
Für die Indices wurden ausschließlich die Angaben der Protokolltexte ausgewertet, nicht einbezogen wurden die Anlagen zu den Protokollen, die aber in die Mikrofiche-Edition ebenfalls aufgenommen sind.
Zum Personenindex bleibt zu bemerken, dass trotz hohem Aufwand bei einer solchen Fülle von Namen nicht immer die Zuordnung eines Vornamens möglich war. Auch Namensverschreibungen in den Texten konnten nicht in jedem Fall als solche erkannt werden. Sicher erkennbare Fehler wurden korrigiert. Die Mitglieder des Politbüros sind im Personenindex nur dann aufgeführt, wenn sie auch außerhalb der Anwesenheitsliste und nicht nur als Berichterstatter im Protokolltext erwähnt sind.
Beim kombiniertem Orts- und Sachindex handelt es sich um einen kumulierenden Stichwortindex, der verwandte und gleichartige Inhalte nicht über das ganze Alphabet verstreut, sondern bei einem oder mehreren Sammelbegriffen (z. B.: Ernährung und Lebensmittel) zusammenfasst.
Die Bearbeiter danken den Kolleginnen und Kollegen, die zur Fertigstellung dieses Bandes beigetragen haben. Immer wieder mussten die Texte gelesen, verglichen und Fehler ausgemerzt werden. Dabei standen uns Andreas Diehl, Sieglinde Hartmann, Dr. Andreas Horn, Bernd Schlüter und Dr. Peter Vier zur Seite. Insbesondere ist aber Petra Hoffmann zu danken, die die verschiedenen Entwürfe des Manuskriptes kritisch gelesen hat. Petra Biering schrieb mit großem Engagement das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte und fügte die entsprechenden Signaturen der einzelnen Schriftgutarten hinzu.

Sylvia Gräfe
Ute Räuber

Quellenangaben:
[1] BArch DY 30/J IV 2/2A/3196
[2] Vgl. Otto, Wilfriede, Geschichte eines braunen Kalbslederbandes - Verdrängtes kehrt unerledigt zurück, in: Wagner, Helmut, Europa und Deutschland, Deutschland und Europa, Münster 2005, S. 412 ff.
[3] Vgl. Grieder, Peter, Klein, Thomas, Otto, Wilfriede, Visionen - Repression und Opposition in der SED (1949-1989), Frankfurt/Oder 1997, S.501 ff.
[4] Vgl. Protokoll der Verhandlungen des VIII. Parteitages der SED, 15. bis 19. Juni 1971 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 1, Berlin 1971. Akten in der SAPMO zum VIII. Parteitag der SED in: DY30/ IV 1/VIII/ 1 bis 126.
[5] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 432 und 433.
[6] Paul Fröhlich verstarb am 19. September 1970, vgl. BArch DY 30/9818.
[7] Hermann Matern verstarb am 24. Januar 1971, vgl. BArch DY 30/9886.
[8] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1342.
[9] Mit der Wahrnehmung der Aufgaben im Politbüro benannte Honecker bei Abwesenheit Paul Verner und bei Abwesenheit von Paul Verner übernahm Kurt Hager die Leitung (siehe Protokoll Nr. 50/75).
[10] Im September 1973 wird Günter Mittag als Sekretär des ZK der SED abberufen und als erster Stellvertreter des Ministerratsvorsitzenden bis 1976 eingesetzt. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1470.
[11] Auf Beschluss des Staatsrates der DDR wird Norden mit Wirkung vom 31. Januar 1979 von den Pflichten eines Mitglieds des Nationalen Verteidigungsrates entbunden.
[12] Vorsitzender des Ministerrates der DDR seit 3. Oktober 1973.
[13] Vorsitzender des Staatsrates der DDR seit 3. Oktober 1973.
[14] Auf Beschluss der 16. Tagung des ZK der SED am 3. Mai 1971 wurde Walter Ulbricht als Erster Sekretär des ZK der SED abberufen, siehe BArch DY 30/IV 2/2/423 - 426. Er starb am 1. August 1973 in Berlin.
[15] Herbert Warnke verstarb am 26. März 1975, vgl. BArch DY 30/9862.
[16] Georg Ewald verunglückte am 14. September 1973 tödlich bei einem Verkehrsunfall, vgl. BArch DY 30/9950. Werner Felfe wurde auf der 10. Tagung des ZK der SED am 2. Oktober 1973 als Kandidat in das Politbüro gewählt, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 480.
[17] Vgl. Grieder, Peter, Klein, Thomas, Otto, Wilfriede, Visionen - Repression und Opposition in der SED (1949-1989), Frankfurt/Oder 1997, S. 503.
[18] Siehe Verfassung der DDR, Staatsverlag der DDR, 1974.
[19] Siehe Protokoll der Verhandlungen des IX. Parteitages der SED, 15. bis 19. Juni 1971 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 1, Berlin 1976. Überlieferung in der SAPMO zum IX. Parteitag der SED in: DY30/ IV 1/IX/ 1 bis 31; Sitzung der Kommission des Zentralkomitees zur Überarbeitung des Statuts der SED in: DY 30/15308; Sitzungen der Kommission zur Überarbeitung des Parteiprogramms der SED in: DY 30/15312 bis 15318.
[20] siehe Protokoll der Verhandlungen des IX. Parteitages der SED, 15. bis 19. Juni 1971 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 2, Berlin 1976, S. 209 ff.
[21] Protokoll der Verhandlungen des IX. Parteitages der SED, 15. bis 19. Juni 1971 in der Werner-Seelenbinder-Halle, Bd. 2, Berlin 1976, S. 267.
[22] ebenda.
[23] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/518 und 519.
[24] Werner Felfe und Konrad Naumann wurden am 3. Oktober 1973 auf der 10. Tagung des ZK der SED zu Kandidaten des Politbüros gewählt, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 480.
[25] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 480.
[26] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 502.
[27] Joachim Herrmann, Ingeburg Lange und Gerhard Schürer wurden am 3. Oktober 1973 auf der 10. Tagung des ZK der SED zu Kandidaten des Politbüros gewählt, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 480.
[28] Auf der 10. Tagung des ZK der SED am 26. und 27. April 1979, wird die neu festgelegte Arbeitsverteilung des Politbüros für die Mitglieder und Kandidaten vom 23. Januar 1979 zur Kenntnis genommen, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 565 und BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[29] Auf Beschluss des Sekretariats vom 23. Mai 1977 unterstand der Leiter der Allgemeinen Abteilung nicht mehr direkt Erich Honecker, sondern Hermann Axen.
Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 2984. Axen und die Abteilung Internationale Verbindungen im ZK der SED hatten formal mehr Spielraum, die Beziehungen zur KPdSU direkt zu gestalten. Honecker erhielt als Generalsekretär aber weiterhin direkt von den sowjetischen Regierungs- und Parteistellen alle geheim bzw. vertraulich eingestuften Dokumente. Er nutzte die Übersetzungsdienste der Allgemeinen Abteilung. Die Verteilung der Dokumente gab er nicht aus seinen Händen. Er entschied, wer was wann zur Kenntnis erhielt.
[30] Vgl. BArch DY 30/IV 2/2/527.
[31] In der Politbürositzung am 23. Januar 1979 wurde beschlossen, auch die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Auslandsinformation im ZK der SED und des Friedensrates der DDR in den Aufgabenbereich Axen zu geben. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762. Auf der 10. Tagung am 26. und 27. April 1979 bestätigt das Zentralkomitee für Hermann Axen die Übernahme der Arbeitsbereiche Allgemeine Abteilung, Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer und die Außenpolitische Kommission beim Politbüro, siehe BArch DY 30/IV 2/1/ 565
[32] Friedrich Ebert verstarb am 4. Dezember 1979, vgl. BArch DY 30/9816.
[33] Auf der 10. Tagung des ZK der SED am 26. und 27. April 1979 bestätigt das Zentralkomitee die präzisierte Arbeitsverteilung für Hager im Politbüro. Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 565. Zum Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates wurde er am 1. Februar 1979 berufen. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[34] Im Oktober 1976 nahm Günter Mittag seine Tätigkeit als Sekretär des Zentralkomitee und Mitglied des Politbüros wieder auf. Als Mitglied des Politbüros und Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates unterstanden ihm alle wirtschaftpolitischen Abteilungen. Er kontrollierte ebenfalls den Außenhandel der DDR. Seine Berufung zum Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates erfolgte am 1. Februar 1979. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[35] Auf der Sitzung des Politbüros am 23. Januar 1979 wurde Norden auf Grund seines Gesundheitszustandes von allen Aufgaben entbunden. Davon unberührt blieben die formelle Mitgliedschaft im Staatsrat und im Präsidium des Nationalrates der Nationalen Front, seine Tätigkeit als Vizepräsident des Weltfriedensrates und die Teilnahme an den Zusammenkünften mit den Vorsitzenden der Parteien. Mit Wirkung vom 31. Januar 1979 wurde er von den Pflichten eines Mitgliedes des Nationalen Verteidigungsrates entbunden. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[36] Vgl. BArch DY 30/IV 2/2/527.
[37] ebenda.
[38] Harry Tisch wurde bereits am 5. Juni 1975 auf der 14. Tagung des ZK der SED zum Vollmitglied des Politbüros gewählt. Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 502.
[39) Entsprechend der Beschlussfassung im Politbüro am 23. Januar 1979 übernahm Paul Verner die Aufgabengebiete Westabteilung und die Arbeitsgruppe Sozialistische Wehrerziehung im ZK. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[40] Entsprechend der Beschlussfassung im Politbüro am 23. Januar 1979 übernahm Joachim Herrmann die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Befreundete Parteien im ZK der SED, des Nationalrates der Nationalen Front und der Parteien in der DDR.
Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1762.
[41] Vgl. Grieder, Peter, Klein, Thomas, Otto, Wilfriede, Visionen - Repression und Opposition in der SED (1949-1989), Frankfurt/Oder 1997, S. 396.
[42] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 456.
[43] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 3265.
[44] ebenda.
[45] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 540 bis 542.
[46] Alle weiteren Reinschriftenprotokolle tragen nur seine Unterschrift.
[47] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 2129, Bd 2.
[48] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 3011.
[49] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 1929.
[50] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 2989 bis 2991.
[51] Vgl. Wagner, Matthias, Ab morgen bist du Direktor, Berlin 1998, S. 69 ff.
[52] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 2499.
[53] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 2095.
[54] Der Empfang einer Verschlusssachen war zu quittieren, abgelegt waren sie generell im versiegelten Panzerschrank.
[55] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 3325.
[56] In der Abteilung für Sicherheitsfragen des ZK der SED wurde am 4. Oktober 1976 ein Sektor B-Arbeit gebildet. Dieser übernahm die Koordinierung der Vorbereitung und ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung im Staats- und Parteiapparat, einschließlich der gesellschaftlichen Organisationen. Vgl. BArch DY 30/IV B 2/12/ 6.
[57] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 4152.
[58] ebenda.
[59] ebenda.


Einleitung zu Band 5

Grundzüge der Politik der SED und Weiterentwicklung ihrer höchsten Gremien von 1981 bis 1989
Die achtziger Jahre sind das letzte Jahrzehnt in der Geschichte der SED und der DDR. An dessen Beginn fand der X. Parteitag [1] im Palast der Republik in Berlin statt. Er tagte vom 11. bis zum 16. April 1981 und bestätigte die verfestigte poststalinistische innenpolitische Linie der SED-Führung. Die Bezirksdelegiertenkonferenzen hatten 2 573 Delegierte mit beschließender und 118 Delegierte mit beratender Stimme gewählt. Sie repräsentierten die 2 172 110 Mitglieder und Kandidaten der SED. Außerdem nahmen 125 Delegationen sozialistischer, kommunistischer und Arbeiterparteien aus 109 Ländern teil.
Im Bericht des Zentralkomitees wurde die Richtigkeit des sozialistischen Weges in der DDR betont und die weitere Gestaltung der entwickelten sozialistische Gesellschaft festgeschrieben. Die Friedens- und Abrüstungsproblematik nahm einen großen Raum ein, wobei das Aktionsprogramm für den Frieden, welches der XXVI. Parteitag der KPdSU verabschiedet hatte, große Unterstützung fand. Die Direktive zum Fünfjahrplan orientierte auf die Fortführung des Wohnungsbauprogramms und dabei vor allem auf die Aufwandssenkung, da die verschlechterten volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine verstärkte Orientierung auf die Senkung des Investitions- und Bauaufwandes erforderten. Durch Intensivierung der Produktion, den Einsatz moderner Technologien und Steigerung der Arbeitsproduktivität sollten die wachsenden Bedürfnisse im Inland und die Forderungen aus dem Ausland bedient werden. Die krisenhaften Erscheinungen in der Volkswirtschaft und der ständig wachsende Schuldenberg wurden jedoch nicht thematisiert. Die DDR lebte weiter auf Kosten der Substanz.
Die 1. Tagung des Zentralkomitees am 16. April 1981 [2] wählte folgende siebzehn Mitglieder des Politbüros: Hermann Axen, Horst Dohlus, Werner Felfe, Kurt Hager, Joachim Herrmann, Heinz Hoffmann, Erich Honecker, Werner Krolikowski, Erich Mielke, Günter Mittag, Erich Mückenberger, Konrad Naumann, Alfred Neumann, Horst Sindermann, Willi Stoph, Harry Tisch und Paul Verner. Damit verringerte sich die Anzahl im Vergleich zu 1976 um zwei Genossen. Ausgeschieden waren der am 4. Dezember 1979 verstorbene Friedrich Ebert, der am 10. April 1981 verstorbene Gerhard Grüneberg und der am 6. März 1978 tödlich verunglückte Werner Lamberz. Albert Norden wurde auf Grund seines Gesundheitszustandes bereits auf der Sitzung des Politbüros am 23. Januar 1979 von allen Aufgaben entbunden. Davon unberührt blieben die formelle Mitgliedschaft im Staatsrat der DDR und im Präsidium des Nationalrates der Nationalen Front, die Tätigkeit als Vizepräsident des Weltfriedensrates und die Teilnahme an den Zusammenkünften mit den Vorsitzenden der Parteien. Mit Wirkung vom 31. Januar 1979 wurde er auch von den Pflichten eines Mitgliedes des Nationalen Verteidigungsrates entbunden. Er starb am 30. Mai 1982.
Vom Kandidaten zum Mitglied stiegen Joachim Herrmann [3] und Horst Dohlus [4] auf.
Es erfolgte die Wahl der acht Kandidaten des Politbüros Werner Jarowinsky, Günther Kleiber, Egon Krenz, Ingeburg Lange, Margarete Müller, Günter Schabowski, Gerhard Schürer und Werner Walde. Günter Schabowski kam neu hinzu. Insgesamt gehörten damit 25 Genossen dem Politbüro an. Die Anzahl hatte sich im Vergleich zu 1976 um drei verringert.
Neben dem Generalsekretär Erich Honecker wurden als Sekretäre des Zentralkomitees Hermann Axen, Horst Dohlus, Werner Felfe, Kurt Hager, Joachim Herrmann, Werner Jarowinsky, Ingeburg Lange, Günter Mittag und Paul Verner gewählt. Alle Sekretäre gehörten gleichzeitig dem Politbüro an.
Das Politbüro beschloss am 21. April 1981 folgende Arbeitsverteilung [5]:

Mitglieder des Politbüros
Erich Honecker: Generalsekretär des ZK der SED zuständig für die Innen- und Außenpolitik und als Sekretär verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung für Kaderfragen, Abteilung für Sicherheitsfragen, Abteilung Verkehr im ZK der SED und des Büros des Politbüros, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, Vorsitzender des Staatsrates der DDR
Hermann Axen: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Internationale Verbindungen (Parteibeziehungen), der Abteilung Auslandsinformation, der Allgemeinen Abteilung im ZK der SED [6], der Außenpolitischen Kommission beim Politbüro, des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer und des Friedensrates der DDR
Horst Dohlus: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Parteiorgane im ZK der SED
Werner Felfe: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Landwirtschaft im ZK der SED, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Kurt Hager[7]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Wissenschaften, Abteilung Kultur, Abteilung Volksbildung, Abteilung Gesundheitspolitik im ZK der SED, Redaktion der Parteizeitschrift "Einheit", des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, des Dietz Verlags, der Parteihochschule "Karl Marx", der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, der Kulturkommission beim Politbüro und Kommission der Leiter der gesellschaftlichen Institute beim ZK der SED, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Joachim Herrmann: Sekretär des ZK, verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Befreundete Parteien, der Abteilung Agitation, der Abteilung Propaganda im ZK der SED, der Agitationskommission beim Politbüro, der Zeitung "Neues Deutschland", des Nationalrates der Nationalen Front und der Parteien der DDR sowie für alle Fragen der Arbeit mit den ausländischen Korrespondenten
Heinz Hoffmann: Minister für Nationale Verteidigung, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Werner Krolikowski: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats
Erich Mielke: Minister für Staatssicherheit, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Günter Mittag: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Planung und Finanzen, Abteilung Forschung und technische Entwicklung, Abteilung Grundstoffindustrie, Abteilung Maschinenbau und Metallurgie, Abteilung Bauwesen, Abteilung Leicht-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie, Abteilung Transport- und Nachrichtenwesen, Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik, Abteilung Sozialistische Wirtschaftsführung im ZK der SED, des Zentralinstituts für Sozialistische Wirtschaftsführung, der Wirtschaftskommission beim Politbüro, Arbeitsgruppe Zahlungsbilanz beim Politbüro, Arbeitsgruppe BRD und des Koordinierungsbüros beim Politbüro, Kommission zur Koordinierung der ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Ländern Asiens, Afrikas und des arabischen Raumes, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR (ab 1982)
Erich Mückenberger: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission, Präsident der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Vorsitzender der SED-Fraktion in der Volkskammer
Konrad Naumann: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Berlin
Alfred Neumann: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Horst Sindermann: Präsident der Volkskammer der DDR, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR
Willi Stoph: Vorsitzender des Ministerrates der DDR, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR
Harry Tisch: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB, Mitglied des Staatsrates der DDR
Paul Verner: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung für Staats- und Rechtsfragen, Abteilung Jugend, Abteilung Sport, Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, Westabteilung, Arbeitsgruppe RGW, Arbeitsgruppe für Kirchenfragen im ZK der SED, der Jugendkommission beim Politbüro, der Redaktion "Neuer Weg", der Zentralen Parteileitung und Betriebsgewerkschaftsleitung im Apparat des ZK der SED

Kandidaten des Politbüros
Werner Jarowinsky: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel im ZK der SED
Günther Kleiber: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Minister für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau der DDR
Egon Krenz: Erster Sekretär des Zentralrates der FDJ
Ingeburg Lange: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Frauen im ZK der SED
Margarete Müller: Vorsitzende der LPG Pflanzenproduktion Kotelow, Mitglied des Staatsrates der DDR
Günter Schabowski: Chefredakteur der Zeitung "Neues Deutschland"
Gerhard Schürer: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR
Werner Walde: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Cottbus

Bereits auf der 3. Tagung des Zentralkomitees der SED, die am 19. und 20. November 1981 [8] stattfand, mussten Eckpunkte des auf dem Parteitag beschlossenen Fünfjahrplanes für die Jahre 1981 bis 1986 neu definiert werden, da die Parteiführung nicht bereit war, trotz der sich verschlechternden außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, eine grundlegende innenpolitische Kurskorrektur vorzunehmen. Die Mitgliedsländer des RGW befanden sich Anfang der achtziger Jahre in einer schweren Rezession. In Polen hielten die Unruhen nach Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 weiter an. Streiks und tägliche Auseinandersetzungen zwischen Regierungs- und unabhängigen Gewerkschaftsvertretern brachten dort die Versorgung phasenweise zum Erliegen und beschleunigten den Staatsbankrott des östlichen Nachbarstaates. Ständige materielle Hilfsleistungen zur Stabilisierung der Wirtschaft und Wiederherstellung der alten Machtverhältnisse sowie das Ausbleiben vereinbarter polnischer Waren- und Rohstofflieferungen belasteten die Volkswirtschaft der DDR auf Jahre hinaus. Auch andere Länder des RGW gerieten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Daher sank das Vertrauen westlicher Banken in deren Kreditwürdigkeit. Hinzu kamen erhöhte Verpflichtungen für den Rüstungshaushalt der Warschauer Vertragsstaaten und die weltweite Verteuerung von Rohstoffen. Die Sowjetunion begann ab 1981 ihrer Erdöllieferungen an die RGW-Länder erheblich zu drosseln. Diese Entwicklung zwang die DDR, Zusatzeinkäufe auf internationalen Rohölmärkten zu tätigten, wozu sie jedoch nur unzureichend in der Lage war. Deshalb verabschiedete das Zentralkomitee auf seiner 3. Tagung ein Programm zur verstärkten Umstellung der Energieversorgung auf minderwertige Braunkohle, was nicht nur ein sehr arbeits- und materialintensives Vorhaben war, allein bis Ende 1983 wurden Investitionen in Höhe von 12 Mrd. Mark benötigt, sondern auch schwerwiegende ökologische Schäden verursachte.
Die Hartwährungsschuldenkrise, in die auch die DDR geriet, sollte mit der Veräußerung von Rohstoffen, Konsumgütern, Maschinen und Ausrüstungen auf dem Weltmarkt gelindert werden. Die Westverschuldung konnte allein dadurch jedoch nicht abgebaut werden, da die Produkte nur unzureichend konkurrenzfähig waren. Dafür verschlechterte sich die Versorgung der Bevölkerung und die Möglichkeiten zur Modernisierung der Wirtschaft, da die exportierten Güter auf dem Binnenmarkt fehlten.
Um neue Kredite aus der Bundesrepublik zu bekommen und die bilateralen Beziehungen zu verbessern, wurden die Kontakte zu westdeutschen Politikern intensiviert. Vom 11. bis 13. Dezember 1981 empfing Erich Honecker Bundeskanzler Helmut Schmidt am Werbellinsee. Im "Gemeinsamen Kommunique" betonten sie den Friedenswillen beider Staaten und das Bemühen, gute nachbarliche Beziehungen herzustellen. Der Regierungswechsel in Bonn im Herbst 1982 brachte keine Wende in der Deutschlandpolitik. Die Regierung Kohl betrieb eine Vertragspolitik mit der DDR, die sich auf das Machbare konzentrierte, aber zugleich die Offenheit der deutschen Frage wieder hervorhob. Die Beziehungen vertieften sich auf vielen Gebieten, wechselseitige Besuche von Politikern nahmen zu.
Um die prekäre Devisenlage zu verbessern, versuchte die DDR, neue Kredite aufzunehmen. Sie erhielt zwei ungebundene Milliarden-Kredite, für die die Bundesregierung bürgte. Am 1. Juli 1983 wurde der erste Kreditvertrag unterzeichnet und am 25. Juli 1984 übernahm die Bundesregierung die Garantie für einen weiteren Kredit in Höhe von 950 Millionen Mark. Die DDR schuf dafür im Gegenzug Erleichterungen im Reiseverkehr. So wurden u. a. der Pflichtumtauschsatz für Rentner und Kinder gesenkt, Familienzusammenführungen erleichtert und der "Kleine Grenzverkehr" verbessert. Diese deutsch-deutsche Annährung wurde in Moskau scharf kritisiert. So erhielt Erich Honecker von dort keine Zusage für seinen bereits verabredeten Besuch in Bonn. Trotzdem erörterte er ausführlich auf der 9. Tagung des Zentralkomitees im November 1984 die besonderen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zueinander und setzte sich für eine weltweite Koalition der Vernunft, des Realismus und guten Willens gegen eine Kriegsgefahr ein.[9] Bereits auf der 7. Tagung des Zentralkomitees am 24. und 25. November 1983 hatte Erich Honecker einen von der sowjetischen Linie abweichenden außenpolitischen Kurs verkündet und weitere Abrüstungsverhandlungen der Supermächte angemahnt.[10] Nach der Stationierung der neuen NATO-Raketen 1983 brach die Sowjetunion die Verhandlungen über die Mittelstreckenwaffen in Genf im Dezember 1983 ab. Die SED-Führung trat jedoch weiterhin für Abrüstung ein. Dieser demonstrative Entspannungswillen erhöhte ihr internationales Ansehen.
Die Friedens- und Abrüstungsproblematik erlangte eine immer wichtigere Rolle sowohl in der Parteipropaganda als auch im Alltagsbewusstsein. Anfang der achtziger Jahre entstand eine unabhängige, oppositionelle Friedensbewegung, die sich gegen die Hochrüstung in Ost und West wandte und demokratische Veränderungen forderte. In enger Verbindung mit ihr entwickelte sich eine zivilisationskritisch motivierte Umweltbewegung. Unmittelbar kirchlichen Ursprungs war die sich 1981/82 verbreitende Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen", die gegen Aufrüstung, Militarisierung und für Demokratisierung eintrat.
Die unabhängigen Friedensgruppen, zu denen bald Umwelt-, Frauen-, Dritte Welt- und Totalwehrdienstverweigerergruppen hinzukamen, sammelten und organisierten sich unter dem Dach der evangelischen Kirche. Sie agierten zunehmend aber auch in der Öffentlichkeit und wollten möglichst viele Menschen ansprechen. Sie nutzten verschiedene Aktionsformen, wie Friedensseminare, Friedenswerkstätten, Fastenaktionen, Bluesmessen oder verfassten Eingaben. Seit Mitte der achtziger Jahre wurden auch Menschenrechtsfragen thematisiert. So ging aus einem Menschenrechtsseminar in Berlin im Januar 1986 die Gruppe "Initiative Frieden und Menschenrechte" hervor. Trotz der Versuche der SED durch Zersetzungsmaßnahmen, Verhaftungen oder Abschiebungen in die Bundesrepublik Deutschland die oppositionellen Gruppen unter Kontrolle zu bringen, verbreiterte und konsolidierte sich diese Bewegung.
Ermutigt wurde das kritische Bewusstsein durch das strategische innen- und außenpolitische Konzept Michail Gorbatschows, der nach dem Tod Konstantin Tschernenkos am 11. März 1985 zum neuen Generalsekretärs des Zentralkomitees der KPdSU gewählt wurde. Er war Reformsozialist und führte, um die Sowjetunion umzugestalten, die Konzepte Neues Denken, Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umstrukturierung) in die politische Arbeit ein.
Der XI. Parteitag der SED, der vom 17. bis 21. April 1986 im Palast der Republik in Berlin tagte, demonstrierte den Reformunwillen der SED-Führung und sanktionierte den fehlerhaften strategischen Ansatz des Konzepts von der entwickelten sozialistischen Gesellschaft mit der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. [11] Es nahmen 2563 Delegierte sowie 143 Delegationen sozialistischer, kommunistischer und Arbeiterparteien teil, erstmalig auch Vertreter der SPD und der Labour Party. Der von Erich Honecker erstattete Bericht konzentrierte sich auf den Konsens in der Friedenspolitik mit der KPdSU und auf das Bündnis mit der Sowjetunion. Eine kritische Analyse der Lage erfolgte nicht. Die DDR erschien als moderner, leistungsstarker Staat, wobei insbesondere auf die sozialen Leistungen, u. a. das Wohnungsbauprogramm, verwiesen wurde. Hinweise auf ungedeckte Westkredite fehlten und alle Krisenanzeichen wurden ignoriert.
Die Delegierten beschlossenen "Die Direktive für die Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR in den Jahren 1986-1990". Durch den Einsatz von Wissenschaft und Technik sollte eine stärkere Intensivierung der Produktion erreicht und insbesondere die Entwicklung der Mikroelektronik forciert werden.
Die 1. Tagung des Zentralkomitees am 21. April 1986 [12] wählte einstimmig 22 Mitglieder in das Politbüro: Hermann Axen, Hans-Joachim Böhme, Horst Dohlus, Werner Eberlein, Werner Felfe, Kurt Hager, Joachim Herrmann, Erich Honecker, Werner Jarowinsky, Heinz Keßler, Günter Kleiber, Egon Krenz, Werner Krolikowski, Siegfried Lorenz, Erich Mielke, Günter Mittag, Erich Mückenberger, Alfred Neumann, Günter Schabowski, Horst Sindermann, Willi Stoph und Harry Tisch. Damit erhöhte sich die Anzahl im Vergleich zu 1981 um fünf Genossen. Ausgeschieden waren der am 2. Dezember 1985 verstorbene Minister für Nationale Verteidigung Generaloberst Heinz Hoffmann und am 24. Mai 1984 Paul Verner. Dessen Verantwortungsbereiche übernahmen auf Grund seines Gesundheitszustandes bereits ab 7. Februar 1984 andere Genossen im Politbüro. Paul Verner starb am 12. Dezember 1986. [13]
Auf der 11. Tagung des Zentralkomitees am 22. November 1985 wurden Konrad Naumann und Herbert Häber, offiziell aus gesundheitlichen Gründen, von ihren Parteifunktionen entbunden. Der Anlass für das Ausscheiden Konrad Naumanns war eine Rede, die er vor Dozenten und Professoren in der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED gehalten hatte. Diese Rede wertete das Politbüro als einen Generalangriff auf die Politik der SED und er musste zurück treten.[14] Herbert Häber wurde Opfer einer Intrige, die sich insbesondere gegen seine deutschlandpolitischen Vorstellungen richtete.[15]
Vom Kandidaten zum Mitglied stiegen seit 1981 Werner Jarowinsky[16], Günther Kleiber[17], Egon Krenz und Günter Schabowski[18] auf.
Neu hinzu kamen die drei Ersten Sekretäre von Bezirksleitungen Hans-Joachim Böhme, Werner Eberlein und Siegfried Lorenz, die bereits auf der 11. Tagung des Zentralkomitees am 22. November 1985 als Kandidaten gewählt wurden[19] und außerdem Heinz Keßler.
Es erfolgte die Wahl der fünf Kandidaten des Politbüros Ingeburg Lange, Gerhard Müller, Margarete Müller, Gerhard Schürer und Werner Walde. Im Vergleich zu 1981 kam Gerhard Müller neu hinzu, insgesamt hatte sich die Anzahl der Kandidaten um drei verringert.
Dem Politbüro gehörten damit 27 Genossen an. Die Anzahl hatte sich im Vergleich zu 1981 um zwei erhöht. Erstmalig gehörten nun sechs Erste Bezirkssekretäre dem Politbüro an, davon vier als Mitglieder und zwei als Kandidaten, damit erhielt die Bezirksebene mehr Mitwirkung im engsten Machtzirkel der SED.
Neben dem Generalsekretär Erich Honecker wurden als Sekretäre des Zentralkomitees Hermann Axen, Horst Dohlus, Werner Felfe, Kurt Hager, Joachim Herrmann, Werner Jarowinsky, Egon Krenz, Ingeburg Lange, Günter Mittag und Günter Schabowski einstimmig gewählt. Alle Sekretäre gehörten gleichzeitig dem Politbüro an.

Mitglieder des Politbüros
Erich Honecker: Generalsekretär des ZK der SED zuständig für die Fragen der Innen- und Außenpolitik und als Sekretär verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung für Kaderfragen, Abteilung Verkehr im ZK der SED und des Büros des Politbüros, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, Vorsitzender des Staatsrates der DDR
Hermann Axen[20]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Internationale Verbindungen (Parteibeziehungen), der Abteilung Auslandsinformation, der Abteilung für Internationale Politik und Wirtschaft im ZK der SED, der Außenpolitischen Kommission beim Politbüro, des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer, des Friedensrates der DDR, der Liga für Völkerfreundschaft, Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten der Volkskammer der DDR
Hans-Joachim Böhme: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Halle
Horst Dohlus[21]: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Parteiorgane, der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe, der Abteilung Verwaltung der Wirtschaftsbetriebe im ZK der SED, der Redaktion “Neuer Weg“, der Leitung der Parteiorganisation und Betriebsgewerkschaftsleitung im Apparat des ZK der SED
Werner Eberlein: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Magdeburg und Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Werner Felfe: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Landwirtschaft im ZK der SED, Mitglied des Staatsrates und Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Kurt Hager: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Wissenschaften, Abteilung Kultur, Abteilung Volksbildung, Abteilung Gesundheitspolitik im ZK der SED, Redaktion der Parteizeitschrift "Einheit", des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, des Dietz Verlags, der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, der Parteihochschule "Karl Marx", der Kulturkommission beim Politbüro und Kommission der Leiter der gesellschaftswissenschaftlichen Institute beim ZK der SED, Vorsitzender des Ausschusses für Volksbildung der Volkskammer, Mitglied des Staatsrates und Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Joachim Herrmann: Sekretär des ZK, verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Befreundete Parteien, der Abteilung Agitation, der Abteilung Propaganda im ZK der SED, der Agitationskommission beim Politbüro, der Zeitung "Neues Deutschland", des Nationalrates der Nationalen Front und der Parteien der DDR (CDU, LDPD, DBD) sowie für alle Fragen der Arbeit mit den ausländischen Korrespondenten
Werner Jarowinsky: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel im ZK der SED, der Arbeitsgruppe für Kirchenfragen im ZK der SED, Vorsitzender des Ausschusses für Handel und Versorgung der Volkskammer der DDR
Heinz Keßler: Minister für Nationale Verteidigung, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Günter Kleiber[22]: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Ständiger Vertreter der DDR im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)
Egon Krenz: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung für Sicherheitsfragen, der Abteilung für Staats- und Rechtsfragen, Abteilung Jugend, Abteilung Sport im ZK der SED, der Jugendkommission beim Politbüro, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Werner Krolikowski[23]: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Siegfried Lorenz: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Karl-Marx-Stadt
Erich Mielke: Minister für Staatssicherheit, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Günter Mittag: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Planung und Finanzen, Abteilung Forschung und technische Entwicklung, Abteilung Grundstoffindustrie, Abteilung Maschinenbau und Metallurgie, Abteilung Bauwesen, Abteilung Leicht-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie, Abteilung Transport- und Nachrichtenwesen, Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik, Abteilung Sozialistische Wirtschaftsführung im ZK der SED, des Zentralinstituts für Sozialistische Wirtschaftsführung, der Wirtschaftskommission beim Politbüro, Arbeitsgruppe Zahlungsbilanz, Arbeitsgruppe BRD und des Koordinierungsbüros beim Politbüro, Kommission zur Koordinierung der ökonomischen, kulturellen und wissenschaftlich-technischen Beziehungen der DDR zu Ländern Asiens, Afrikas und des arabischen Raumes, Arbeitsgruppe RGW, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates, Vorsitzender des Ausschusses für Industrie, Bauwesen und Verkehr der Volkskammer der DDR, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Erich Mückenberger: Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission, Präsident der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Mitglied des Präsidiums der Volkskammer der DDR und Vorsitzender der SED-Fraktion
Alfred Neumann: Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Anleitung und Kontrolle der SDAG Wismut, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Günter Schabowski: Sekretär des ZK der SED, Chefredakteur der Zeitung "Neues Deutschland" und Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Berlin
Horst Sindermann: Präsident der Volkskammer, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Willi Stoph: Vorsitzender des Ministerrates, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Harry Tisch: Vorsitzender des Bundesvorstandes des FDGB, Mitglied des Staatsrates der DDR

Kandidaten des Politbüros
Ingeburg Lange: Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Abteilung Frauen im ZK der SED, Frauenkommission beim Politbüro
Gerhard Müller: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Erfurt
Margarete Müller: Leiterin der Agrar-Industrie-Vereinigung Pflanzenproduktion Friedland, Mitglied des Staatsrates der DDR
Gerhard Schürer: Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Vorsitzender der Staatlichen Plankommission der DDR
Werner Walde: Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Cottbus

Im Anschluss an den Parteitag beschloss am 23. April das Zentralkomitee gemeinsam mit dem Ministerrat und dem Bundesvorstand des FDGB weiter sozialpolitische Maßnahmen. So wurde der Schwangerschaftsurlaub auf mindestens ein Jahr verlängert, die bezahlte Freistellung von Müttern zur Pflege erkrankter Kinder nun auf Familien mit zwei (vorher drei) Kindern ausgeweitet sowie das Kindergeld und das zinslose Ehestandsdarlehen (7.000 Mark) erhöht.
Außenpolitisch hatte die DDR in den achtziger Jahren ein Höchstmaß an internationaler Anerkennung erreicht. So übernahm sie beispielsweise 1987 den Vorsitz in der UNO-Vollversammlung. Ihre Bemühungen um die Fortsetzung der Entspannungspolitik brachten ihr hohes internationales Ansehen. Erich Honecker absolvierte zahlreiche Besuche in westlichen Industriestaaten, darunter in Frankreich, Spanien, Italien und Japan. Der Normalisierungsprozess zwischen den beiden deutschen Staaten setzte sich fort. Erstmalig nahmen im März 1987 neben mehreren Offizieren aus westlichen Staaten auch zwei Offiziere der Bundeswehr als offizielle Beobachter an einem Manöver der Streitkräfte der Staaten des Warschauer Vertrages teil, welches in der DDR stattfand. Im Gegenzug weilten erstmals zwei Oberste der NVA als Beobachter des NATO-Manövers "Reforger 87" Anfang November 1987 in der Bundesrepublik Deutschland. [24] Nach vielen Schwierigkeiten von sowjetischer Seite besuchte Erich Honecker auf Einladung des Bundeskanzlers vom 7. bis 11. September 1987 erstmalig offiziell die Bundesrepublik Deutschland. Er wurde von Bonner Spitzenpolitikern und einigen Ministerpräsidenten empfangen. Ein gemeinsames Kommunique und drei Regierungsabkommen auf den Gebieten Wissenschaft und Technik, Umwelt- und Strahlenschutz wurden unterzeichnet.
Auch die Beziehungen zwischen der SED und der SPD entwickelten sich weiter. Beide Parteien verhandelten insbesondere über sicherheitspolitische Fragen und verabschiedeten im August 1987 das Dokument "Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit", welches Positionen zu grundsätzlichen Fragen beider Systeme behandelte. Sie bekannten sich darin zu unterschiedlichen bis gegensätzlichen Gesellschaftskonzepten und Grundüberzeugungen und plädierten für einen friedlichen Wettbewerb der Systeme und systemöffnenden Dialog.
Die SED-Führung war jedoch nicht an einer innerparteilichen prinzipiellen oder gar kontroversen Diskussion über theoretische und historische Probleme interessiert. Sie fürchtete sich vor einer ideologisch aufweichenden Wirkung des Papiers. Deshalb steuerte sie bereits im Vorfeld das entsprechende Echo auf das Dokument. Schon am 28. Juli 1987 beschloss das Politbüro, relevante Beiträge für Zeitschriften vorzubereiten, um die Positionen der SED darzulegen und übermittelte den Grundorganisationen eine entsprechende Information.[25]
Dem Reformprozess in der Sowjetunion stand die SED-Führung erst mit Skepsis, dann mit Ablehnung gegenüber. Sie vertrat einen Kurs, der die Entwicklung in der Sowjetunion nicht mehr als beispielhaft ansah und propagierte nur noch einen eigenen, nationalen Weg als zukunftsweisend für die DDR. Das Verhältnis beider Parteiführungen verschlechterte sich zusehends. 1987 begannen eindeutige Restriktionen von Seiten der SED. Das Politbüro beschloss am 20. Oktober, dass "Reden von Genossen der KPdSU ... auszugsweise oder zusammengefasst veröffentlicht" werden sollten [26]. Außerdem befasste es sich auf dieser Sitzung mit dem sowjetischen Film "Die Reue", wobei es forderte, diesen "von marxistisch-leninistischen Positionen aus einer kritischen Wertung zu unterziehen." [27] Fünf sowjetische Filme, u. a. "Die Kommissarin" "Und Morgen war Krieg" oder "Das Thema" verschwanden im November 1988 vom Spielplan. Am 18. November 1988 erfolgte das "Sputnik"-Verbot. Die gern gelesene sowjetische Zeitschrift hatte Beiträge gedruckt, die den Reformprozess widerspiegelten. Die im Heft 10/1988 erschienenen Artikel setzten sich insbesondere mit der kommunistischen Vergangenheit auseinander. Die SED sah sich direkt in ihrer Integrität angegriffen und verbot die Auslieferung des Heftes, was einen Proteststurm in der Bevölkerung auslöste. Auch in den Parteigruppen verstärkten sich Unmut und Resignation, jedoch kam ein offener innerparteilicher Dialog nicht zustande.
Die 7. Tagung des Zentralkomitees der SED [28] am 1. und 2. Dezember 1988 verdeutlichte die innenpolitische Stagnation sowie die Reformfeindlichkeit der Parteiführung. So verkündete Erich Honecker den "Sozialismus in den Farben der DDR". Die Ausführungen von Gerhard Schürer zu den Planentwürfen enthielten bei deutlich angespannter Wirtschafts- und Finanzlage keine neuen Lösungsansätze. Die Tagung beschloss die vorzeitige Einberufung des XII. Parteitages für Mai 1990. Gleichzeitig wurde festgelegt, die SED-Mitgliedsbücher und Kandidatenkarten umzutauschen[29] und mit jedem Genossen ein persönliches Gespräch zu führen.[30] Eine erste Einschätzung über die Ergebnisse der Gespräche gab die Abteilung Parteiorgane an das Sekretariat am 27. September 1989.[31] Eine Ausgabe der neuen Parteidokumente fand nicht mehr statt.[32] Diese wurden zusammen mit der gesamten SED-Mitgliederkartei und den Fragebögen in Eigenregie von der Abteilung Parteiorgane Ende 1989 im Haus des Zentralkomitees dem Reißwolf übergeben.[33]
In der ersten Hälfte des Jahres 1989 verschärften sich die außen- und innenpolitischen Krisensymptome. Die SED-Führung reagierte nur noch auf äußere Ereignisse oder äußeren Druck, sie agierte kaum noch.
Gegen Repräsentanten der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung gingen die Sicherheitsorgane verschärft vor, so auch bei der Demonstration aus Anlass des 69. Jahrestages der Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs am 17. Januar. 1988. Verhaftungen und Verurteilungen von Bürgerrechtlern belasteten zunehmend das Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Einige Oppositionelle mussten aus der DDR vorübergehend ausreisen. Die Fälschung der Ergebnisse der Kommunalwahlen am 7. Mai 1989, die Polizeieinsätze gegen Andersdenkende, die Verteidigung der blutigen Niederschlagung der Studentendemonstrationen in China, das Beharren auf dem Fortbestand der Mauer bei gleichzeitiger Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR hinterließen bei großen Teilen der Bevölkerung verstärkten Unwillen und immer mehr Menschen verließen die DDR. Die Ausreiseanträge nahmen ständig zu. Am 1. Januar 1989 trat eine neue Reiseordnung in Kraft. Bis Ende September beantragten fast 161 000 Bürger die ständige Ausreise aus der DDR. Unter den Antragsstellern befanden sich auch immer mehr Genossen.
Bis zum Herbst flohen Zehntausende über die Botschaften der Bundesrepublik in Prag, Budapest und Warschau sowie über die im September geöffnete ungarisch-österreichische Grenze in die Bundesrepublik Deutschland. Innerhalb von drei Tagen trafen 15 000 DDR-Bürger in der Bundesrepublik ein. Diese Massenausreisen unterminierten die Staatsautorität und verursachten große Unruhe in der Bevölkerung. Die SED-Führung schwieg jedoch und konzentrierte sich auf die Vorbereitung des 40. Jahrestages der Gründung der DDR.
Die Opposition formierte sich. Im Sommer und Herbst entstanden neue Parteien und Bewegungen, wie die Sozialdemokratische Partei, der Demokratische Aufbruch, das Neue Forum, die Initiative Vereinigte Linke und Demokratie jetzt. Ihre Mitglieder traten verstärkt in der Öffentlichkeit auf und forderten umfassende gesellschaftliche Veränderungen. Die Reformwelle ergriff auch die Künstler, die verschiedene Resolutionen im September und Oktober verfassten. Ihr Protest wurde ein wesentlicher Mobilisierungsfaktor. Auch SED-Mitglieder beteiligten sich an den neuen Bewegungen und Initiativen, die alte SED begann zu zerfallen. Zwischen Sommer und Herbst traten 100 000 Mitglieder aus, vom 18. Oktober bis 22. November verlor die Partei nochmals 220 000 ihrer Mitglieder.[34]
Die Lage in der DDR verschärfte sich weiter. In Leipzig etablierten sich seit September die Montagsdemonstrationen, an denen immer mehr Menschen teilnehmen. Die Protestbewegung erfasste weite Teile der Gesellschaft. Am 9. Oktober demonstrierten bereits über 70 000 Bürger, die für Veränderungen eintraten und die Losung "Wir sind das Volk" prägten. Die Staatsmacht verzichtete auf den Einsatz von Gewalt, aber die Versuche der SED, den gewaltfreien Dialog zur Konsolidierung ihrer Macht zu nutzen, schlugen fehl. Die Zahl der Demonstranten erhöhte sich von Woche zu Woche. Auch in anderen Städten fanden politische Veranstaltungen statt. Besonders im Umfeld des 7. Oktober war es zu ungenehmigten Demonstrationen, z. B. in Berlin und Dresden, gekommen, bei denen noch massiver Polizeieinsatz aufgeboten wurde. Über 3.000 Teilnehmer wurden festgenommen und 700 Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Auf der Festveranstaltung zum 40. Jahrestag zeigte Erich Honecker erneut seinen Reformunwillen. Zwar signalisierte eine Erklärung des Politbüros vom 11. Oktober [35] Dialogbereitschaft, aber nur im Rahmen der bestehenden Institutionen. Die Forderung, die alte politische Führungsriege abzulösen, wurde immer stärker.
Am 18. Oktober 1989 nahm das Zentralkomitee auf seiner 9. Tagung[36] den Rücktritt des Generalsekretärs Erich Honecker aus gesundheitlichen Gründen entgegen. Außerdem wurden die Sekretäre und Politbüromitglieder Günter Mittag und Joachim Herrmann ohne Begründung von ihren Funktionen entbunden.[37] Es gab aber kein neues strategisches Konzept, die SED konnte keine konstruktive Rolle übernehmen. Sie war dem Tempo der Veränderungen nicht gewachsen. Egon Krenz wurde für nur 49 Tage der Nachfolger Erich Honeckers an der Spitze der Partei. Am 24. Oktober wählte ihn die Volkskammer außerdem zum Vorsitzenden des Staatsrates sowie zum Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates.
Die Demonstration am 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz, bei der über 700.000 Menschen für Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie für freie Wahlen demonstrierten, trug dazu bei, dass auf der 10. Tagung des Zentralkomitees[38] am 8. November das bisherige Politbüro geschlossen zurück trat. Das Zentralkomitee wählte ein neues Politbüro. Es wurde namentlich über jeden Vorschlag abgestimmt und zu den einzelnen Vorschlägen teilweise debattiert. So erreichten die von Egon Krenz vorgeschlagenen Genossen Horst Dohlus und Günter Kleiber keine Mehrheit im Zentralkomitee. Gerhard Müller wurde als Kandidat des Politbüros ebenfalls nicht gewählt.
Dem letzten Politbüro gehörten kurzzeitig elf Mitglieder an: Hans-Joachim Böhme, Werner Eberlein, Wolfgang Herger, Werner Jarowinsky, Heinz Keßler, Egon Krenz, Siegfried Lorenz, Hans Modrow, Wolfgang Rauchfuß, Günter Schabowski und Gerhard Schürer. Neu hinzugekommen waren nur Wolfgang Herger, Hans Modrow und Wolfgang Rauchfuß.
Es erfolgte die Wahl der sechs Kandidaten des Politbüros: Johannes Chemnitzer, Ingeburg Lange, Margarete Müller, Günter Sieber, Werner Walde und Hans-Joachim Willerding.
Neben dem Generalsekretär Egon Krenz wurden als Sekretäre des Zentralkomitees Johannes Chemnitzer, Wolfgang Herger, Ingeburg Lange, Siegfried Lorenz, Wolfgang Rauchfuß, Günter Schabowski, Günter Sieber und Hans-Joachim Willerding gewählt.
Werner Eberlein wurde Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission.
Die Leitung des Bereiches Kultur sollte Klaus Höpcke und die der Bereiche Wissenschaft und Bildung Gregor Schirmer übernehmen. Jedoch konnten beide noch nicht in das Politbüro oder Sekretariat gewählt werden, da sie dem Zentralkomitee nicht angehörten und das Statut diese Möglichkeit nicht vorsah. Deshalb wurde Klaus Höpcke zum Leiter der Kulturkommission beim Politbüro und Gregor Schirmer zum Leiter der Kommission Wissenschaft und Bildung gewählt. Es war vorgesehen, dass sie an den Sitzungen des Politbüros und Sekretariats teilnehmen.
Das Zentralkomitee beschloss noch auf seiner Tagung am 8. November folgende Arbeitsverteilung, die jedoch nicht mehr Realität werden sollte:

Mitglieder des Politbüros
Egon Krenz Generalsekretär des ZK der SED, Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, Vorsitzender des Staatsrates der DDR
Hans-Joachim Böhme Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Halle
Werner Eberlein Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Magdeburg, Vorsitzender der Zentralen Parteikontrollkommission
Wolfgang Herger Sekretär des ZK und verantwortlich für die Bereiche Staats-, Rechts- und Sicherheitsfragen
Werner Jarowinsky Erster Vizepräsident der Volkskammer der DDR (Vorschlag)
Heinz Keßler Minister für Nationale Verteidigung, Mitglied des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
Sigfried Lorenz Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle des Bereichs Parteiorgane
Hans Modrow Vorsitzender des Ministerrats der DDR (Vorschlag)
Wolfgang Rauchfuß Sekretär des ZK und verantwortlich für den Bereich Wirtschaftspolitik, Handel und Versorgung
Günter Schabowski Sekretär des ZK und verantwortlich für die Bereiche Agitation und Propaganda
Gerhard Schürer Sekretär des ZK.

Kandidaten des Politbüros
Johannes Chemnitzer Sekretär des ZK und verantwortlich für die Anleitung und Kontrolle der Bereiche Landwirtschaft und Umweltschutz
Ingeburg Lange Sekretär des ZK und Leiterin der Frauenkommission
Margarete Müller Vorsitzende der LPG Pflanzenproduktion Kotelow und Mitglied des Staatsrates der DDR
Günter Sieber Sekretär des ZK, vorgeschlagen als zukünftiger Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Berlin
Werner Walde Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED Cottbus
Hans- Joachim Willerding Sekretär des ZK und verantwortlich für internationale Fragen

Teilnehmer der Sitzungen des Politbüros und Sekretariats:
Klaus Höpcke Leiter der Kulturkommission und verantwortlich für den Bereich Kultur
Gregor Schirmer Leiter der Kommission Wissenschaft und Bildung, verantwortlich für die Bereiche Wissenschaft und Bildung

Innerhalb von 24 Stunden mussten Hans-Joachim Böhme, Werner Walde und Johannes Chemnitzer zurücktreten, da die eigenen Bezirksorganisationen ihnen ihr Misstrauen aussprachen.
Es wurde der Entwurf eines Aktionsprogramms vorgestellt. Dieser beinhaltete Reformen für die Partei und die gesamte Gesellschaft, einschließlich freier Wahlen.
Außerdem beschlossen sie, für Mitte Dezember eine Parteikonferenz einzuberufen. Damit versuchte die SED-Führung, sich von der Basis ihre Politik bestätigen zu lassen, ohne personelle Änderungen vornehmen zu müssen.
Der innenpolitische Druck wuchs weiter. Eine schnelle Lösung des Reiseproblems war unerlässlich geworden. Am 6. November veröffentliche die Presse den Entwurf einer neuen Reiseverordnung, die wieder zahlreiche Einschränkungen enthielt und deshalb auf Ablehnung in der Bevölkerung stieß. Ein neuer Entwurf wurde formuliert und am 9. November während des zweiten Sitzungstages im Zentralkomitee abschließend beraten. Auf der internationalen Pressekonferenz über den Verlauf der 10. Tagung verkündete Günter Schabowski den Wortlaut des Reisegesetzentwurfs[39] und um 18.53 Uhr auf die Frage des italienischen Journalisten Riccardo Ehrmann nach dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens, antwortete er salopp: "...sofort, unverzüglich"[40]. Damit waren praktisch die Grenzen für jedermann offen. Die Mauer in Berlin als undurchlässige Systemgrenze und als Symbol der deutschen Teilung hörte auf, zu existieren. Die überraschende Grenzöffnung destabilisierte die Lage in der DDR weiter.
Getrieben durch die Bevölkerung und durch die eigenen Genossen, beschloss das Politbüro am 12. November, die nächste, die 11. Tagung des Zentralkomitees bereits am folgenden Tag durchzuführen. Dort unterbreitete Egon Krenz den Vorschlag, einen außerordentlichen Parteitag einzuberufen[41], da die Parteibasis dies vehement forderte. Personelle Änderungen im Staatsapparat folgten. Am 13. November wählte die Volkskammer ihren neuen Präsidenten Günter Maleuda sowie Hans Modrow zum Ministerpräsidenten der DDR. In der Regierungserklärung unterbreitete er am 17. November einen Weg zur demokratischen Erneuerung, für Reformen sowie eine weltoffene DDR und stellte die neue Regierungskoalition vor. Ende November formierten sich innerhalb der SED Basisbewegungen, die auf Kundgebungen und in Betrieben die Beseitigung der Machtstrukturen, die Aufdeckung von Machtmissbrauch und Gesetzesverletzungen forderten. Am 1. Dezember änderte die Volkskammer die Verfassung der DDR und strich ersatzlos den im Artikel 1 verankerten Führungsanspruch der SED. Am 7. Dezember trafen sich Vertreter von 14 Parteien und Bewegungen zu Beratungen am Runden Tisch, die u. a. als Datum für die ersten freien Volkskammerwahlen den 6. Mai 1990 festlegten.
Auf der 12. Tagung des Zentralkomitees am 3. Dezember[42] trat Egon Krenz gemeinsam mit dem Politbüro und dem Zentralkomitee zurück. Drei Tage später übergab er seine Amtsgeschäfte als Staatsratsvorsitzender seinem Stellvertreter Manfred Gerlach, dem Vorsitzenden der Liberal Demokratischen Partei Deutschlands. Der Nationale Verteidigungsrat der DDR wurde aufgelöst.
Der Versuch, mit kontrollierten Reformen die Positionen der SED in ihrer Substanz zu wahren, war gescheitert. Die Partei selbst war durch Massenaustritte und heftige Proteste der Parteibasis in eine tiefe Existenzkrise geraten. Die am meisten diskreditierten Repräsentanten des alten Kurses wurden aus der SED ausgeschlossen. Unmittelbar nach dem Rücktritt der führenden Gremien konstituierte sich innerhalb der SED ein zeitweiliger Arbeitsausschuss unter Leitung Herbert Krokers.[43] Dieser Ausschuss bereitete den Sonderparteitag vor und arbeitete die Grundsatzdokumente aus. Der außerordentliche Parteitag tagte in zwei Runden am 8. und 9. sowie am 16. und 17. Dezember 1989 und nahm die Änderung des Parteinamens von SED in SED-PDS[44] vor. Die Statuten wurden geändert, ein Präsidium sowie ein Parteivorstand und Gregor Gysi zum Vorsitzenden gewählt. Der neue Vorstand entschied am 20. Januar 1990 mit 76 Stimmen gegen zehn Stimmen bei vier Enthaltungen gegen die Auflösung der Partei und beschloss am 4. Februar ihre Umbenennung in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS).

Die Sicherung des Archivgutes des Zentralkomitees und Politbüros
In den bisher erschienenen vier Teilen der Mikrofiche-Edition sind ausführlich die Quantität und Qualität des Archivgutes des Politbüros erläutert worden, deshalb folgen hier nur einige Ergänzungen für den Zeitraum bis zum Rücktritt des Poltbüros auf der Außerordentlichen (12.) Tagung des Zentralkomitees am 3. Dezember 1989.[45]
Vom 6. Januar 1981 bis 3. Dezember 1989 fanden 458 Sitzungen des Politbüros[46] statt. Bis zum 18. Oktober 1989 leitete Erich Honecker die Sitzungen.[47] Die längste Beratung fand unter seiner Leitung am 10. Oktober 1989 [48] statt, sie dauerte insgesamt acht Stunden. Entsprechende Beschlüsse regelten seine Vertretung im Politbüro.[49] So übernahmen Paul Verner am 14. Juli 1981, Kurt Hager am 8. September 1981, Horst Dohlus am 15. August 1983, Günter Mittag am 4. September 1984 und Werner Jarowinsky am 20. August 1984 die Leitung. Vom 8. Oktober 1985 bis zum 14. März 1989 vertrat ihn Egon Krenz. Im Sommer 1989 übernahmen vom 27. Juni bis 1. Juli Horst Dohlus und vom 15. August bis 26. September 1989 Günter Mittag die Vertretung. Vom 24. Oktober bis zur letzten, zweistündigen Sitzung am 3. Dezember 1989 lag die Sitzungsführung in den Händen des Generalsekretärs Egon Krenz.
Für die Anfertigung der Sitzungsprotokolle des Politbüros zeichneten im Büro des Politbüros[50] die Leiterin Gisela Glende (1981-1986) und deren Nachfolger Edwin Schwertner[51] (1986-1989) und bei deren Abwesenheit Thilo Fischer verantwortlich. Sie diktierten als Protokollführer nach jeder Sitzung der zuständigen Sekretärin im Protokollbüro ein Original-Protokoll[52], das sogenannte Reinschriftenprotokoll. Die Anlagen zu den Beschlüssen wurden nach den ursprünglichen Vorlagen angefertigt und hinzugefügt. Nachdem der Generalsekretär das Protokoll abgezeichnet hatte, wurde es mit den Anlagen in eine Mappe gelegt. Erich Honecker unterzeichnete die Protokolle bis zum 19. September 1989 mit seiner Paraphe "EH", danach fehlen die Unterschriften. Das Protokoll der Sitzung, die vom 8. bis 10. November 1989 stattfand, enthält keine Angaben über die Dauer der täglichen Zusammenkünfte des Politbüros.
Der Durchschlag des Original-Protokolls diente als Ausgangsdokument für das jeweilige Arbeitsprotokoll, das mit handschriftlichen Ergänzungen versehen wurde, so u. a. mit den Angaben zur Verteilung der Beschlussauszüge. Das Arbeitsprotokoll, die Einladung, die Tagesordnung und die Vorlagen kamen in eine gesonderte Mappe und verblieben, wie auch die Reinschriftenprotokolle, Informationen und Rundschreiben, für zwei Jahre zur Erledigung der Arbeitsaufgaben griffbereit in den Panzerschränken im Büro des Politbüros. Danach erfolgte die Übergabe an das Interne Parteiarchiv, das ebenfalls zum Büro des Politbüros gehörte und auf Beschluss des Sekretariats des ZK vom 19. August 1959 eingerichtet worden war.[53]
Eine interne Arbeitsordnung für die Sekretärinnen im Protokollbüro, ab 1987 Beschlussbüro genannt, regelte in den achtziger Jahren die Anfertigung, Ablage sowie die Übergabe der Protokolle und Beschlussauszüge an das Interne Parteiarchiv. Dieses Archiv, welches sich im Gebäude des Zentralkomitees befand und die Aufgabe hatte, die in den Führungsgremien entstandenen und als vertraulich oder geheim eingestuften Dokumente zu sichern und zu verzeichnen, unterstand dem Leiter des Büros des Politbüros. Er musste garantieren, dass die leitenden Funktionäre das dort deponierte Schriftgut jederzeit für ihre Tätigkeit nutzen konnten. Es war nicht vorgesehen, diese Unterlagen für Forschungsvorhaben bereitzustellen. Darüber hinaus waren für die Erfassung, Sicherung und Archivierung des historisch wertvollen Parteischriftgutes außerdem das nicht öffentliche, organisationseigene Zentrale Parteiarchiv[54] sowie die fünfzehn Bezirksparteiarchive zuständig.
Nach dem Ausscheiden Erich Honeckers aus dem Parteiapparat am 18. Oktober 1989 übernahm sein Nachfolger Egon Krenz zunächst einige in den Arbeitsräumen verbliebene Unterlagen für seine Arbeit. Die Zimmer der beiden abgesetzten Politbüromitglieder und Sekretäre Joachim Hermann und Günter Mittag blieben vorerst unberührt. Zwei Wochen später zeichnete sich der Zusammenbruch des alten SED-Apparates und die Selbstauflösung der Abteilungen des Zentralkomitees immer stärker ab, vor allem nach der Öffnung der Berliner Mauer und der 10. Tagung des Zentralkomitees am 10. November. Erfolgte die Sicherung und Erfassung des Schriftgutes im Sommer und Frühherbst 1989 noch mehr oder weniger nach den Vorschriften (ordnungsgemäße Aktenbildung und Aktenabgrenzung, Erstellen der Übergabelisten), so konnten die Schriftgutübernahmen im November nur noch als Notübernahmen bewältigt werden.
Bereits Anfang November gingen die Archivare des Zentralen und Internen Parteiarchivs[55] den Hinweisen von Mitarbeitern[56] über Aktenvernichtungen[57] nach. Davon waren besonders die Unterlagen der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe sowie das Schriftgut des Büros Joachim Herrmann betroffen. Diese Vernichtungen standen im Gegensatz zu den Festlegungen der Registraturordnung für den zentralen Parteiapparat. Nach bekannt werden dieser Vorgänge informierte der Leiter des Zentralen Parteiarchivs, Heinz Voßke, den Leiter des Büros des Politbüros, Edwin Schwertner, um solche Aktionen zu unterbinden und das verbliebene Schriftgut zu retten.
Die Einflussnahme des Zentralen Parteiarchivs auf die Schriftgutverwaltung im SED-Apparat beschränkte sich in den Jahren zuvor nicht nur auf die Ausarbeitung von Richtlinien für die Archivierung der Dokumente, sondern sie umfasste auch die methodische Anleitung der Sekretärinnen in den Abteilungen und in den Sekretariaten der Politbüromitglieder. Hohe Fluktuationsraten bei den Schriftgutbetreuern in einigen Registraturen und die oft mangelnde Bereitschaft einiger Abteilungsleiter, sich für die Schriftgutverwaltung zu engagieren, führten immer wieder zu Einbrüchen auf diesem Gebiet und zum Verlust von Schriftgut.
Der Einfluss des Zentralen Parteiarchivs auf eine geordnete und vollständige Abgabe des Parteischriftgutes konnte in den Herbsttagen 1989 nur über den Leiter des Büros des Politbüros geltend gemacht werden, da das Archiv als Abteilung eines wissenschaftlichen Forschungsinstituts keinerlei Weisungsrecht besaß.
Dieser reagierte schnell und appellierte am 9. November in einem Rundschreiben an die Büros der Politbüromitglieder Hermann Axen, Günter Mittag, Werner Krolikowski, Horst Dohlus, Kurt Hager und Erich Mückenberger.[58] Er forderte dazu auf, archivwürdiges Schriftgut entsprechend den geltenden Beschlüssen und Festlegungen des Sekretariats des ZK der SED an die Altregistratur des Zentralen Parteiarchivs, die sich ebenfalls im Haus des Zentralkomitees befand, abzugeben. Selbst sensibilisiert, gab er nicht mehr benötigte Arbeitsunterlagen, wie beispielsweise die letzten handschriftlichen Notizen Erich Honeckers[59] in Vorbereitung der Politbürositzungen am 10. und 11. Oktober 1989, persönlich im Internen Parteiarchiv ab.
Zur letzten zweistündigen Sitzung kamen die zwölf verbliebenen Mitglieder und Kandidaten[60] des Politbüros am 3. Dezember 1989 um 8.30 Uhr zusammen und traten nachmittags gemeinsam mit dem Zentralkomitee zurück. Zur Vorbereitung des Außerordentlichen Parteitages konstituierte sich ein Arbeitsausschuss. Dieser setzte eine parteiinterne Untersuchungskommission ein, die noch in der Nacht zum 4. Dezember die Arbeitszimmer und Sekretariate der Politbüromitglieder in der zweiten Etage im Gebäude des Zentralkomitees versiegeln ließ.[61] Der neue Parteivorsitzende Gregor Gysi hob diese Maßnahme im Januar 1990 auf. Nun konnten Archivmitarbeiter in den frei gegebenen Zimmern die vorhandenen Dokumente sichern sowie Schriftgut, welches herrenlos auf Fluren und Gängen lagerte und auf seine Vernichtung wartete, retten. Unterlagen aus den Arbeitsräumen der bereits entlassenen Mitarbeiter gelangten überwiegend in loser Form (Stehordner, lose Blattablage) ins Archiv.
Der stellvertretende Generalstaatsanwalt, Staatsanwälte und Kriminalisten der DDR sichteten und beschlagnahmten Schriftgut in den Büros der Generalsekretäre Egon Krenz und Erich Honecker, der Politbüromitglieder Günter Mittag, Joachim Hermann und Werner Krolikowski sowie in den Arbeitsräumen der Abteilungen Finanzverwaltung und Parteibetriebe, Planung und Finanzen, Staats- und Rechtsfragen und Parteiorgane. Erst danach konnten Ende Februar Archivare die verbliebenen Materialien aus den Büros der Politbüromitglieder Erich Honecker, Egon Krenz, Günter Schabowski und Günter Mittag sichern. Mitarbeiter des Internen Parteiarchivs übernahmen vom 8. bis 11. Januar 1990 letztmalig aus den Arbeitszimmern des Beschlussbüros im Büro des Politbüros[62] die Sitzungsprotokolle des Politbüros, des Sekretariats und des Zentralkomitees. In den Monaten des Umbruchs retteten verantwortungsvolle Archivare etwa 500 lfm historisch wertvolles Schriftgut vor der drohenden Vernichtung.
Mit dem Präsidiumsbeschluss der SED-PDS vom 4. Januar 1990 wurden die alten Strukturen des Parteiapparates schrittweise beseitigt und die Arbeitsweise der Führungsspitze neu gestaltet. Darunter fiel auch die Zuordnung des gesamten Aktenbestandes des Internen Parteiarchivs[63], zu dem insbesondere die Sitzungsprotokolle des Politbüros gehörten, zum Zentralen Parteiarchiv beim neu gegründeten Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung.[64] Mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Partei des Demokratischen Sozialismus vom 29. Dezember 1992 gelangten schließlich die Bestände des Zentralen Parteiarchivs in die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv.

Die Numerierung der Protokolle
Das erste Protokoll des Jahres 1981 trägt die Nummer 1/81, alle weiteren bis zum X. Parteitag werden entsprechend der Chronologie durchgezählt. Mit der ersten Sitzung nach dem X. Parteitag der SED am 21. April 1981 beginnt die Zählung der Protokolle erneut mit 1 und endet, nun auch wieder durchgehend nummeriert mit der Protokollnummer 35/81 für die Sitzung am 22. Dezember 1981. Hier ist also zu beachten, dass die Ziffern 1 bis 14 im Jahr 1981 jeweils zweimal vergeben worden sind. Auch die außerordentlichen Sitzungen sind in diese Zählung aufgenommen.
In den Jahren, in denen kein Parteitag stattfand, werden die Protokolle jährlich ab Nr. 1/... durchgehend unter Einbeziehung beider Endziffern des jeweiligen Jahres gezählt. So trägt das erste Protokoll des Jahres 1982 die Nummer 1/82 und die letzte Sitzung des Jahres erhält die Nummer 51/82.
Mit der ersten Sitzung nach dem XI. Parteitag der SED am 29. April 1986 beginnt die Zählung der Protokolle erneut mit 1 und endet, nun auch wieder durchgehend nummeriert mit der Protokollnummer 35/86 für die Sitzung am 16. Dezember 1986. Hier ist also zu beachten, dass die Ziffern 1 bis 14 im Jahr 1986 jeweils zweimal vergeben worden sind. Zu der Signatur DY 30/J IV 2/2/2110 und DY 30/J IV 2/2/2211 gehören jeweils zwei Bände.
Die Konkordanzliste soll helfen, sich besser zurechtzufinden. Die Angaben der Indices beziehen sich immer auf den einzelnen Band der Archivsignatur und nicht auf die Protokollnummer.

Zum Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte
Das Verzeichnis der Sitzungen und Tagesordnungspunkte wurde erstellt, indem aus den Reinschriftenprotokollen die Tagesordnungspunkte der einzelnen Sitzungen des Politbüros übernommen worden sind. Es erfolgte eine Vereinheitlichung der Datierung und eine Hinzufügung aller in Frage kommenden Archivsignaturen für jede Sitzung, das heißt, dass die Signaturen des Reinschriftenprotokolls, des Arbeitsprotokolls und die Signatur der Beschlussauszüge angegeben wurden.

Zur Anlage der Indices
Für die Indices wurden ausschließlich die Angaben der Protokolltexte ausgewertet. Nicht einbezogen wurden die Anlagen zu den Protokollen.
Zum Personenindex bleibt zu bemerken, dass trotz hohem Aufwand bei einer solchen Fülle von Namen nicht immer die Zuordnung eines Vornamens möglich war. Auch Namensverschreibungen in den Texten konnten nicht in jedem Fall als solche erkannt werden. Sicher erkennbare Fehler wurden korrigiert. Die Mitglieder des Politbüros sind im Personenindex nur dann aufgeführt, wenn sie auch außerhalb der Anwesenheitsliste und nicht nur als Berichterstatter im Protokolltext erwähnt sind.
Beim kombiniertem Orts- und Sachindex handelt es sich um einen kumulierenden Stichwortindex, der verwandte und gleichartige Inhalte nicht über das ganze Alphabet verstreut, sondern bei einem oder mehreren Sammelbegriffen zusammenfasst.

Sylvia Gräfe
Ute Räuber

Quellenangaben:
[1] Siehe Protokoll der Verhandlungen des X. Parteitages der SED, 11. bis 16. April 1981 im Palast der Republik in Berlin, Bd. 1, Berlin 1981. Dokumente und Materialien zum X. Parteitages der SED sind in der SAPMO archiviert in: DY 30/IV 1/X/ 1 bis 32; Vorlagen, Festlegungen, Informationen über die Vorbereitung des X. Parteitages der SED und Grußadressen sind im Teilbestand Büro des Politbüros in den Akten DY 30/9101 bis 9117 zu finden.
[2] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 585 und 586.
[3] Das ZK wählte auf seiner 8. Tagung am 25. Mai 1978 Joachim Herrmann zum Mitglied des Politbüros, siehe BArch DY 30/IV 2/1/ 553.
[4] Das ZK wählte bereits auf seiner 12. Tagung am 22. Mai 1980 Horst Dohlus zum Mitglied des Politbüros, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 577.
[5] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/1889.
[6] Ab 24. Mai 1977 zeichnete Hermann Axen für die Allgemeine Abteilung verantwortlich. Auf Beschluss des Politbüros vom 25. August 1981 wurde sie zu einer Arbeitsgruppe herabgestuft, die am 16 Juni 1984 auf Beschluss des Sekretariats des ZK in den Sektor Dolmetscher/Übersetzer umbenannt und der Abteilung Internationale Verbindungen zugeordnet wurde.
[7] Auf Beschluss des Sekretariats vom 17. Juni 1981 wurde Kurt Hager auch für die Anleitung der Parteihochschule verantwortlich, vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 3646.
[8] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 593.
[9] Vgl. BArch DY 30/2105.
[10] Vgl. BArch DY 30/2104.
[11] Siehe Protokoll der Verhandlungen des XI. Parteitages der SED vom 17. bis 21. April 1986 im Palast der Republik in Berlin 1986, Berlin 1986.
[12] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 650.
[13] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2039.
[14] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 642.
[15] Das ZK wählte auf seiner 8. Tagung am 24. Mai 1984 Herbert Häber zum Mitglied des Politbüros. Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 622. Am 22. November 1985 wurde er von seinen Funktionen als Politbüromitglied und Sekretär des ZK der SED entbunden. Er blieb jedoch bis zum XI. Parteitag Mitglied des ZK der SED. Vgl. Nakath, Detlef, Stephan, Gerd-Rüdiger, Die Häber-Protokolle, Berlin 1999, S. 63 ff.
[16] Das ZK wählte auf seiner 8. Tagung am 24. Mai 1984 Werner Jarowinsky zum Mitglied des Politbüros, vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 622.
[17] Das ZK wählte auf seiner 8. Tagung am 24. Mai 1984 Günter Kleiber zum Mitglied des Politbüros, ebenda.
[18] Das ZK wählte auf seiner 8. Tagung am 24. Mai 1984 Günter Schabowski zum Mitglied des Politbüros, ebenda.
[19] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 641 und DY 30/IV 2/1/ 642.
[20]Vgl. Arbeitsprotokoll der 2. Tagung des Zentralkomitees vom 13. Juni 1986, Arbeitsverteilungsplan der Mitglieder und Kandiadaten des Politbüros, BArch DY 30/IV 2/1/ 655.
[21] Ebenda.
[22] Vgl. Arbeitsprotokoll der 2. Tagung des Zentralkomitees vom 13. Juni 1986, Arbeitsverteilungsplan der Mitglieder und Kandidaten des Politbüros, BArch DY 30/IV 2/1/ 655. Auf Beschluss des Politbüros vom 9. November 1988 wurde er von den staatlichen Funktionen als Vorsitzender der Regierungskommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit DDR-Rumänien, DDR-Kuba und als Vertreter der DDR im Komitee des RGW für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Maschinenbaus abberufen, vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2302.
[23] Nach dem Tod von Werner Felfe am 7. September 1988, erfolgt seine Berufung als Sekretär für Landwirtschaftsfragen im ZK der SED.
[24] Vgl. BArch DY 30/5223.
[25] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2232.
[26] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2244.
[27] Ebenda.
[28] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 685 bis 693.
[29] Das Politbüro verabschiedete am 7. Februar 1989 eine parteiinterne Direktive des ZK der SED für die Durchführung des Umtausches der Parteidokumente, vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2314.
[30] Am 8. Februar 1989 bestätigte das Sekretariat des ZK der SED das “Projekt für die Durchführung des Umtausches der Parteidokumente in der Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1989“, vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 4357.
[31] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3A/ 4879 und DY 30/J IV 2/2/2302.
[32] Mit der Gültigkeit der Parteidokumente (Mitgliedsbücher) befasste sich das Politbüro letztmalig am 16. November 1989, vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2362.
[33] Dafür wurde extra eine neue Verkollerungsmaschine in Berlin (West) eingekauft.
[34] Vgl. Grieder, Peter, Klein, Thomas, Otto, Wilfriede, Visionen - Repression und Opposition in der SED (1949-1989), Frankfurt/Oder 1997, S. 513.
[35] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/3246.
[36] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 701 bis 703.
[37] Vgl. Hertle, Hans-Hermann, Stephan, Hans-Rüdiger, Das Ende der SED. Die letzten Tage des Zentralkomitees, Berlin 1997, S. 103 ff.
[38] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 704 bis 713.
[39] Günter Schabowski lag die Ministerratsvorlage zur Reisereglung vor, vgl. BArch DY 30/J IV 2/2A/3256. Hans-Hermann Hertle, Chronik des Mauerfalls. Die dramatischen Ereignisse um den 9. November 1989, Berlin 1996.
[40] Vgl. Küchenmeister, Daniel, Nakath, Detlef, Stefan, Gerd-Rüdiger (Hrsg.), “...sofort, unverzüglich.“ Der Fall der Mauer am 9. November 1989, Potsdam 2000.
[41] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 714 und 715.
[42] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/ 716 und 717.
[43] Vorschläge für die Zusammensetzung des Arbeitsausschusses zur Vorbereitung des Außerordentlichen Parteitages, siehe BArch DY 30/IV 2/1/ 717.
[44] Vgl. Außerordentlicher Parteitag der SED/PDS. Protokoll der Beratungen am 8./9. und 16./17. Dezember 1989 in Berlin. Hrsg.: Hornbogen, Lothar, Nakath, Detlef, Stephan, Gerd-Rüdiger, Berlin 1999.
[45] Vgl. BArch DY 30/IV 2/1/717 und Egon Krenz. Herbst`89, Berlin 1999, S. 342 ff.
[46] Angaben über den Ablauf der Sitzungen des Politbüros siehe: Schabowski, Günter, Das Politbüro. Ende eines Mythos. Eine Befragung. Herausgegeben von Frank Sieren und Ludwig Koehne, Berlin 1990, S 20ff.
[47] Nach der Rücktrittserklärung Erich Honeckers übernahm in der einstündigen Sitzung des Politbüros am 18. Oktober 1989 Egon Krenz die Sitzungsleitung, vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2353. Angaben über den Sturz von Erich Honecker siehe: Krenz, Egon, Wenn Mauern fallen. Die Friedliche Revolution: Vorgeschichte – Ablauf – Auswirkungen, Berlin 1990, S. 144 ff.; Krenz, Egon, Herbst`89, Berlin 1999, S. 123 ff.; Mittag, Günter, Um jeden Preis. Im Spannungsfeld zweier Systeme, Berlin und Weimar 1991, S. 15 ff.; Prokop, Siegfried, Im Gespräch mit Alfred Neumann, Poltergeist im Politbüro, Frankfurt Oder 1996, S. 291 ff.; Schabowski, Günter, Der Absturz, Berlin 1991, S. 243 ff.; Andert, Reinhold, Herzberg, Wolfgang, Der Sturz. Erich Honecker im Kreuzverhör, Berlin und Weimar 1990, S. 25 ff.
[48] Vgl. BArch DY 30/J IV 2/2/2351. Aussagen über den Verlauf der Sitzung, vgl. Krenz, Egon, Herbst`89, Berlin 1999, S. 94 ff.; Hager, Kurt, Erinnerungen, Leipzig 1996, S. 429 ff.
[49] Honecker entschied selbst über seine Vertretung im Politbüro, ebenso über die Teilnahme von Politbüromitgliedern an Empfängen in Botschaften in Berlin, an Veranstaltungen in der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR, an Gesprächen mit Partnern im In- und Ausland.
[50] Uschner, Manfred, Die zweite Etage. Funktionsweise eines Machtapparates, Berlin 1993, S. 111 ff.
[51] In der Funktion als Leiter des Büros des Politbüros wurde Edwin Schwertner auf der 2. Tagung des Zentralkomitees am 13. Juni 1986 bestätigt, siehe BArch DY 30/IV 2/1/ 655.
[52] In den achtziger Jahren wurden die Protokolle mit einer elektronischen Schreibmaschine, die über eine Speicherkapazität verfügte, hergestellt. Nicht angefertigt sind stenographische Mitschriften und Tonbandmitschnitte.
[53] BArch DY 30/J IV 2/3/ 653. Die erste Eintragung im Registrierbuch des Archivs über die Übernahme von Schriftgut erfolgte am 17.09.1959.
[54] Der Sekretariatsbeschluss vom 8. April 1963 über die "Schaffung des einheitlichen Parteiarchivwesens der SED" beinhaltet verbindliche Richtlinien zur Erfassung, Sicherung und Archivierung der Parteiunterlagen aus aktenführenden Stellen. Als ein organisationseigenes, nicht öffentliches Archiv ging das Zentrale Parteiarchiv als selbständige Abteilung aus dem "Historischen Archiv" des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED hervor. Vgl. BArch DY 30/J IV 2/3/ 876 und DY 30/IV 2/9.07/ 46.
[55] Die von beiden Archiven genutzten Räumlichkeiten, die Arbeitszimmer und separaten Magazinräume, befanden sich im Gebäude des Zentralkomitees am Werderschen Markt. Die Vorbereitung der Umlagerung des gesamten SED-Archivgutes in das Gebäude des Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung in die Wilhelm-Pieck-Straße 1. (heute Torstraße) erfolgte im dritten Quartal 1990.
[56] Im Haus des Zentralkomitees waren per 31. Dezember 1988 insgesamt 1.927 Mitarbeiter, davon 839 politische und 1.088 technische, beschäftigt, vgl. BArch DY 30/2180.
[57] Vgl. Triebel, Wolfgang, Aktenvernichtung im Zentralen Parteiarchiv der SED. In Materialien der Enquent-Kommission "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit", Band VI, Baden-Baden 1999.
[58] Vgl. BArch DY 30/9152.
[59] Vgl. BArch DY 30/2121.
[60] Bereits am Vortag hatte Hans-Jochen Willerding seinen Rücktritt aus dem Politbüro verkündet.
[61] Gysi, Gregor, Falkner, Thomas, Sturm aufs Große Haus, Berlin 1990, S. 76 f.
[62] Nach der Außerordentlichen Tagung des Zentralkomitees am 3. Dezember 1989 ging die Abwicklung der organisatorisch-technischen Aufgaben an die neu benannte "Allgemeine Abteilung beim Parteivorstand der SED, Geschäftsabteilung" über. Das Präsidium des Parteivorstandes der SED-PDS traf bereits am 21. Dezember 1989 (Beschluss 4/89) eine erste verbindliche Festlegung für die wissenschaftliche Nutzung des Parteischriftgutes aus dem Internen Parteiarchiv.
[63] Das dort befindliche vertrauliche und interne SED-Archivgut umfasste 500 lfm.
[64] Angaben über die Aufgaben und Arbeitsweise des Zentralen Parteiarchivs von 1990 bis Ende 1992, siehe Benser, Günter, Was geschah mit den Archiven und Bibliotheken von Parteien und Organisationen der DDR?, Berlin 2008. Festschrift der Mitteilungen des Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung, "Älter ist nicht alt genug" - Henryk Skrzypzak - Festschrift zum Achtzigen Geburtstag.
Bereitstellendes Archiv: SAPMO