Aufgaben/Organisation
Wenige Wochen nach dem Sturz Erich Honeckers und dem Fall der Mauer in der DDR im Herbst 1989 forderte Wolfgang Ullmann von der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt, auf zentraler Ebene einen Runden Tisch zu bilden, welcher parallel zur Koalitionsregierung unter dem Ministerpräsidenten Hans Modrow tätig werden sollte. [1] Entsprechende Vorbereitungen dazu wurden bereits in den Monaten Oktober und November 1989 getroffen. [2]Angesichts der krisenhaften Situation in der DDR, die mit den bestehenden Machtstrukturen nicht mehr zu bewältigen war, gaben Vertreter der Bürgerbewegungen am 10. November 1989 eine gemeinsame Erklärung ab. Sie beschlossen, Verhandlungen an einem Runden Tisch zu führen, um gemeinsam die Voraussetzungen für eine Verfassungsreform und für freie Wahlen in der DDR zu schaffen. [3]
Am 7. Dezember 1989 trat schließlich auf Initiative der Vertreter der Kirchen und der Bürgerbewegungen in Berlin der Zentrale Runde Tisch der DDR zusammen. Nach eigenem Selbstverständnis wollte er keine parlamentarische oder Regierungsfunktion ausüben, aber für die Übergangszeit bis zur Durchführung freier, demokratischer Wahlen in der DDR mit seinen Beratungen und Vorschlägen zur Überwindung der Krise in der DDR beitragen [4] und als "Schule der Demokratie"mit seinen 33 Delegierten die DDR-Regierung bis zu den neuen Volkskammerwahlen kontrollieren.
Das Selbstverständnis des Zentralen Runden Tisches hatte folgenden Wortlaut:
"Die Teilnehmer des Runden Tisches treffen sich aus tiefer Sorge um unser in eine tiefe Krise geratenes Land, seine Eigenständigkeit und seine dauerhafte Entwicklung. Sie fordern die Offenlegung der ökologischen, wirtschaftlichen und finanziellen Situation in unserem Land. Obwohl der Runde Tisch keine parlamentarische oder Regierungsfunktion ausüben kann, will er sich mit Vorschlägen zur Überwindung der Krise an die Öffentlichkeit wenden. Er fordert von der Volkskammer und der Regierung, rechtzeitig vor wichtigen rechts-, wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen informiert und einbezogen zu werden. Er versteht sich als Bestandteil der öffentlichen Kontrolle in unserem Land. Geplant ist, seine Tätigkeit bis zur Durchführung freier, demokratischer und geheimer Wahlen fortzusetzen."[5]
An der Eröffnungssitzung des Zentralen Runden Tisches im Dezember 1989 nahmen die fünf an der Koalitionsregierung beteiligte Parteien sowie folgende Parteien und Vereinigungen teil:
  • Christlich Demokratische Union (CDU)
  • Demokratischer Aufbruch (DA)
  • Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD)
  • Demokratie Jetzt (DJ)
  • Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)
  • Grüne Partei (GP)
  • Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM)
  • Liberal Demokratische Partei Deutschlands (LDPD)
  • Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD)
  • Neues Forum (NF)
  • Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
  • Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED)
  • Unabhängiger Frauenverband (UFV)
  • Vereinigte Linke (VL) [6]
Später wurden weitere Gruppierungen und Parteien am Runden Tisch zugelassen:
  • Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB)
  • Grüne Liga
Hinzu kamen noch Gruppierungen mit Beobachterstatus:
  • Demokratischer Frauenverband Deutschlands (DFD)
  • Deutsche Forumpartei (DFP)
  • Deutsche Soziale Union (DSU)
  • Freie Deutsche Jugend (FDJ)
  • Kulturbund der DDR (KB)
  • Verband der Konsumgenossenschaften (VdK)
Der Zentrale Runde Tisch setzte sich paritätisch aus Vertretern der "alten" Kräfte der Blockpolitik und der "neuen" Gruppierungen der demokratischen Opposition zusammen. Beide Seiten waren bemüht, Blutvergießen zu verhindern. Die SED, die ihren Führungsanspruch verloren hatte, zeigte sich gesprächsbereit in Hinblick auf notwendige Veränderungen in der DDR bis hin zu demokratischen Wahlen und einer rechtsstaatlichen Verfassung. Das Wirken der Opposition in der Regierung ermöglichte der SED und dem MfS einen weitgehenden Rückzug aus ihrer politischen Verantwortung. [7]
Als Vertreter der Regierung bzw. Berater am Runden Tisch beteiligten sich v.a.:
  • Dr. Wolfgang Ullmann (Regierungsvertreter)
  • Manfred Sauer (Stellvertretender Leiter des Sekretariats des Ministerrates)
  • Fritz Peter (Regierungsbeauftragter)
  • Werner Fischer (Regierungsbevollmächtigter)
  • Günter Eichhorn (Leiter des Komitees zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit)
  • Prof. Gerstenberger und Willi Lindemann (Kommissarische Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung)
Das Arbeitssekretariat des Zentralen Runden Tisches leitete der Oberkirchenrat Martin Ziegler vom Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR. Er moderierte den Runden Tisch wie auch Karl-Heinz Ducke von der Berliner Bischofskonferenz und Martin Lange von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.
Zur Durchsetzung seiner Ziele bildete der Zentrale Runde Tisch folgende siebzehn Arbeitsgruppen:
  • Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit
  • Ausländerfragen
  • Bildung, Erziehung, Jugend
  • Frauenpolitik
  • Gleichstellung der Geschlechter
  • Internationale Politik
  • Medien
  • Neue Verfassung
  • Neues Wahlgesetz
  • Ökologischer Umbau
  • Parteien- und Vereinigungsgesetz
  • Prioritäten
  • Recht
  • Sicherheit
  • Sozial- und Gesundheitswesen
  • Strafrecht
  • Wirtschaftsreform
Insgesamt tagte der Zentrale Runde Tisch sechszehn mal, zuerst am 7. Dezember 1989 im Dietrich-Bonhoefer-Haus in Berlin-Mitte, dann im ehemaligen Amtssitz von Wilhelm Pieck, dem Schloss Niederschönhausen in Berlin-Pankow. Seine letzte Sitzung fand am 12. März 1990 statt.
Bis auf die ausschlaggebende Wahlfunktion hatte der Zentrale Runde Tisch im Laufe seiner Tätigkeit alle klassischen Parlamentsfunktionen wahrgenommen. Seine zentralen Aufgaben ausgehend von den Forderungen der Oppositionsbewegungen in der Umbruchszeit der DDR waren:
  • Vorbereitung von freien demokratischen Wahlen
  • Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung
  • Auflösung des Staatssicherheitsdienstes
Aus der gemeinsamen Perspektive der Bedrohung durch Anarchie und Gewalt musste der Runde Tisch Schlimmeres verhindern (defensive Aufgabe) und aus der Perspektive der Unterdrückten die Diktatur der SED brechen und die Basis für eine freiheitlich-demokratische Politik zu schaffen (offensive Aufgabe). [8]
Da sich am Runden Tisch die neuen Kräfte und die Repräsentanten der alten Macht gegenübertraten, verliefen die Gespräche nicht herrschaftsfrei. Es gab "hochdifferenzierte Machtkämpfe", wobei die entscheidenden Weichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt wurden. [9] Trotz schwieriger Bedingungen versuchten die Regierungs- und Oppositionsvertreter gemeinsame Lösungen und Wege zur Überwindung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise in der DDR auszuhandeln.
Ein wichtiger Verhandlungsgegenstand am Runden Tisch war die Auflösung des Staatssicherheitsdienstes.
In seiner ersten Sitzung am 7. Dezember 1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Regierung auf, das Amt für Nationale Sicherheit aufzulösen [10], bekundete in den Folgesitzungen mehrfach seine Unzufriedenheit über den schleppenden Fortgang der Auflösung und verlangte von der Regierung entsprechende Nachweise über die Entwaffnung des Staatssicherheitsdienstes. [11]
Mitglieder des Runden Tisches erhoben auch Protest gegen die beabsichtigte Einrichtung eines Verfassungsschutzes und eines Nachrichtendienstes in der DDR. [12]
Ständige Auseinandersetzungen um das Amt für Nationale Sicherheit führten den Runden Tisch, der sich mit der Legitimation Modrow-Regierung auseinander setzte und ein Kontroll- und Vetorecht über sämtliche Regierungsentscheidungen wollte, anfänglich in eine Krise. [13] Auch Oppositionsgruppen beklagten sich darüber, dass sie von der Regierung missachtet und in der Gesetzgebung vor vollendete Tatsache gestellt wurden.
Die Teilnahme des Ministerpräsidenten, Hans Modrow, am Runden Tisch eröffnete den Weg zur Übernahme von Mitverantwortung. [14] Er forderte die Mitglieder des Runden Tisches am 15. Januar 1990 auf, sich unmittelbar und verantwortlich an der Regierungsarbeit zu beteiligen und die zivile Kontrolle der Stasi-Auflösung auszuüben. [15]
Am Ende seiner Amtszeit wurde der Runde Tisch zu einer dominierenden Steuerungsinstanz der Regierung, zeigte sich politisch konstruktiv und traf entgegen seiner erklärten Absicht auch ohne demokratisches Mandat verbindliche Entscheidungen.
Für den "Weg zur deutschen Einheit"schlug Modrow am 1. Februar 1990 ein stufenweises Vorgehen mit dem Ziel "eines einheitlichen deutschen Staates in Form einer Konföderation oder eines Deutschen Bundes"bei deutscher Neutralität vor. Die Regierung der DDR erweiterte sich am 5. Februar 1990 zur "Regierung der nationalen Verantwortung"; acht Mitglieder oppositioneller Parteien und Vereinigungen wurden Minister ohne Geschäftsbereich. Am 1. März 1990 sprach sich die "Allianz für Deutschland" (CDU, DA, DSU) für die Einheit Deutschlands gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes aus.
Die Wahlen zur neuen Volkskammer am 18. März 1990 und die demokratisch gewählte Regierung machten die Arbeit des Runden Tisches überflüssig. Er verabschiedete sich am 12. März 1990 mit einem "politischen Testament" und stellte sechs "politische Empfehlungen" für die Volkskammer und die künftige Regierung mit folgenden Kernpunkten auf:
  • Bewahrung und Festigung der sozialen Stabilität der DDR
  • Sozial und ökologisch verpflichtete Marktwirtschaft
  • Gleichberechtigte Einbringung beider dt. Staaten in die Einheit
Für den 17. Juni 1990 schlug der Zentrale Runde Tisch einen Volksentscheid über eine neue DDR-Verfassung vor und lehnte die Übernahme des Grundgesetzes der alten Bundesrepublik ab. Doch im Volk dominierten die Forderungen nach einer schnellen Einführung der Westmark und dem baldmöglichsten Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Das Bundeskanzleramt, welches den Runden Tisch als Ausdruck "eines chaotischen Pluralismus"belächelte, beschloss bereits im Februar 1990, eine Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR anzusteuern und die D-Mark als Zahlungsmittel einzuführen. Am 8. März 1990 legte sich der Bundeskanzler Helmut Kohl im Bundestag auf den Beitritt der DDR nach Artikel 23 des Grundgesetzes fest. Damit blieb das politische Testament des Runden Tisches Makulatur. [16]
[1] Vgl. Walter Süß, Mit Unwillen zur Macht. Der Runde Tisch in der DDR der Übergangszeit, In: Deutschland Archiv 5/1995, S. 470 ff.
[2] Der erste Runde Tisch der DDR nahm am 9. Oktober 1989 in Dresden seine Arbeit auf. Weitere Runde Tische entstanden in der Folgezeit auf lokaler Ebene in Bezirken und Kreisen der DDR. Es wurden auch Runde Tische in Betrieben sowie "thematische Runde Tische"in der Übergangszeit der DDR tätig.
[3] Die Gemeinsame Erklärung vom 10. November 1989 unterzeichneten folgende Vertreter: Demokratie Jetzt (Heinz Küchler), Demoktatischer Aufbruch (Erhard Neubert), Gründungsinitiative Grüne Partei (Gerhard Bächler), Initiative Frieden und Menschenrechte, Initiativgruppe Vereinigte Linke (Klaus Ihlau) und Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Martin Gutzeit, Stephan Hilsberg). Am Runden Tisch sollten teilnehmen: in der Volkskammer vertretene Parteien, neuentstandene demokratische Gruppierungen und Parteien, unabhängige Vertreter der Gewerkschaften, Vertreter der Kirche und Künstlerverbände.
[4] BArch, DA 3 / 16, Bl. 38 (Abschlusserklärung des Zentralen Runden Tisches auf der 16. Sitzung am 12. März 1990)
[5] BArch, DA 3 / 1 (Selbstverständniserklärung des Runden Tisches auf der 1. Sitzung am 7. Dez. 1989)
[6] BArch, DA 3 / 1 (Protokoll der 1. Sitzung des Runden Tisches am 7. Dez. 1989)
[7] Uwe Thaysen: Runder Tisch. In: Rainer Eppelmann / Horst Möller / Günter Nooke / Dorothee Wilms (Hrsg.): Lexikon des DDR-Sozialismus. Das Staats- und Gesellschaftssystem der DDR, S. 497-499
[8] Ebenda
[9] Ebenda
[10] BArch, DA 3 / 1 (Protokoll der 1. Sitzung des Runden Tisches am 7. Dez. 1989)
[11] BArch, DA 3 / 5 (Protokoll der 5. Sitzung des Runden Tisches am 3. Jan. 1990)
[12] Ebenda
[13] BArch, DA 3 / 2 (Protokoll der 2. Sitzung des Runden Tisches am 18. Dez. 1989)
[14] BArch, DA 3 / 16, (Schlussansprache des Leiters des Arbeitssekretariats des Runden Tisches auf der 16. Sitzung am 12. März 1990)
[15] BArch, DA 3 / 7 (Protokoll der 7. Sitzung des Runden Tisches am 15. Jan. 1990)
[16] Die kurze Zeit der Utopie. März 1990: Runder Tisch tagt letztmalig. In: Märkische Allgemeine vom 11./12. März 2000
Inhaltliche Charakterisierung
Der Bestand Zentraler Runder Tisch(DA 3) umfasst knapp 100 Akten mit einen Umfang von 2,60 lfd. Meter aus dem Zeitraum Dezember 1989 bis März 1990. Er enthält die Unterlagen der 1. bis 16. Sitzung des Runden Tisches, das sind v.a. die Beschluss- und Ergebnisprotokolle mit dazugehörigen Vorlagen sowie verschiedenen Informationen, Presseerklärungen, Wortmeldungen und Zuschriften.
Ergänzt wird die schriftliche Überlieferung im Bestand durch die Tonmitschnitte (Wortprotokolle der Sitzungen) des Sekretariats des Zentralen Runden Tisches, die jedoch für die Anfangszeit nicht vollständig sind. Nach den Aussagen von Uwe Thaysen, der diese Tonmitschnitte im Bundesarchiv erstmals benutzt und ausgewertet hat, lassen sich die festgestellten Überlieferungslücken nur so erklären, dass z.B. beim Runden Tisch damals die Tonbandkassetten sofort nach der unmittelbaren Aufnahme der Sitzungen gewechselt wurden. [1]
Die Sitzungen des Zentralen Runden Tisches, über die auch viele Sondersendungen des DDR- Fernsehens und ausführliche Beiträge der Aktuellen Kamera berichteten, sind ein wichtiges Zeugnis für die Bewältigung der Krisensituation und des gesellschaftlichen Umbruchs in der DDR. Sie belegen, wie der Runde Tisch in einem relativ kurzen Zeitraum seines Bestehens vom Dezember 1989 bis März 1990 alle wichtigen Entscheidungen der Übergangsregierung Modrows spürbar beeinflusste und somit wesentlich das weitere Schicksal der DDR bestimmte.
Gestützt auf die Tätigkeit der Arbeitsgruppen des Runden Tisches sowie der Hinweise und Vorschläge der Bürger und zahlreicher Experten der Regierung verabschiedete der Zentrale Runde Tisch als "Schule der Demokratie"eine Reihe von Empfehlungen und Gesetzesentwürfen, die im Bestand DA 3 vorliegen, wie z.B.:
  • Gesetze zur Vorbereitung und Durchführung von Wahlen:Auf Vorschlag des Zentralen Runden Tisches imDezember 1989 zur Durchführung von demokratischen freien Wahlen inder DDR [2]wurde ein neues Wahlgesetz erarbeitet. Vertreter desRunden Tisches einigten sich im Januar 1990 auf die Durchführungvon Wahlen (Wahlen der Volkskammer am 18. März 1990 und Kommunalwahlen am 6. Mai 1990). [3]Die Volkskammer beschloss daraufhin am 20. Februar 1990 das neue Wahlgesetz.
  • Grundzüge für eine Wirtschaftsreform und eine neue Umweltpolitik:Ab Februar 1990 führten einegesamtdeutsche Kommission Gespräche über die Wirtschafts-,Währungs- und Sozialunion sowie eine gesamtdeutscheUmweltkommission unter Leitung beider Fachminister über die Umweltunion. Als Grundlage für die innerdeutschen Verhandlungenspeziell zur Vorbereitung der Währungs-, Wirtschafts- undSozialunion durch die gesamtdeutsche Expertenkommissionverabschiedete der Runde Tisch im März 1990 eine Sozialcharta. [4]
  • Prämissen für neue Kultur-, Bildungs-, Frauen- und Jugendpolitik:Der Runde Tisch setzte sich u.a.für den Erhalt der Einrichtungen für Kinder und Jugendliche einsowie für die Sicherstellung der Rechte der Frau ein. Mitgliederdes Runden Tisches sprachen sich für die Förderung von Kultur und Kunst sowie die Sicherstellung kultureller Bedürfnisse aus.
  • Übergang zur Rechtstaatlichkeit:Die Ausarbeitung eines neuen Mediengesetzes, die Reform der Justiz undder Verwaltung sowie die Ausarbeitung von Grundzügen der neuenDDR- Verfassung (der Verfassungsentwurf wurde in der letztenSitzung des Runden Tisches im März 1990 verabschiedet) [5] leiteten den Übergang zur Rechtstaatlichkeit ein.
Erkennbare Überlieferungslücken im Bestand weisen die Akten des Arbeitssekretariats und die einzelnen Arbeitsgruppen des Runden Tisches auf. Von diesen Struktureinheiten sind nur sehr fragmentarische Unterlagen überliefert.
Von folgenden Arbeitsgruppen ist mit Ausnahme behandelter Vorlagen in den Sitzungen des Runden Tisches im Bestand keine eigene Überlieferung vorhanden:
  • Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit
  • Frauenpolitik
  • Gleichstellung der Geschlechter
  • Internationale Politik
  • Strafrecht
  • Wissenschaft
  • Wirtschaftsreform
Es ist anzunehmen, dass sich entsprechende Unterlagen bzw. ergänzendes Material noch in anderen Beständen, auf die abschließend verwiesen wird, auffinden lassen.
[1] Vgl. Der Zentrale Runde Tisch der DDR. Wortprotokolle und Dokumente. Bd. 1: Aufbruch. Bearbeitet , mit einem einleitenden Essay versehen und herausgegeben von Uwe Thaysen. Wiesbaden 2000, S. XXIX.
Der Herausgeber hat versucht, die weißen Flächen durch Rückgriff auf die Bänder von Klaus Freymuth auszufüllen. Er erlebte den Beginn des Runden Tisches selbst mit und stellte seine Video- und Fernsehaufzeichnungen für die Buchproduktion bereitwillig zur Verfügung. Daneben konnten für andere nicht mitgeschnittene Passagen gezielt auf Fersenaufzeichnungen verschiedener Anstalten zurückgegriffen werden.
[2] BArch, DA 3 / 1 (Protokoll der 1. Sitzung des Runden Tisches am 7. Dez. 1989)
[3] BArch, DA 3 / 10 (Protokoll der 10. Sitzung des Runden Tisches am 29. Jan. 1990)
[4] BArch, DA 3 / 15 (Protokoll der 15. Sitzung des Runden Tisches am 5. März 1990)
[5] BArch, DA 3 / 12 (Protokoll der 12. Sitzung des Runden Tisches am 12. Feb. 1990)
Bestandsgeschichte
Das Material des Runden Tisches gelangte nach dessen Auflösung im März 1990 als eigenständiger Bestand in das Archiv für Staatsdokumente beim Ministerrat der DDR. [1] Dort erfolgte bereits eine Ersterfassung der Sitzungsakten des Runden Tisches auf Kartei, welche durch eine Schlagwortkartei zu Betreffen, Parteien und Personen ergänzt wurde. Unbearbeitet blieben die Akten der Vertreter der Regierung am Runden Tisch und der Arbeitsgruppen. Gleiches traf für die Tonbandaufzeichnungen der Sitzungen des Runden Tisches zu. Hier existierte außer der Übergabeliste keine Findmittel.
Im Juli 1990 wurde der Bestand "Zentraler Runder Tisch"(alte Bestandsnummer: A-3) aus dem Archiv des Ministerrates der DDR an das damalige Zentrale Staatsarchiv in Potsdam abgegeben.
[1] Ebd., Bl. 23 (Vorlage 16/2 betr. Übernahme des Schriftgutes des Runden Tisches)
Archivische Bearbeitung
Nach der Übernahme der DDR-Bestände in das Bundesarchiv, Abteilung Potsdam, im Oktober 1990 erfolgte eine Revision am Bestand "Zentraler Runder Tisch"(neue Bestandsnummer: DA 3). Unbearbeitete Vorgänge des Bestandes wurden verzeichnet und von den Tonbandprotokollen der Sitzungen 1992 in der Dienststelle Koblenz des Bundesarchivs Benutzungskopien angefertigt. Für die Überlieferung des Runden Tisches entstand 1998 ein vorläufiges Verzeichnis.
Die abschließende Bearbeitung des Bestandes und die Eingabe der Daten in die Datenbank Basys-Serfolgte 2004/2005 unter Beteiligung von Auszubildenden im Beruf "Fachangestellte für Medien und Informationsdienste" der Fachrichtung Archiv (Daniela Schulz und Franziska Eckardt). Die Akten wurden klassifiziert, Bände und Serien gebildet, die Aktentitel und die Enthält-Vermerke überarbeitet bzw. neu angelegt sowie die Indices (Personen, Orts- und Sachindex) erstellt.
Der Bestand lagert im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde und steht für eine Benutzung zur Verfügung.
Überlieferungsverweis
Im Bundesarchiv einschließlich der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv:
  • Volkskammer der DDR (DA 1)
  • Ministerrat der DDR (DC 20)
  • Ministerium des Innern der DDR (DO 1)
  • Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für nationale Sicherheit (AfNS) der DDR (DO 104)
  • Ministerium der Justiz der DDR (DP 1)
  • Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (DY 30)
Außerhalb des Bundesarchivs:
Archiv der DDR-Opposition (Robert-Havemann-Gesellschaft)
Das Robert-Havemann-Archiv enthält Unterlagen vom Neuen Forum und von Bürgerbewegungen (z.B. Initiative Frieden und Menschenrechte, Demokratie Jetzt, Geschäftstelle Bündnis 90 / Die Grünen in Berlin-Pankow, Vereinigte Linke). In der Bestandsgruppe "Bürgerbewegung ab Herbst 1989", Bestand "Schriftgut des NEUEN FORUM (Nfo)" [1] liegt eine ergänzende Überlieferung zum Zentralen Runden Tisch vor. Überliefert sind Akten und Videoaufzeichnungen aller Sitzungen des Zentralen Runden Tisches, die damals von einem Vertreter des Neuen Forum gefilmt wurden. [2]Darüber hinaus existieren die Bestände "Zentraler Runder Tisch (ZRT)" mit einem Umfang von 9 AE und "Runde Tische (Rta-Rti)" mit einem Umfang von 59 AE, für die bereits Findbücher vorliegen.[3]Zur Schließung von Dokumentationslücken im Bestand tragen v.a. Nachlässe / Teilnachlässe von Bärbel Bohley, Roland Baron, Klaus Freymuth, Jan Hermann und Reinhard Schult bei. [4]
Institut für zeitgeschichtliche Jugendforschung
Im Spezialarchiv des Instituts für zeitgeschichtliche Jugendforschung liegt ein Bestand "Runder Tisch der Jugend 1990/91" unter der Provenienz "Privatbesitz, Runder Tisch der Jugend (DJB)"vor. [5]
Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung
Die Abteilung II (Bestände der SPD-Parteiführung und des Parteivorstandes sowie zentraler sozialdemokratischer Parlamentsfraktionen) der Stiftung verwahrt einen Bestand "Runder Tisch der DDR - Arbeitssekretariat" 1989-1990 mit einem Umfang von 0,50 lfd. Metern. [6]
Archiv der Initiative Frieden und Menschenrechte Sachsen e.V., Leipzig
Das Archiv verwahrt die Unterlagen über Bürger- und Menschenrechtsgruppen der DDR.
Heinrich-Böll-Stiftung, Archiv Grünes Gedächtnis, Bornheim-Widdig
Das Archiv enthält Unterlagen vom Bündnis 90 / Die Grünen sowie von Vereinen und Verbänden der neuen sozialen Bewegungen.
Evangelisches Zentralarchiv in Berlin
Dort befindet sich der Nachlass von Oberkirchenrat Martin Ziegler, der die Sitzungen des Zentralen Runden Tisches mitmoderierte.[7]
Kulturring Berlin e.V.
Über die Arbeit des Pankower Runden Tisches 1989-1990 liegen Dokumentensammlungen zu seinen Beratungen (einschließlich der Tonbandprotokolle) und der Arbeitsgruppen vor.
Rundfunkarchiv
In den Archiven des Deutschen Rundfunkarchivs am Standort Berlin sind u.a. Tondokumente der 16 Sitzungen des Zentralen Runden Tisches überliefert, davon 13 im Fernseharchiv und 6 in den Schallarchiven.
Radio Berlin-Brandenburg
Im rbb sind Tondokumente von Sendungen (Nachrichten, Kommentare, Erklärungen, Reden, Interviews) folgender Sender überliefert: Berliner Rundfunk, Deutschlandfunk, DT64, Radio DDR, Stimme der DDR. Sie enthalten auch einzelne Sitzungen des Runden Tisches. Von Interesse sind v.a. Interviews mit Vertretern der Bürgerbewegung in der Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs der DDR.[8]
Weitere Archive:
Da es Runde Tische zur Zeit des Umbruchs in der DDR überall gab, d.h. auch auf Bezirks-, Kreis-, Stadt- und Gemeindeebene, muss abschließend auch auf die Landesarchive sowie die Stadt- und Kreisarchive auf dem Territorium der ehemaligen DDR verwiesen werden.[9]
[1] Findbuch zum Archivbestand Neues Forum. Bearbeitet von Irena Kukutz, Robert-Havemann-Gesellschaft, Berlin 2005
[2] Tina Krone und Tom Sello: Oppositionsarchive sind mehr als nur Dokumentenspender. Erwide-rung auf die Thesen von H. M. Kloth. In: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat 2/1996, S. 82
[3] Selbstzeugnisse von Opposition und Widerstand in der DDR 1961 bis 1990. Ein archivübergreifendes Bestandsverzeichnis. Herausgegeben von der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., bearbeitet von Bernd Florath, Berlin 2007, S.77.
[4] Vgl. www.havemann-gesellschaft.de/projekt2.htm (Erschließungsprojekte 2004 der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.) und Selbstzeugnisse von Opposition und Widerstand in der DDR 1961 bis 1990. Ein archivübergreifendes Bestandsverzeichnis. Herausgegeben von der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., bearbeitet von Bernd Florath, Berlin 2007.
[5] Katharina Lange: Informationen zum Dokumentenarchiv des Instituts für zeitgeschichtliche Jugendforschung, Berlin, S. 203
[6] Vgl. Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich Ebert Stiftung. Bestandsübersicht. Bonn-Bad Godesberg 1998, S. 49
[7] Vgl. Selbstzeugnisse von Opposition und Widerstand in der DDR 1961 bis 1990. Ein archivübergreifendes Bestandsverzeichnis. Herausgegeben von der Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., bearbeitet von Bernd Florath, Berlin 2007, S.185.
[8] Vgl. rbbonline: www.chronik-der-wende.de/-/dokumente/texte
[9] Vgl. Selbstzeugnisse..., a.a.O., wo in ausgeführter Weise die Überlieferung kommunaler und regionaler Runder Tische nachgewiesen wird.
Literaturhinweise (Auswahl)
Das Pankower Modell : Momente des Runden Tisches im Stadtbezirk Berlin-Pankow 1989 - 1990 / [Texte: Martin Albrecht ; Hans Hofmann ; Kerstin Schlopsnies ; Hannelore Sigbjoernsen]. - Berlin : Kulturring in Berlin e.V., 2003
Die zweite gesamtdeutsche Demokratie : Ereignisse und Entwicklungslinien ; Bilanzierungen und Perspektiven / Peter März [Hrsg.] - München : Olzog, 2002
Hahn, André: Der Runde Tisch : das Volk und die Macht - politische Kultur im letzten Jahr der DDR / André Hahn. Mit einem Vorw. von Gregor Gysi. - Berlin : Verl. am Park, 1998
Herles, Helmut / Rose, Ewald: Vom Runden Tisch zum Parlament. Ergebnisprotokolle der sechzehn Sitzungen des Zentralen Runden Tisches. Bonn 1990.
Jesse, Eckhard: 1989 - und zehn Jahre danach. In: Deutschland-Archiv, 33 (2000) 1, S. 61-70.
Müller, Helmut M.: Schlaglichter der Deutschen Geschichte, Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn 1996.
Richter, Michael: Die friedliche Revolution. Aufbruch zur Demokratie in Sachsen 1989/90, Bd. 2. In: Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek. Göttingen 2009.
Seibt , Benjamin: Der Runde Tisch. Hausarbeit 2001, Fachbereich Politik-Politische Systeme. In: www.hausarbeiten.de
Thaysen, Uwe: Der Runde Tisch oder wo blieb das Volk? : der Weg der DDR zur Demokratie. Opladen 1990.
Thaysen, Uwe: Zur Verfassung in der DDR 1989/90. In: Materialien der Enquete-Kommission "Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland" (12. Wahlperiode des Bundestages). Hrsg.: Deutscher Bundestag, Band VII/2, S. 1827-1852.
Weil, Francesca: Die Runden Tische. In: Revolution und Vereinigung 1989/90. Als in Deutschland die Realität die Phantasie überholte. Hrsg. Klaus-Dietmar Henke, München 2009.
Winkler, Friedrich: Die Moderatoren der Runden Tische. Evangelische Kirche und Politik 1989/90. Leipzig 1999.
Zentraler Runder Tisch der DDR. Wortprotokolle und Dokumente. 5 Bde. Wiesbaden 2000.
Zitierweise
Langform: Bundesarchiv, DA 3 (Zentraler Runder Tisch) / [Signatur]. --- Kurzform: BArch DA 3/...
Endprovenienz: Zentraler Runder Tisch
Bestandsart: Schriftgut
Umfang: 2,7 Meter
Bereitstellendes Archiv: Bundesarchiv
Benutzungsort: Berlin-Lichterfelde